Scheuer: Emotionaler Abschied von Tirol

Foto: Krabichler
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INNSBRUCK (cia). "Ich werde Euch vermissen", mit diesen Worten schloss Bischof Manfred Scheuer die Predigt am Sonntag ab. Im Innsbrucker Dom verabschiedete er sich im Rahmen eines Dankgottesdienstes von seiner Tiroler Diözese. Obwohl gebürtiger Oberösterreicher, ist ihm das "heilige Land" in den vergangenen zwölf Jahren mehr zur Heimat geworden als die Diözese Linz, die er am kommenden Sonntag übernehmen wird. Hunderte Gläubige versammelten sich neben den VertreterInnen des öffentlichen Lebens im Dom, um nocheinmal "ihren" Bischof zu sehen. Vier Bischöfe – Alois Kothgasser, Benno Elbs, Ivo Muser und der päpstliche Botschafter in Österreich, Nuntius Peter Stephan Zurbriggen – nahmen an der Feier teil.
Auch Landeshauptmann Günther Platter bedankte sich mit persönlichen Worten bei der Messfeier, bevor es mit einem landesüblichen Empfang vor dem Dom und weiteren Reden, beispielsweise von Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer, im Congress weiterging.

Grußworte

Platter
„Wir verlieren mit ihm einen Bischof, der Tirol liebt und der in Tirol über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus sehr geschätzt wird. Ich danke Bischof Manfred Scheuer für seine umsichtige Leitung über die Zeit von zwölf Jahren, die sowohl den Menschen als auch der Kirche in Tirol sehr gut getan hat. Für die neue Aufgabe in seiner oberösterreichischen Heimat, der zweitgrößten Diözese Österreichs, wünsche ich ihm alles Gute.“

Oppitz-Plörer
„Der Geist macht lebendig“ – Ihr Wahlspruch, verehrter Bischof Manfred Scheuer, ist in Ihrem Wirken in und um die Tiroler Landeshauptstadt lebendig geworden. Mit Ihrer ruhigen, besonnen Art und Ihrem Weitblick überzeugten Sie nicht nur die Innsbruckerinnen und Innsbrucker, sondern auch die übrige Tiroler Bevölkerung. Ich wünsche Ihnen, lieber Herr Bischof, dass Sie auch fernab von Innsbruck die Geister Ihrer „Schäfchen“ lebendig machen und gleichermaßen Ihre nachhaltigen Spuren hinterlassen.

Jakob Bürgler
Für mein heutiges Gruß- und Dankeswort möchte ich ein Bild verwenden. Ein Bild, das mich seit den ersten Tagen unserer Zusammenarbeit begleitet. Es ist das Bild der Augen. Ich kann mich erinnern, dass du, Bischof Manfred, zu deiner Bischofsweihe vor zwölf Jahren einen Brief von einem Kind bekommen hast, das sinngemäß geschrieben hat: „Deine Augen strahlen wie die Augen des Bischof Nikolaus.“
Bischof Manfred, deine Augen sind gütige Augen. Du hast einen gutmütigen und einfühlsamen Blick. Deine Augen sehen den Menschen, seine Not und Belastung, seine positiven Seiten und seinen Wert. Du bist äußerst zurückhaltend mit Urteilen. Dich zeichnet dein Gespür für Menschen in Not aus, eine solidarische Grundhaltung. Für diese Haltung bist du auch öffentlich eingetreten: nicht zuletzt in den herausfordernden Fragen von Flucht und Asyl. Dir sind Menschen, die es schwer haben, ganz wichtig. Das zeigt sich in deinem Engagement für leistbares Wohnen genauso wie im Bau der Mentlvilla, einem Haus für drogenkranke Menschen. Du lebst in deinem bischöflichen Dienst etwas vom barmherzigen Blick Gottes zu uns Menschen.
Du hast ruhige und besonnene Augen. Du bist ein stiller und hörender Mensch. Du überlegst gut, bevor du sprichst. Was du sagst, hat Hand und Fuß. Du hast die Diözese Innsbruck durch dein Wort geleitet. Eine oberflächliche, platte und inhaltsleere Unterhaltung ist nicht das Deine. Du suchst Vertiefung und Innerlichkeit. In innerkirchlichen Debatten forderst du eine Vertiefung der Diskussion und eine breite Wahrnehmung der Wirklichkeit. Dabei sind dir neue Zugänge und Veränderungsprozesse genauso wichtig wie die Verwurzelung in den bleibenden und von der Tradition her tragenden Werten und Grundlinien. Das hast du nicht zuletzt auch im Umgang mit der Pfarrerinitiative gezeigt. Einfache und vereinfachende Antworten und die Suche nach Applaus sind dir fremd.
Bischof Manfred, deine Augen sind bescheidene Augen. Du bist ein bescheidener Mensch, auch in der Art, wie du lebst und wohnst. Jedes künstliche Amtsgehabe ist dir fremd. Auf einfache Weise versuchst du, auf Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen zuzugehen. Das gibt dem Bischofsamt in unserer Zeit ein ganz besonderes und ansprechendes Profil. Das wird auch einer Zeit gerecht, in der die Infragestellung von Kirche und Glaube zur täglichen Herausforderung geworden ist. Bescheiden, zurückhaltend, ehrlich im Blick auf eigene Fehlleistungen, und dennoch getragen von einer inneren Überzeugung: So hast du deinen Dienst getan.
Du hast kluge Augen. Du bist ein profilierter und herausragender Theologe. Deine Expertise wird geschätzt und prägt kirchliche Suchprozesse. In vielen innerkirchlichen wie auch gesellschaftspolitischen Fragen hast du mit der Gabe der Unterscheidung und Klugheit Wegmarkierungen gesetzt, die wachsam gehört wurden und Diskussionen geprägt haben. Und das nicht nur in unserer Diözese, sondern weit über Österreich hinaus. Dir ist es wichtig, dass die Kirche in der Bildungslandschaft präsent bleibt. Das wird unter anderem auch sichtbar in der Errichtung der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule Edith Stein.
Manchmal hast du aber auch müde Augen. Konflikte und unselige Auseinandersetzungen, Briefe, die von Unzufriedenheit und Klage geprägt waren, die Not, manchmal nichts verändern und tun zu können, eingespannt zu sein zwischen widersprüchlichen und unversöhnlichen Standpunkten, haben dir zugesetzt. Besonders stark haben dich persönliche Schicksale betroffen gemacht. Zugleich hast du aber auch fröhliche und freudige Augen. Eine gesellige Runde am Berg oder beim Kartenspiel, ein witziges Erlebnis oder ein ehrliches Lob haben dir wohlgetan und so manche dunkle Wolke vertrieben. Du hast immer wieder deutlich gemacht: Wer in Zukunft Christ oder Christin sein will, muss die Freude des Evangeliums entdeckt haben.
Bischof Manfred, du hast starke Augen, Augen mit einem klaren Blick. Die Beschäftigung mit Christen in Verfolgungssituationen wie mit Opfern des Nationalsozialismus ist für dich wie eine Kraftquelle für dieses Durchhalten. Du bist einer, dem das Zeugnis des Glaubens ganz wichtig ist: im Bekenntnis der Märtyrer wie auch im ganz normalen Lebensalltag. Dir sind das Leben und Zeugnis der getauften und gefirmten Menschen, der ehrenamtlichen und angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der vielen, die der Kirche in unserem Land ein Gesicht geben, sehr wichtig. Dieses Zeugnis wird die Zukunft sein.
Bischof Manfred, es ist das Bild deiner Augen, das mich in dieser Stunde des Abschieds bewegt und meinen großen und tiefen Dank dir gegenüber ausdrücken soll, den Dank im Namen der Diözese Innsbruck wie auch in meinem eigenen Namen.
Der Diözese Innsbruck wünsche ich ein vertrauensvolles Weitergehen auf dem eingeschlagenen Weg und einen Nachfolger für dich, der mit Freude empfangen werden kann. Dir, lieber Bischof Manfred, wünsche ich für deine neuen Wege von Herzen Erfüllung und Segen. Du bezeichnest dich selbst immer wieder als Wanderprediger und Vagabund. In den vergangenen zwölf Jahren wurde Innsbruck deine Heimat. Das durften wir spüren. Ich erbitte für dich, dass dein Dienst in der Diözese Linz fruchtbar werden kann und dass du neue Wurzeln schlagen kannst, damit dir Linz alte und neue Heimat zugleich sein wird.
Und damit deine Augen auch in Linz immer wieder etwas Wunderschönes aus Tirol zum Schauen, zum inneren Erholen, zum Durchatmen haben, möchte ich dir als kleines Geschenk ein Bild übergeben, das die Pracht und Eindrücklichkeit der Tiroler Alpen abbildet.
Vergelt´s Gott und Gottes reichen Segen!

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