Handwerk im Tennengau
Volle Auftragsbücher, aber keine Lehrlinge
Handwerk hatte noch nie so goldenen Boden wie in diesen Zeiten, aber die Lehrlinge bleiben aus.
TENNENGAU. Goldene Zeiten für das Handwerk: Fliesenleger, Dachdecker, Maurer und Maler haben derzeit alle Hände voll zu tun. Seit dem Beginn der Coronapandemie geht es mit den Aufträgen steil nach oben. Viele Kunden müssen sich auf lange Wartezeiten einstellen. Ein kleiner Betrieb in Oberalm gehört dem Fliesenlegermeister Marco Prantl. "Die nächsten zwei bis drei Monate sind wir ausgebucht", erklärt Marco Prantl.
Seit knapp einem Jahr sei die Nachfrage massiv angestiegen. Das kann auch Daniel Sokic, Chef der Malerei Daniel aus Kuchl, bestätigen: "Ich habe genug Aufträge und könnte expandieren und mehr Angestellte einstellen, ich möchte aber die aktuelle Größe beibehalten." Der Grund dafür, dass Handwerker händeringend gesucht werden, liegt für alle auf der Hand: Da viele Menschen nicht auf Urlaub gefahren sind und die Zeit zu Hause verbringen, wachse auch das Interesse an Renovierungen. Es gibt aber auch noch einen anderen Grund: "Viele investieren jetzt, weil die Zukunft unsicher ist", weiß Marco Prantl.
Lehrlinge sind Mangelware
Obwohl sich Handwerker derzeit vor Aufträgen kaum retten können, ist der Nachwuchs schwer zu finden. "Ich habe Glück mit meinem Lehrling, aber es war eine lange Suche", erklärt Tapezierermeister Laurenz Ramsl aus Golling. Geeignete Fachkräfte zu finden sei alles andere als leicht, so Ramsl weiter. "Das hat auch mit dem Vorurteil gegenüber der Lehre zu tun. Viele schicken ihre Kinder auf höhere Schulen, aber im Handwerk gibt es viele offene Stellen und wer fleißig und bemüht ist kann gut verdienen."
"Fast schon dramatisch"
Beim Arbeitsmarktservice Hallein (AMS Hallein) kennt man diese Missstände nur zu genau. "Den Fachkräftemangel kann ich bestätigen", erklärt Geschäftsführerin Andrea Rainer-Laubenstein. 94 offene Stellen für Facharbeiter seien zur Besetzung gemeldet. Dabei handle es sich um Berufe, wie Maurer, Zimmerer, Fliesenleger, Bodenleger, Dachdecker, Installateur, Maler, Spengler, Schlosser. "Mit diesen nachgefragten Berufen mit Lehrabschluss sind jedoch lediglich 29 Personen bei uns arbeitssuchend gemeldet". Weitere 15 Vorgemerkte verfügen über eine Einstellzusage, hauptsächlich für die Zeit nach Ostern. "Beinahe schon dramatisch würde ich das derzeitige Missverhältnis zwischen offenen Lehrstellen – die sofort oder spätestens im Herbst besetzt werden können – und den bei uns gemeldeten lehrstellensuchenden Personen bezeichnen", gibt Rainer-Laubenstein zu bedenken. Aktuell stünden 180 offenen Lehrstellen gerade einmal 16 Lehrstellensuchenden gegenüber.
Die Auswahl an möglichen Lehrberufen ist groß: vom Augenoptikern bis zum Zimmereitechniker und vielem mehr. "Wir möchten allen, die noch keine fixe Zusage für eine Lehrstelle haben, dringend ans Herz legen, sich bei uns zu melden." Mit den Beratern im BIZ (Berufsinformationszentrum des AMS Hallein) stehen in der Geschäftsstelle Experten für alle Fragen rund um Berufswahl, Ausbildung und Zukunftschancen zur Verfügung.
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