MEP Thaler enttäuscht
EU-Parlament beschließt die Eurovignette

Schwer enttäuscht von der Einführung der Eurovignette: MEP Barbara Thaler
  • Schwer enttäuscht von der Einführung der Eurovignette: MEP Barbara Thaler
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Tirols Europaparlamentarierin Barbara Thaler sieht die Eurovignette als eine vergebene Chance für Europa und den Green Deal. Das EU-Parlament beschloss einen schlechten Kompromiss zur Mautregelung in Europa.

TROL. "Ich habe mich wirklich leidenschaftlich für eine bessere Version der Eurovignette eingesetzt und alle Register gezogen, die in der parlamentarischen Arbeit möglich sind. Am Ende entscheidet in einer Demokratie aber die Mehrheit. Die war dieses Mal für das Verhandlungsergebnis der Eurovignette, welches heute in Straßburg beschlossen wurde“, zeigt sich MEP Barbara Thaler enttäuscht über die finale Abstimmung des EU-Parlaments. Thaler ist Verkehrssprecherin der ÖVP und stellvertretende Verkehrssprecherin der Europäischen Volkspartei im Europaparlament.
„Wir hatten als Europaparlament zahlreiche gute und wichtige Forderungen in unserer Verhandlungsposition fixiert. Herausgekommen ist ein unausgereifter Kompromiss mit zahlreichen Sonderregelungen und Ausnahmen, der weder den Menschen noch dem Klima nützt und meilenweit von den ursprünglichen Forderungen des Parlaments entfernt ist. Sowohl meine Kollegin Anna Deparnay-Grunenberg von den Europäischen Grünen als auch ich im Namen der Europäischen Volkspartei haben dieses Verhandlungsergebnis von Anfang an abgelehnt und bis zum Ende versucht, Änderungsanträge durchzubringen“, sagt Thaler.

Brenner ohne Grenzen

Für die Ziele der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene ist es natürlich alles andere als förderlich, dass das Gesetz jetzt so in Kraft tritt.

"Aber wir müssen dahin kommen, dass die Schiene zur natürlichen ersten Wahl für internationale Frächter wird. Daran will ich arbeiten und mit meinem Pilotprojekt „Brenner ohne Grenzen“ auf dem Korridor München-Verona zeigen, welches Potenzial wirklich in der Eisenbahn steckt",

erklärt Thaler. Das Projekt wurde kürzlich auf der Homepage der Europäischen Kommission veröffentlicht und ausgeschrieben. "Eines ist sicher, am Ende gelingt es nur gemeinsam. Es müssen alle anpacken, für einen funktionierenden Binnenmarkt, für ein wettbewerbsfähiges Europa und vor allem für lebenswerte Regionen", so die enttäuschte Europaabgordnete.

Transitforum:  "Totes Pferd Eurovignette"

Für den Obmann des Transitforums Austria, Fritz Gurgiser, ist die Eurovignette ein "totes Pferd". "Was uns massiv daran stört: Es werden damit ständig Horror-Transitmärchen verbunden, wonach nun der Transit dramatisch steigen würde und das ist unrichtig und eine der vielen politischen Transit-Fakes, um von wesentlichen Punkten abzulenken", sagt Gurgiser. Die Eurovignette sei eine Langzeitfolge der Aufgabe der Mauthoheit im Rahmen des EU-Beitritts.
Gurgiser abschließend:  "Die völlig absurde „Eurovignette“ (vorbereitet im Europäischen Jahr der Eisenbahn 2021) stellt das letzte I-Tüpfchen dar, um auch den gutgläubigsten BürgerInnen 1:1 vor Augen zu führen, dass die „Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene das letzte Ziel ist, was in EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat forciert wird. Sie alle wollen nur eines: Milliarden Euro von den BürgerInnen abzocken, um sie in die Tunnelbauindustrie zu verlagern."

SPÖ: heftige Kritik

SPÖ-Verkehrssprecher Philip Wohlgemuth übt heftige Kritik:  „In der Europäischen Union herrscht ein falsches Verständnis von Verkehrspolitik. Das Europäische Parlament hat Entscheidungen getroffen, die fatale Auswirkungen auf Tirol haben. Die Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene wird zurückgedrängt, der Transit wird weiter gefördert. Die Gesundheit der Tirolerinnen und Tiroler wird völlig außer Acht gelassen – unsere Bevölkerung ist zu Recht stinksauer. Barbara Thaler als Chefverhandlerin der EVP konnte sich – trotz Bemühungen – nicht durchsetzen.“
Wohlgemuths scharfe Kritik richtet sich auch an die schwarzen und grünen Landesparteien: „Die Tiroler Volkspartei und die Grünen sind gegenüber den Tirolerinnen und Tirolern in der Pflicht: Vor der Landtagswahl 2018 wurden mit großen Ankündigungen zur Reduktion des Schwerverkehrs Stimmen gekeilt. Vier Jahre lang sind diesen Ankündigungen keine Taten gefolgt. Nach der coronabedingten Entspannung beobachten wir bereits wieder ein stetes Steigen der Verkehrszahlen. Tirols Bevölkerung braucht jetzt mehr Durchsetzungskraft und Unterstützung in Bund, Land und der EU. Es geht schließlich um unsere Gesundheit.“

NEOS: wenig überraschend

"Das Ergebnis ist leider wenig überraschend, dafür umso enttäuschender", konstatiert NEOS Verkehrssprecher Andreas Leitgeb den Ausgang der Verhandlungen um die Wegekostenrichtlinie.  Leitgeb fürchtet, dass die Konsequenzen nun die BürgerInnen ausbaden müssen:

"Statt die versprochene Verlagerung auf die Schiene zu forcieren, erreicht man mit dieser Entscheidung das genaue Gegenteil!"

zeigt er sich erbost, "Die Gesundheit und Sicherheit der TirolerInnen hat man heute dem Wohlwollen von Industrie und Frächtern geopfert. Niemand braucht sich künftig wundern, wenn wir an unseren Notmaßnahmen und Fahrverboten festhalten um nicht völlig im Schwerverkehr zu ersticken!"

Liste Fritz: "Auf die Barrikaden"

„Wir stellen uns auf die Seite der verkehrsgeplagten Bevölkerung in Tirol. Wenn die EU meint, beim Transitchaos in Tirol noch ein Schäufchen nachlegen zu müssen, werden wir in Tirol auf die Barrikaden steigen. Wir können uns nicht länger von außen diktieren lassen, wie viele und welche LKWs wir ins Land lassen und zu welchen Zeiten wir freie Fahrt genehmigen müssen. Die Schweiz hat uns vorgezeigt, wie die Transitbelastung zurückgedrängt werden kann. Drastische Tariferhöhungen, ein entsprechendes Angebot auf der Schiene, strenge Kontrollen und Fahrverbote haben dort zu einem Rückgang des transitierenden Güterverkehrs auf der Straße geführt. Wenn solche Lösungen in Tirol durch die EU blockiert werden, werden wir der EU die Stirn bieten müssen“, hält Liste Fritz-Landtagsabgeordnete Andrea Haselwanter-Schneider fest.

FPÖ: Transitpolitik gescheitert

Die Verkehrs- und Transitpolitik der schwarz-türkis-grünen Tiroler Landesregierung ist gescheitert, dass muss man ganz klar der Bevölkerung auch sagen“, kontert FPÖ-Chef MArkus Abwerzger scharf in Richtung ÖVP-LH Günther Platter und der zuständigen grünen Verkehrslandesrätin LHStv. Ingrid Felipe, der die Tirolerinnen und Tiroler auffordert, nun Maßnahmen zu setzen: „Die FPÖ steht auf eurer Seite, Tirol muss aufstehen, und Zeichen setzen, die man sowohl in Sizilien als auch in Dänemark versteht, daher werden wir nun noch mehr Kraft im Kampf gegen den Transit und die Gesundheitsbedrohung der Tiroler Bevölkerung investieren, auch – und vor allem – auf der Straße.“

Weratschnig: enttäuscht

Enttäuscht zeigt sich auch der Verkehrssprecher der Grünen, NR Hermann Weratschnig über den endgültigen Beschluss der Eurovignette im EU-Parlament: „Wenn wir bei Zuschlägen am Mautkorridor zwischen München-Verona die Zustimmungen aus Rom und Berlin brauchen, weiß ich, dass die Transitlobby das Rennen macht. Die europäischen Institutionen müssen erst unter Beweis stellen, dass die Verlagerung von der Straße auf der Schiene zu einer aktiven Klimapolitik dazugehört.“
Für Tirol bleiben die Notwehrmaßnahmen im Straßenverkehr aufrecht, die Fahrverbote und Dosierungen sind der Schutzschirm für die Bevölkerung vor dem überbordenden Transitverkehr. "Bevor die Inntal- und Brennerautobahn durch Stau lahmgelegt werden, wird es weiterhin vermehrt Blockabfertigungen brauchen. Daran führt kein Weg vorbei. Die Botschaften aus Bozen und München, insbesondere von Ministerpräsident Markus Söder zur Bereitschaft über eine Korridormaut zu verhandeln, lassen erkennen, dass der Transitverkehr mit all den Belastungen nun auch in Bayern angekommen ist. Die AnrainerInnen im bayrischen Inntal von Kiefersfelden bis Rosenheim sind schwer belastet. Rasche Hilfe tut Not," erklärt Weratschnig und betont dabei einen guten Dialog zu allen betroffenen Gemeinden als Voraussetzung für gemeinsame Entlastungen.

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