Börsenspekulation?
Wien Energie verkauft mehr Strom, als sie produziert
Die Wien Energie ist in einer finanziellen Notlage. Die Stadt Wien hat über die Notkompetenz bereits 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt - ohne das Wissen des Gemeinderats. Für Fragezeichen sorgt auch die Tatsache, dass das Unternehmen dreimal mehr Strom an der Börse verkauft, als es selbst produzieren kann. Finanzstadtrat Peter Hanke wies den Vorwurf der Börsenspekulation zurück.
WIEN. Die Wien Energie braucht bis Dienstagmittag zwei Milliarden Euro vom Bund. Das war einem Schreiben von Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Montag zu entnehmen. Grund dafür sind die Handelsgeschäfte des Unternehmens an den Energiebörsen. Um diese abschließen zu können, müssen finanzielle Sicherheiten - sprich: eine Kaution - hinterlegt werden.
Die Preise an den Börsen sind am vergangenen Freitag aber drastisch gestiegen, demnach steigt auch die Höhe der nötigen Kaution. Diese kann die Wien Energie, eine 100-prozentige Tochter der Wiener Stadtwerke und somit im Eigentum der Stadt Wien, aber nicht mehr selbst stemmen.
Zuschuss der Stadt durch Notkompetenz
Bereits zweimal hat die Stadt Wien mit jeweils 700 Millionen Euro ausgeholfen. Allerdings ohne den Wiener Gemeinderat darüber in Kenntnis zu setzen. Rechtlich war das durch die Notkompetenz von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) möglich. Während die Opposition in Wien schäumt und von einem „roten Finanzskandal“ spricht, fragt man sich auch, wie es überhaupt soweit kommen konnte.
"Werden die 2 Mrd. Euro noch brauchen"
Im ZiB2-Interview am Montagabend überraschte Finanzstadtrat Hanke zunächst mit der Aussage, die zwei Milliarden Euro würden nun doch nicht bis Dienstagmittag gebraucht werden. Im Gegenteil: Die Wien Energie erhalte sogar eine Gutschrift in Höhe von mehreren hundert Millionen, da die Strompreise am Montag an den Börsen wieder leicht gefallen sind.
Die zwei Milliarden Euro sollen aber dennoch vom Bund in die Wien Energie fließen. „Vielleicht brauchen wir sie in einigen Tagen“, denn vorhersehbar seien die Handelspreise derzeit nicht. „Wir brauchen einen Spielraum“, so Hanke. Der Finanzstadtrat fordert von der Bundesregierung einen „Schutzschirm“ nach dem Vorbild zahlreicher anderer europäischer Länder wie etwa Deutschland, Frankreich und Schweiz.
Gemeinderat wird im September informiert
Darin, dass die Stadt Wien insgesamt schon 1,4 Milliarden Euro an Garantien für die Wien Energie gestellt hat, aber weder den Bund noch den Wiener Gemeinderat darüber informiert hat, sieht Hanke kein Fehlverhalten. „Das ist keine Geheimniskrämerei, sondern die Notkompetenz für Zeiten, wo der Gemeinderat nicht tagt“, verteidigte Hanke das Stillschweigen. Man werde dies bei der ersten Ausschusssitzung nach der Sommerpause im September tun.
Börsenspekulationen der Wien Energie?
Obwohl zuvor mehrmals dementiert, scheinen Spekulationen der Wien Energie an den Börsen aber durchaus einer der Treiber für die derzeitigen Liquiditätsprobleme zu sein. Auf die Frage von ZiB2-Anchor Armin Wolf, warum die Wien Energie zuletzt dreimal so viel Strom verkauft hat, als sie selbst im Jahr produzieren kann, wusste Hanke nicht so recht eine Antwort.
Er betonte, dass es darum gehe, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für die Wienerinnen und Wiener zu erlangen. Der Handel sei seitens der Wien Energie zudem notwendig, da das Unternehmen - anders als etwa Vorarlberg oder Tirol - weit weniger Eigenproduktion habe. Warum dann erst recht mehr Strom verkauft wird, blieb unbeantwortet.
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