Erwachsenenbildung
Umorientieren und mit 40 Jahren beruflich neu durchstarten

Andrea Glehr-Schmitt erfindet sich beruflich immer wieder neu, durch Weiter- und Fortbildung. | Foto: S. Grabner
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  • Andrea Glehr-Schmitt erfindet sich beruflich immer wieder neu, durch Weiter- und Fortbildung.
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Wer sagt, dass Bildung irgendwann abgeschlossen ist? Mitnichten, das zeigen die unzähligen Steirerinnen und Steirer, die sich – obwohl bereits mitten im Berufsleben – umorientieren, sich beruflich neu erfinden oder einfach ihr bestehendes Wissen weiter vertiefen. Eine dieser Durchstarterinnen und Durchstarter ist Andrea Glehr-Schmit, die mit 40 Jahren ihre Karriere komplett neu ausgerichtet hat.

STEIERMARK. Bildung wirkt lebensverlängernd, das zeigt die Laufbahn von Andrea Glehr-Schmit. Sie hat ihre berufliche Karriere erst mit 40 Jahren so richtig gestartet. Und jetzt, zwölf weiterbildungsreiche Jahre später, sieht sie nach wie vor keinen Grund, sich diesbezüglich auszuruhen. Nach einer Ausbildung zum Aktivcoach im Sommer strebt sie jetzt die Laufbahn als Psychotherapeutin an. Im Interview erzählt sie ihre Beweggründe.

Sie haben im Sommer im Retzhof die Ausbildung zum Aktivcoach absolviert. Wie sind Sie auf dieses Angebot gekommen?
Andrea Glehr-Schmit: Eine Freundin hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es über Styria Vitalis ein solches Angebot gibt – und es hat mich sofort interessiert. Deshalb habe ich beschlossen, mit ihr gemeinsam den Aktivcoach zu machen.

Warum gerade Aktivcoach?
Es passt themenspezifisch und von meiner Grundqualifikation her gut zu dem, was ich bereits mache. Außerdem merke ich, gerade auch in meiner Praxis, dass vor allem ältere Menschen vermehrt an Einsamkeit leiden. Daher ist es mir ein Anliegen, in diese Richtung etwas zu machen – ältere Menschen zusammenzubringen. Und: Es ist mir auch sehr wichtig, mich sozial zu engagieren und etwas für die Gesellschaft, für die Menschen zu tun, ohne dafür Geld zu bekommen oder zu verlangen. Zudem sind ja für mich persönlich auch Vorteile damit verbunden. Ich möchte nämlich jetzt schon damit beginnen, mich auf das Alter vorzubereiten, damit ich dann mit meinen Enkelkindern auch noch entsprechend fit herumtollen kann.

Was machen Sie als Aktivcoach eigentlich?
In meinem konkreten Fall sieht das so aus, dass meine Kollegin Monika Hubmann und ich gleich nach der Ausbildung bei uns in der Gemeinde eine Gruppe für ältere Menschen gegründet haben – wir treffen uns zwei Mal im Monat zu speziellen Themenschwerpunkten wie altersentsprechende Ernährung, Sturzprophylaxe, Bewegung, psychische Gesundheit usw. Monika und ich wechseln uns bei den Zusammenkünften ab. Es gibt Informationen, wir machen aber auch entsprechende praktische Übungen, ich lese Texte vor, es gibt Musik. Als Nächstes steht beispielsweise Waldbaden auf dem Programm. Es geht um Aufklärung, um das Zusammenkommen und darum, Menschen aus der Einsamkeit herauszuholen.

Bildung endet nie. 2022 steht ganz im Zeichen der Erwachsenenbildung. | Foto: Unsplash
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Was war für Sie persönlich das Besondere an dieser Weiterbildung?
Mich hat speziell fasziniert, dass man mit einem sehr niederschwelligen Zugang so enorm viel bewirken kann. Es sind oft nur Kleinigkeiten, die man ganz leicht in den Alltag integrieren kann, wie etwa einfache Ernährungsmaßnahmen, die aber dann ganz wesentlich zum körperlichen Wohlbefinden beitragen. Oder: Es ist unglaublich, wie sehr regelmäßige Sozialkontakte die psychische Gesundheit unterstützen können. 

Ist bei den Menschen generell Bewusstsein dafür vorhanden?
Bei manchen. Sie wissen, dass etwas getan werden kann oder muss – sie wissen aber oft nicht wie. Andere sind veränderungsskeptisch oder gar veränderungsunwillig; sie muss man dann eben zur Selbstverantwortung bringen. Motto: Du kannst etwas machen; du musst es aber selber wollen. Vor allem im psychischen Bereich gibt es da sehr viel Aufklärungsbedarf.

Wir haben heuer in der Steiermark das Jahr der Erwachsenenbildung. Für wie wichtig erachten Sie das generell – und wie wichtig ist Erwachsenenbildung für Sie persönlich?
Also, was mich selber angeht, muss ich sagen, dass ich in der Schule nicht gerade die hellste Kerze am Baum war. Matura und Masterstudium habe ich dennoch gut absolviert. Aber, geprägt von der Schule, habe ich mich wirklich für nicht besonders fähig und talentiert gehalten. Ich habe dann aber im Rahmen meiner Weiterbildung, konkret war es die Ausbildung zur Sozial- und Lebensberaterin, gemerkt, dass ich etwas kann. Man merkt erst im Alter wirklich, wo es einen hinzieht. In der Schule wird man ja zu Inhalten hingetrieben. Und deshalb ist es bei mir eigentlich erst mit 40 Jahren mit der beruflichen Karriere so richtig losgegangen. Dann folgte rasch Schritt für Schritt. Und es war stets ein freudvolles Lernen damit verbunden. Heuer habe ich etwa den Aktivcoach gemacht und jetzt nehme ich die Ausbildung zur Psychotherapeutin in Angriff – mit 52.
Wir neigen in Österreich leider sehr oft dazu, uns mit dem Alter auch weiterbildungstechnisch zur Ruhe zu setzen. Aber: Der Mensch braucht Aufgaben und Sinn auch über die Pension hinaus – nicht zuletzt auch für seine körperliche und seelische Gesundheit. Deshalb ist es sehr wichtig, auf Angebote im Erwachsenenbereich hinzuweisen – und vor allem auch auf ihre positiven Auswirkungen!

Hast du schon Fort- und Weiterbildungen besucht?

Was braucht es Ihrer Ansicht nach, um Weiterbildung – im Alter – attraktiv zu machen?
Ich merke aktuell, dass es zwar Interesse gibt, aber viel Verunsicherung in Sachen Finanzierung besteht. Daher braucht es meines Erachtens in der Erwachsenenbildung mehr Förderung und finanzielle Unterstützung. Und damit meine ich nicht nur einen Zuschuss zum Yogakurs, sondern die Finanzierung ganzer Ausbildungen. Da sehe ich die Politik gefordert, Denn Bildung wirkt, lebensverlängernd. Weil wir durch Bildung sinnorientiert und freudvoll leben!

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