In Tirol wird Boden immer knapper
LK: Bodenverbrauch in Tirol zu hoch

Appel für weniger Flächenfraß: Tirols LK-Präsident Josef Hechenberger und Kurt Weinberger, der Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung
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Kein geringerer als LK-Präsident und Nationalrat Josef Hechenberger schlägt Alarm: Der Bodenverbrauch in Tirol ist zu hoch, die negativen Auswirkungen werden zu Lasten der nächsten Generationen gehen.

TIROL. Etwa ein halber Hektar Naturfläche wird in Tirol jeden Tag verbaut. Das entspricht jährlich in etwa der Größe des Heiterwanger Sees. Dieser Flächenfraß gefährdet die heimische Lebensmittelversorgung und erhöht das Hochwasserrisiko in Siedlungsnähe. Die negativen ökologischen Effekte des Bodenverbrauchs sind zahlreich und führen zum unwiederbringlichen Verlust von Lebensraum für Mensch, Tier und Natur. "Natürlich ist auch Positives passiert", sagt LK-Präsident Josef Hechenberger, "denn in Tirol gibt es bereits 37.00 Hektar landwirtschaftliche Vorsorgeflächen und das Bewusstsein für den Erhalt der Kulturflächen ist sehr gestiegen." 

Bodenlos, brotlos, schutzlos, heimatlos .... 

Hechenberger fordert dringend, zum Schutz der wertvollen landwirtschaftlichen Flächen, rasche Maßnahmen zu ergreifen. Er betont: "Industrie, Gewerbe, Handel, Verkehr und Wohnraum – viele Branchen sind auf Grund und Boden angewiesen. In den vergangenen Jahrzehnten sind wir zu sorglos mit dem Flächenverbrauch umgegangen. Österreich hat europaweit die höchste Dichte an Supermärkten, und das Straßennetz wurde extrem ausgebaut. Daher ist ein Umdenken dringend erforderlich, damit der rapide Verbrauch nicht in diesem Maße weitergeht. Die Rechnung dafür tragen die nächsten Generationen."
Hechenberger weist auch auf die zunehmend extremen Wetterereignisse hin:

"Unverbaute Flächen sind unsere Versicherung im Kampf gegen den Klimawandel. Zum Beispiel kann ein Quadratmeter Grünland bis zu 200 Liter Niederschlag pro Meter Tiefe aufnehmen."

Gerade in Tirol ist der Druck auf die landwirtschaftlichen Flächen besonders hoch. "Die Ausweisung der landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen war ein wichtiger Schritt, reicht jedoch leider nicht aus. Wir benötigen auch auf Bundesebene ein klares Bekenntnis zu strengeren Richtlinien, denn: Von Stahl und Beton können wir nicht abbeißen."

Schwerwiegende Folgen:

Kurt Weinberger, der Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, warnt eindringlich vor den Folgen des anhaltenden Flächenfraßes. "

Dieser gefährdet täglich die heimische Lebensmittelversorgung und erhöht das Hochwasserrisiko in Siedlungsnähe bei Starkniederschlägen. Die ökologischen Auswirkungen des Bodenverbrauchs sind verheerend, da wertvoller Lebensraum für Mensch, Tier und Natur unwiederbringlich verloren geht",

so der Versicherungsfachmann. Der zunehmende Straßenbau zerschneidet Landschaften und beeinträchtigt die Ausbreitung und Wanderung von Tieren und Pflanzen. "Die Auswirkungen der Zersiedelung mit Betonwüsten und Asphaltflächen auf ein Tourismusland wie Tirol sind offensichtlich."

Maßnahmenbündel gefordert

"Es stellt sich uns die Frage, ob die aktuellen Steuern angemessen ausgerichtet sind, denn die Kommunalsteuer, die auf Gemeindeebene erhoben wird, ist nicht effektiv. Sie belohnt Gemeinden für die Genehmigung von Gewerbezentren, was zu einer falschen Raumordnung führt und höhere Lebensmittelpreise zur Folge hat. Eine Lösung wäre, die Kommunalsteuer als Bundessteuer zu erheben und im Rahmen des Finanzausgleichs an ökologische Kriterien zu knüpfen", fordern Weinberger und Hechenberger.
Das lockere System der Flächenwidmungsabänderung auf Landesebene sollte durch einen effizienten und unabhängigen Raumordnungsbeirat geregelt werden, der die Umwidmungen für Gemeinden genehmigt. Und: "Derzeit werden baufreudige Gemeinden mit Gewerbeparks durch die Kommunalsteuer belohnt, während umweltfreundliche Gemeinden nicht honoriert werden", so Weinberger.

Zahlen und Fakten zum Bodenverbrauch:

• Österreich hat EU-weit die höchste Anzahl an Supermärkten pro 100.000 Einwohner, nämlich 60 Supermärkte. Im Vergleich dazu hat Deutschland nur 40 Supermärkte. Das Bundesland Tirol liegt mit 69 Supermärkten pro 100.000 Einwohner über dem österreichischen Durchschnitt.
• Österreich ist bei den Verkaufsflächen an zweiter Stelle mit 1,56 m² Verkaufsfläche pro Kopf: Niederlande 1,59 m², Italien 1,29 m², England 1,04 m² (Quelle: RegioData 2022).
• Österreich hat mit 15 Metern Straßennetz pro Kopf eines der längsten Straßennetze: Deutschland 7,9 Meter pro Kopf, Schweiz 8,1 Meter pro Kopf (Quelle: Eurostat).
• In Österreich gibt es laut Umweltbundesamt 40.000 Hektar Industriebrachen inklusive leerstehender Gewerbe- und Wohnflächen; das entspricht der Fläche der Stadt Wien.
• In den letzten 20 Jahren wurden 130.000 Hektar Agrarflächen aus der Produktion genommen - das entspricht der Agrarfläche des Bundeslandes Burgenland. Laut WIFO-Studie könnten damit 480.000 Menschen ernährt werden.
• Laut FAO braucht in Österreich jeder Mensch 3.000 m² Boden, aber jetzt stehen nur noch rund 1.600 m² pro Kopf zur Verfügung. Im Jahr 2050 werden es nur noch 1.000 m² sein, also ein Drittel des erforderlichen Bedarfs.
• Das Ziel der täglichen Flächeninanspruchnahme wurde bereits in der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie 2002 (Beschluss der Bundesregierung) auf 2,5 Hektar pro Tag festgelegt. Dieses Ziel ist auch im Regierungsprogramm der aktuellen Bundesregierung enthalten (Umsetzung bis 2030).

Ein Interview zum Bodenverbrauch in Tirol mit LR Zumtobel lest ihr hier:

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Täglich 1,5 Hektar Kulturland wird in Tirol verbaut. | Foto: Wolfgang Spitzbart
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