Alltagskultur
Der Signore
Ich habe es nun mehrfach überprüft. Möchte ich im Raum Gleisdorf via Social Media verläßlich Likes kassieren, brauche ich bloß ein Foto zu posten, das Hansi Grimm zeigt. Für jüngere Leute: Johann Grimm. Ich aber nenne ihn gerne Signore. (Wer ihn kennt, ahnt, warum ich dazu neige.)
Sie wissen ja, wie großzügig mit dem Begriff „Legende“ herumgeworfen wird. Das weist meistens auf eine Art Hilflosigkeit hin, etwas oder jemanden treffend zu beschreiben. Wer es allerdings zu einem Ruf wie dem von Grimm bringt, wird dadurch fast schon selbst zur Wanderlegende.
Das heißt, irgendwie ist es gar nicht mehr wichtig, ob alles, was über ihn erzählt wird, auch der Fall gewesen ist. Ich kenne allein aus den persönlichen Plauderstündchen mit ihm eine solche Fülle an Geschichten, daß man zwei Leuten draus eine guten Ruf schnitzen könnte. Auf Anhieb fällt mir niemand ein, der je schlecht über ihn geredet hätte.
Mitten im Geschehen
Das ist insofern bemerkenswert, als Grimm ja kein Buddhist oder Eremit ist, der fern von der Welt um Heiligkeit ringen würde. Als Gastronom stand er immer mitten im Geschehen und oft war er persönlich die Mitte des Geschehens. (Natürlich hat er ein Wissen über das gesellschaftliche Leben der Region, daraus könnte man eine Abteilung von Wikipedia basteln.)
Als Unternehmer ist Grimm keineswegs ohne Abenteuerlust. Außerdem war er gelegentlich in Branchen tätig, die nicht gerade von Chroknaben und Betschwestern bevölkert werden. Kegelbahnen, Automaten, lebensfrohe Milieus.
Als Cafetier schrieb er ein Stück Gleisdorfer Zeitgeschichte und ich wette, die Qualität seiner Lokale hat erstens allerhand junge Menschen zur Lebenslust und daher zweitens die Geburtenrate der Stadt angeregt.
Okay, im Fach „Schwiegersohn der Nation“ würde man Grimm eher nicht besetzen. Bis heute lodert ein Tatendrang in ihm, der ihn als Programmdirektor für so manches Kuriositätenkabinett qualifizieren würde. Er ist Impresario einer privaten Wunderkammer und unerschütterlicher Protagonist des eigenen Lebens. Siehe dazu auch: „Wohin es führt“ (Ein Moment mit Johann Grimm)!
Postskriptum
Der Signore war hier übrigens mein erstes Gegenüber im neu eröffneten Lokal der Familie Gül. Die hatte seinerzeit das „Valentino“ in der Weizerstraße betrieben, was mir aus jenen Tagen bestens in Erinnerung ist, da ich noch für Teenagers zu sorgen hatte. (Die kurze Aufforderung „Gemma Vali?“ klingt mir heute noch im Ohr.)
Nun heißt der Gül’sche Betrieb „Venezia“ und ist in den von der Familie penibel restaurierten Räumen des vormaligen „Wahnsinnsbeisl“ untergebracht. Genau! Bürgergasse. Wir bewegen uns also auf vertrautem Terrain. Hier ein Rückblick ins Jahr 2015: „Nachtfahrten“! Oder im Jahr darauf: „Über Angeschraubte und Ausgelassene“.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.