Ziele, Kosten, Gutscheine
StRH kritisiert Integrationsprogramm "StartWien"
Im jüngsten Bericht prüfte der Stadtrechnungshof (StRH) Wien das Integrationsprogramm "StartWien". Kritisiert wird die nicht messbare Erreichung von definierten Zielen, mangelnde Kommunikationsmaßnahmen und abgerechnete Sprachkursgutscheine ohne Nachweis.
WIEN. Es ist wieder Zeit des Berichts des Stadtrechnungshofes (StRH) Wien. Die vergangenen Berichte des StRH hatten es in sich: Die Causa "Minibambini" wurde ans Licht gebracht, die Stadt Wien verlor 1,1 Millionen Euro an Steuergeld und die Feuerwehr wurde wegen einer hohen Anzahl an nicht angenommenen Notrufen kritisiert.
Der jüngste StRH-Bericht vom 9. Mai war jedoch nicht so spektakulär. Lediglich eine Prüfung des Angebots "StartWien" der MA 17 (Integration und Diversität), die von 13 Gemeinderatsmitgliedern der ÖVP beantragt wurde, ist interessant.
Dabei handelt es sich um das eigenständige Referat im Fachbereich Integrationsprojekte und Förderungen innerhalb der MA 17. Das Projekt soll sicherstellen, dass zugewanderte Menschen nach Erhalt ihres Erstaufenthaltstitels rasch mit wichtigen Infos erreicht werden, um die Integration dieser Menschen zu unterstützen.
Im Bericht wird kritisiert, dass die MA 17 Ziele für "StartWien" definiert hat, die Erreichung dieser jedoch nicht messbar wäre. Außerdem wird kritisiert, dass Teilnehmende Sprachgutscheine einlösen konnten, ohne einen Nachweis zu zeigen. Und: die Kommunikationsmaßnahmen wurden nicht festgelegt.
Was ist "StartWien"?
"StartWien" beinhaltet die Elemente "Startcoaching", den Wiener Bildungspass und Info-Module. Zwischen 2015 und 2021 haben im Durchschnitt 2.000 Personen ein "Startcoaching" in Anspruch genommen. Damit ist ein persönliches Erstberatungs- und Sondierungsgespräch gemeint, in 26 Sprachen. Im genannten Zeitraum besuchten durchschnittlich 1.200 Personen ein "Second-Level-Startcoaching" (Einzel- oder Gruppengespräch, um weitere Fragen abzuklären, in 13 Sprachen).
Der Wiener Bildungspass wird dann im Rahmen des Startcoachings ausgegeben. In diesem Pass konnten absolvierte Sprachkurse, Weiterbildungsmaßnahmen und Beratungen dokumentiert werden. Es ist eine Art Nachweis über Deutschkenntnisse, berufliche Qualifikationen sowie Aus- und Fortbildungen.
Der Pass beinhaltete auch drei Sprachgutscheine im Gesamtwert von 300 Euro. Damit diese eingelöst werden können, musste man Info-Module besuchen, die zu unterschiedlichen Themen angeboten worden sind. Die Module hatten im Durchschnitt rund 7.400 Teilnehmende jährlich, 12.000 Sprachgutscheine wurden dabei eingelöst.
Zielerreichung nicht messbar
2008 hat die MA 17 mehrere Ziele formuliert, die mit "StartWien" verfolgt wurden, etwa Nutzung des Potenzials der Neuzuwandernden, spezielle Integrationsangebote, Vermittlung und klare Kommunikation der Anforderungen an ein Leben in Wien. Der StRH kritisierte, dass eine regelmäßige externe Evaluierung dieser Ziele nicht stattfand und die Ziele seit 15 Jahren nicht geändert wurden.
Außerdem wurden die formulierten Ziele nicht operationalisiert und mit entsprechenden Kennzahlen hinterlegt, weshalb die "Zielerreichung nicht direkt messbar war". Und: man empfiehlt eine neuerliche Kundenbefragung. "StartWien" teilte mit, dass man Anfang des Jahres die Erfassung der Zielgruppen erweitert und vereinfacht habe und man künftig anhand der MA 35-Zahlen die genaue Größe der Zielgruppe messen wird.
Kritik wegen Sprachgutscheinen
In einem weiteren Punkt des Berichts war die Abrechnung der Wiener Sprachgutscheine ein Thema. Eine stichprobenweise Prüfung der Abrechnung zeigte, dass die abgerechneten Gutscheine vollständig vorlagen. Jedoch fehlte auf den Listen der Jahre 2020 und 2021 überwiegend die im Abrechnungsleitfaden vorgesehene Bestätigung eines Info-Moduls.
"StartWien" teilte dazu mit, dass während der Corona-Pandemie Info-Module nur online abgehalten werden. "Die Einlösung der Gutscheine war in diesem Zeitraum ohne Bestätigungsnachweis möglich", heißt es. Doch seit März 2023 muss man wieder an einem Präsenzmodul teilnehmen.
840.000 Euro Gesamtkosten jährlich
Zusätzlich kritisierte man das Fehlen einer schriftlichen Kommunikationsstrategie. Laut MA 17 wurde "generell der Kommunikationsansatz verfolgt, dass alle Kundinnen bzw. Kunden unmittelbar bei ihren Behördenwegen in der MA 35 angesprochen werden sollten". Die Empfehlung, eine schriftliche Kommunikationsstrategie festzulegen und diese zu evaluieren will man umsetzen, heißt es von "StartWien".
Insgesamt beliefen die Gesamtkosten für das Projekt in den sechs genannten Jahren etwa 840.000 Euro jährlich. Diese setzten sich aus u. a. Leistungen für Druckwerke, Honorare, Callcenter, Übersetzungen und Studien. Außerdem abgerechnet wurden die Sprachgutscheine.
In einer Aussendung kritisierte die Wiener Volkspartei das StartWien-Programm, welches sich "exemplarisch für die Wiener Integrationspolitik" als "teuer und ineffektiv" entpuppte. "Die Kritik ist haarsträubend: Es existiert keine messbare Zieldefinition, entsprechend kann nicht nachgewiesen werden, ob das Programm irgendeinen Beitrag zur Integration leistet", so Integrationssprecherin Caroline Hungerländer.
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