Gericht in Wien
Freispruch in aufsehenerregendem Missbrauch-Prozess
Zu einem spektakulären Prozess war es am Montag in Wien gekommen. Einem 31-jährigen Mann wurde vorgeworfen, eine Frau drei Tage lang in seiner Wohnung festgehalten und missbraucht zu haben. Am Abend folgte das nicht rechtskräftige Urteil am Wiener Landesgericht für Strafsachen: Freispruch.
WIEN. Am 11. Juli 2023 ist eine Frau mit sichtbaren Verletzungen, barfuß und weinend von einer Polizeistreife in Meidling auf der Straße aufgelesen worden. Sie berichtete in weiterer Folge, ihr wäre soeben die Flucht gelungen, nachdem sie von ihrem Ex-Freund drei Tage lang in dessen Wohnung gefangen gehalten und mehrfach missbraucht worden sei – MeinBezirk.at berichtete damals:
Der angebliche Täter - ein 31 Jahre alter, bisher unbescholtener Mann - wurde am Montag, 11. Dezember, der Prozess gemacht. Und dies unter großem Medienecho. Am Abend folgte am Wiener Landesgericht schon das nicht rechtskräftige Urteil: Freispruch.
Dem Mann war Freiheitsentziehung und Vergewaltigung angelastet worden. Die Staatsanwältin bezeichnete die inkriminierten Vorgänge als "absolut schauderhaft". Die 33 Jahre alte Frau sei unter Zufügung besonderer Qualen ihrer Freiheit beraubt und in besonders erniedrigender Weise mehrfach vergewaltigt worden.
In dubio pro reo
"Es ist nichts von dem passiert, was sie schildert", hielt dem der Angeklagte entgegen. Noch deutlicher wurde seine Verteidigerin Ina-Christin Stiglitz: "Es ist alles erfunden und erlogen."
Ein Schöffensenat fällte nach einer langen Beratungszeit kurz nach 17 Uhr einen Freispruch, den bei der Verhandlung anwesende Angehörige des Angeklagten – darunter der Vater und der Bruder – mit lautstarkem Applaus quittierten. Der Freispruch sei im Zweifel erfolgt, erläuterte der vorsitzende Richter.
Die Verantwortung des Angeklagten sei "alles andere als nachvollziehbar". Das gelte jedoch auch für die Darstellung der Betroffenen: "Die Angaben des Opfers sind in entscheidenden Passagen nicht nachvollziehbar." Vor allem würden sich bei ihr festgestellte, objektive Verletzungen nicht mit ihren Beschreibungen zu den angeblichen Tatabläufen decken. "Dafür, dass es, so wie sie sagt, stattgefunden hat, gibt es Zweifel. Das Bild ist nicht schlüssig. Das passt für uns so nicht zusammen", sagte der Richter. Wenn Aussage gegen Aussage stehe, sei im Zweifel zugunsten des Angeklagten vorzugehen.
Der Freispruch ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Sie erbat jedoch eine Protokollabschrift mit den unter Wahrheitspflicht getätigten Angaben der Zeugin. Auf die Frau dürfte ein Verfahren wegen falscher Zeugenaussage zukommen. Die Strafdrohung: bis zu sechs Monate Haft. Ihr Ex-Freund wurde nach der Verhandlung enthaftet. Er hatte fast fünf Monate in U-Haft gesessen.
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