Experte alarmiert
In Wiens Psychiatrien wird häufig im Bett angegurtet

In psychiatrischen Stationen der Bundeshauptstadt werden häufiger Menschen gegen bzw. ohne deren Willen angegurtet. Dies ergibt eine Studie von VertretungsNetz. (Symbolfoto) | Foto: Frederic Köberl/Unsplash
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  • In psychiatrischen Stationen der Bundeshauptstadt werden häufiger Menschen gegen bzw. ohne deren Willen angegurtet. Dies ergibt eine Studie von VertretungsNetz. (Symbolfoto)
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Die Patientenanwaltschaft zeigt sich alarmiert. Sie hat sich genauer angesehen, wie viele Patientinnen und Patienten in den Psychiatrien gegen ihren Willen angegurtet werden. Wien fällt im Bundesland-Ranking besonders negativ auf.

WIEN. Die Patientenanwaltschaft präsentiert am Montag neue Daten zur "Beschränkung der Bewegungsfreiheit" in Österreichs psychiatrischen Einrichtungen. Was sperrig klingt, hat einen einfach zu erklärenden Hintergrund: Es geht um jene Fälle, in denen Patientinnen und Patienten im Bett gegen ihren Willen angeschnallt werden.

"Erstmals konnten wir 2023 auch detailliert auf Bundesland-Ebene auswerten, wie viele Patient:innen im Rahmen ihres Psychiatrieaufenthalts mit Gurten am Bett fixiert werden", erklärt Bernhard Rappert, Fachbereichsleiter der Patientenanwaltschaft bei VertretungsNetz. 770 Personen wurden im Schnitt pro Tag an Österreichs psychiatrischen Stationen gegen oder ohne ihren Willen untergebracht, rechnet man vor. Dabei fällt besonders Wien auf: "Wir sehen bei der Beschränkungsquote große regionale Unterschiede: In Wien und dem Burgenland wird etwa doppelt so viel beschränkt wie in den westlichen Bundesländern Tirol und Salzburg", so Rappert.

Im Zuständigkeitsgebiet von VertretungsNetz, dieses umfasst ganz Österreich außer Vorarlberg, wurden 2023 25.254 Unterbringungen gegen oder ohne den Willen der Patientinnen bzw. Patienten gezählt. Alleine in Wien sollen es 4.720 gewesen sein. Davon kam es bei 1.562 Fällen zu einer Gurtfixierung im Bett.

Im oberen Bundesländer-Schnitt

Auch gemessen an Gurtfixierungen pro 100.000 Einwohnenden rangiert Wien in den Top 3. So gab es umgerechnet in Kärnten 103 Fixierungen pro 100.000 Einwohnenden und in der Steiermark 88. Wien kommt dahinter auf 78. Der Österreichschnitt – ohne Vorarlberg – liegt bei 72. 

Die Zahl der Gurtfixierungen pro 100.000 Einwohnenden je Bundesland. Vorarlberg wurde dabei nicht erfasst. | Foto: VertretungsNetz
  • Die Zahl der Gurtfixierungen pro 100.000 Einwohnenden je Bundesland. Vorarlberg wurde dabei nicht erfasst.
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"Die regionalen Unterschiede sind ein Hinweis auf unterschiedliche Zugänge und Haltungen zum Thema Zwang. Wir hoffen, dass unser Input seitens der psychiatrischen Abteilungen dazu genutzt wird, herauszufinden, warum es an manchen Standorten gelingt, mit weniger Zwangsmaßnahmen auszukommen“, zeigt sich Rappert hoffnungsvoll.

Kinder kürzer, aber dafür öfter

Bei Kindern und Jugendlichen zeigt sich ein laut VertretungsNetz ebenso besorgniserregender Trend: Die Anzahl der Unterbringungen Minderjähriger ist bundesweit ohne Vorarlberg seit der Covid-Pandemie um knapp 20 Prozent auf 2.673 angestiegen.

Gleichzeitig sinkt die durchschnittliche Unterbringungsdauer – und zwar teilweise sehr deutlich. Vor allem Wien steche in den Auswertungen hervor. Während die Unterbringungsdauer von Kindern und Jugendlichen dort in nur einem Jahr von 12,1 Tagen auf 7,4 Tage (2023) gesunken ist, hat sich der Anteil jener jungen Personen, die im Lauf eines Kalenderjahres fünfmal oder sogar öfter untergebracht waren, um knapp 27 Prozent erhöht.

Jugendliche und Kinder würden viel zu schnell aus psychiatrischen Stationen entlassen. (Symbolfoto) | Foto: Eric Ward i/Unsplash
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„Diese besorgniserregenden Zahlen entsprechen auch unserem Eindruck aus der Vertretungspraxis: Viele Jugendliche verlassen nicht ausreichend stabilisiert das Spital, weil Betten und Personal für sie fehlen", schildert Rappert die Situation. Dabei ergeben sich Probleme, denn oft "kehren sie in ein Betreuungsumfeld zurück, das ebenfalls überlastet ist, sodass es immer wieder zu erneuten Aufnahmen kommt. Auf diese Weise nimmt man den jungen Menschen aber die Chance, gestärkt aus einer psychischen Krisensituation herauszukommen", kritisiert der Experte.

Man ortet jedoch für Wien durchaus Tätigkeit in dem Feld. So würden vor allem mobile Maßnahmen gesetzt: "Wir begrüßen daher sehr, dass die Stadt Wien ambulante und aufsuchende Angebote ('Hometreatment') ausbaut. Dennoch: Für akute Situationen, etwa wenn jemand Suizidgedanken hat, müssen ausreichend stationäre Plätze zur Verfügung stehen, und zwar so lange, wie die erkrankten Personen sie brauchen", fordert Rappert.

Hier gibt es rund um die Uhr Hilfe

Telefonseelsorge: 142, täglich 0-24 Uhr

Sozialpsychiatrischer Notdienst: 01/31 330, täglich 0-24 Uhr, www.psd-wien.at

Kriseninterventionszentrum Wien: 01/406 95 95, Montag bis Freitag 8 bis 17 Uhr, www.kriseninterventionszentrum.at

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