Prozess in Wien
Mann versuchte Polizisten die Waffe zu entziehen

Weil ein Mann im April dieses Jahres einen Polizisten habe töten wollen, wurde er am Mittwoch zu zehn Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.  | Foto: Ronja Reidinger/MeinBezirk
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  • Weil ein Mann im April dieses Jahres einen Polizisten habe töten wollen, wurde er am Mittwoch zu zehn Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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Im April dieses Jahres soll ein Mann vor dem Parlament versucht haben, einem Polizisten die Waffe zu entziehen. Am Mittwochvormittag musste er sich deswegen vor einem Geschworenengericht wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes verantworten. 

WIEN. "Ich habe bereits gegenüber dem Gericht gesagt, dass es mir sehr leidtut, was ich getan habe. Ich werde mich auch bei den Polizisten entschuldigen", wird Jakub L. (Name von der Redaktion geändert) am Anfang der Verhandlung übersetzt. Vor Gericht erscheint er in einer dunklen Weste, schwarzer Hose und Sneakers. Seinen Kopf vergräbt er während der Verhandlung primär in seinen Händen. 

Vor Gericht musste der 31-Jährige, weil er am 23. April versucht habe, Polizisten, die vor dem Parlament zwecks Objektschutz waren, zu töten, wie die Staatsanwältin in ihrem Eröffnungsplädoyer erklärte. Zweimal habe er versucht, die Dienstwaffe des Beamten herauszuziehen. Dabei sei es nur beim Versuch geblieben, da der Polizist zurückwich.

Verurteilt wurde er wegen versuchten Mordes zu zehn Jahren Haft sowie einer Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach 21.2. Von dem ursprünglichen Vorwurf der gefährlichen Drohung wurde er freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

Habe Stimmen gehört

In den frühen Morgenstunden des 23. April sei Jakub L. vor dem Parlament gewesen. Zwecks Objektschutz war dort ein Streifenwagen platziert, der mit zwei Beamten besetzt war. Der Angeklagte sei auf die Polizisten zugegangen und habe sie "auf eine für sie unverständliche" Sprache angesprochen, meinte die Staatsanwältin. "Ich kann mich erinnern, dass ich die Herrn Polizisten um Hilfe gefragt habe und sie haben mir nicht geholfen", gab wiederum der Angeklagte an. "Ich wollte, dass sie mir einen Krankenwagen rufen". Zu dem Zeitpunkt habe er Stimmen gehört und es sei ihm "sehr schlecht" gegangen. Als der Mann näher kam, sollen die Beamten ihn aufgefordert haben, den Abstand einzuhalten. 

Der Vorfall habe sich vor dem Parlament ereignet. (Archiv) | Foto: Parlamentsdirektion / Hertha Hurnaus
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"Plötzlich" und "völlig unvermittelt" habe Jakub L. versucht, die Dienstwaffe des Beamten zu ergreifen. Der Polizist wich zurück. Der Angeklagte soll daraufhin eine Waffe mit beiden Händen geformt und "Schießbewegungen" gegenüber dem anderen Beamten gemacht haben. Danach habe er erneut nach der Dienstwaffe gegriffen. "Meine Befürchtung war, dass er die Waffe wirklich nehmen wollte. Das ist eigentlich der Albtraum eines jeden Polizisten", gab der Beamte an, der bei der Verhandlung als Zeuge geladen war. 

Der Vorfall vor dem Parlament wurde von einer Kamera gefilmt. Im Gericht wurde das Video abgespielt – dabei lachte der Angeklagte. Auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin Christina Salzborn erklärte Jakub L., er höre "komische Geräusche" und Stimmen.

"Er braucht kein Gefängnis, er braucht Hilfe"

"Wir können von Glück reden, dass der Beamte so schnell reagiert hat", unterstrich die Staatsanwältin. Bei einer späteren Einvernahme mit der Polizei habe der Angeklagte angegeben, dass er den Polizisten erschießen habe wollen. Bei seiner Verhandlung am Mittwochmorgen gab der 31-Jährige jedoch an, er wisse nicht mehr, warum er das getan habe. Was er mit der Waffe gemacht hätte, hätte er sie zu fassen bekommen, wird er von der vorsitzenden Richterin gefragt: "Ich weiß es nicht. Wenn ich es geschafft hätte, wahrscheinlich hätte ich mich selbst erschossen", gab der Angeklagte an. 

"Wir können von Glück reden, dass der Beamte so schnell reagiert hat", unterstrich die Staatsanwältin. | Foto: Ronja Reidinger/MeinBezirk
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"Mein Mandat sitzt heute hier wie ein Häufchen Elend", meinte sein Verteidiger und verweist auf die Geschichte des Mannes. Er kenne seine Eltern nicht und sei in seinem Herkunftsland obdachlos. Auch ist er bereits mehrfach vorbestraft - u. a. wegen versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt sowie versuchter Körperverletzung. "Ich bin der Meinung, dass er geistig aufgrund seiner Krankheit und seines Drogenmissbrauchs gar nicht in der Lage war, einen Tatplan zu setzen oder hier einen Vorsatz zu haben", so der Anwalt. "Er braucht kein Gefängnis, er braucht Hilfe".  

Schizophrenie und Drogenkonsum

Laut Gerichtspsychiater Peter Hoffmann weise der Angeklagte eine "so weit ausgeprägte Intelligenzmilderung" auf, dass er in "weiten Teilen fast schon als Analphabet einzustufen ist". Der Mann habe keine Berufsausbildung und sei schon sehr früh in einem Heim untergebracht gewesen. Er habe zudem Drogen "aller Art" genommen und sich zeitweise sogar Heroin gespritzt. Überdies leide er an Schizophrenie und fühle sich verfolgt. "Aus der Krankheit heraus kommt er auf die Idee, er soll nach Österreich kommen", so Hoffmann. Für Menschen wie den Angeklagten sei Österreich, bzw. Wien ein "relativ beliebtes Ausflugsziel", da hier die Versorgungssysteme "sehr gut" seien, analysiert Hoffmann. Man könnte auf die Idee kommen, er mache absichtlich "einen Blödsinn", um diese "Rundum-Unterstützung" zu bekommen.

Obwohl er an Schizophrenie leide, habe er bei dem Vorfall dennoch ein "sehr gezieltes Handeln" gesetzt, weswegen er, laut dem psychiatrischen Gutachten, dennoch als zurechnungsfähig gilt. Jedoch sei die von der Staatsanwaltschaft beantragte Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach 21.2. gegeben, da er "mit großer Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit" wieder so etwas mache. 

"Unglaublich gefährliche" Situation

"Der Angeklagte hat selbst ausgesagt, dass er zur Waffe griff und er deshalb zur Waffe gegriffen hat, weil er Hilfe brauchte und keine bekommen hatte", erklärte die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer. Es habe sich um eine "unglaublich gefährliche" Situation mit einem "unberechenbaren" Angeklagten gehandelt.

"Wie wir vom Sachverständigen gehört haben, war sein Plan nicht irgendwen zu erschießen, sondern sich auf den Kosten der österreichischen Steuerzahler in Behandlung zu begeben", schlussfolgerte wiederum der Verteidiger und beantragte einen Freispruch. "Der Angeklagte braucht Hilfe, keine Strafe".

Die Geschworenen befanden den 31-Jährigen mit einem Stimmenverhältnis von 7 zu 1 des versuchten Mordes für schuldig. Von einer mitangeklagten gefährlichen Drohung wurde er jedoch freigesprochen. Laut Informationen der "APA" habe der Angeklagte mit "Die zehn Jahre passen schon" auf seine Verurteilung reagiert. Er nahm das Urteil an, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung. 

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