Nahversorgung ist unersetzlich
Naheliegend (XVI): Bäckerei Wurm
Die Pandemie hat mein Einkaufsverhalten gründlich verändert. Ich geh nicht mehr jederzeit kurzentschlossen los, wenn mir grade was einfällt. Hab meinen Rucksack wieder in Gebrauch, schreib mir Einkaufszettel, plane also. Das hat mich auch sparsamer werden lassen.
All das erinnert mich etwas an meine Kindheit, da das Geld knapp war und meine Mutter auf den Groschen genau wußte, was noch im Börsel ist. Und das mit dem alten Brot! Jetzt, da ich mich bemühe, in der Woche nur einmal, maximal zweimal einkaufen zu gehen, ist Brot ein wichtiges Thema. Ein Angelpunkt. Es soll nämlich am vierten oder fünften Tag nach dem Einkauf auch noch genießbar, wenn möglich vor allem wohlschmeckend sein.
Das bedeutet: eine billige Sorte ist rausgeschmissenes Geld, denn gute Arbeit mit guten Zutaten kriegst du nicht für ein paar Cent. Wer sich das erhofft, träumt von warmen Eislutschern. Bei Semmeln ist das noch weit gravierender, auch wenn das einzelne Stück von der feinen Art genug kostet, daß ich mir keinen Sack voll davon kaufe.
Aber was ist bloß mit den Geschmacksnerven vieler Leute los? Der billige Beutel aus dem Supermarkt mag noch genießbare Semmeln enthalten, wenn die herangekarrten Teiglinge grade frisch aus dem Backofen kommen. Bis du aber mit den Dingern zuhause ankommst, schmecken sie schon wie Verpackungsmaterial.
Am nächsten Tag kann man sie vielleicht im Milchkaffee ersäufen und solchen Mampf genießen. Oder man macht Pofesen draus. Es kann nicht bloß damit zusammenhängen, jemanden satt zu bekommen. Es muß andere Gründe geben, warum billige Kartonsemmeln gekauft werden. Was weiß ich!
Für mich also lieber haltbares Brot. Und wenn ich merke, es wird eine Selbstbelohnung fällig, dann schau ich beim Wurm in Gleisdorfs vorbei. Zwei Semmeln, auf die ich mich freuen kann, plus ein Brioche. Fragt die Frau hinter der Budel: „Mit oder ohne Rosinen?“ Mit. Volle Kanne! Das Teil gibt’s dann zum Kaffee; mit reichlich Butter.
Ich hab das als Kind gehaßt, wie Muttern die Butter unter Verschluß hielt. Und diese Margarine, so dünn aufs Brot, daß man durchsah. Yiiieck! Das fand ich ekelhaft. Heute daher: ich will gute Sachen haben und trag mein Geld gerne zu Leuten, die sich drauf verstehen. Ist das Geld grade aus, bleib ich zu Hause; vom Laib Brot ist eh noch was da.
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