"Standard"-Sager
Wiens Politik über Nepps Aussagen besorgt, ÖVP "befremdet"

FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp (r.), hier zu sehen mit dem freiheitlichen Bundesparteiobmann Herbert Kickl, macht mit einem scharfen Sager auf sich aufmerksam. Es hagelt Kritik. (Archiv) | Foto:  GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com
6Bilder
  • FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp (r.), hier zu sehen mit dem freiheitlichen Bundesparteiobmann Herbert Kickl, macht mit einem scharfen Sager auf sich aufmerksam. Es hagelt Kritik. (Archiv)
  • Foto: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com
  • hochgeladen von Johannes Reiterits

Am Dienstagabend veröffentlicht "Der Standard" einen kritischen Artikel über FPÖ-Nationalratsabgeordnete. In geheimen Aufnahmen äußern sie sich verachtend gegenüber der ÖVP, Migranten und auch der EU. Die FPÖ Wien reagiert wiederum prompt darauf, will dem Medienhaus gar die Presseförderung streichen. FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp erklärte mit einer Anspielung den "Standard" gar zum "Scheißblatt". Während es harte Äußerungen dazu hagelt, verteidigt er seinen Sager.

Aktualisiert am 15. Jänner, 15 Uhr

WIEN. Es brodelt ordentlich in der Spitzenpolitik. Und das nur eine Woche, nachdem der freiheitliche Bundesparteiobmann Herbert Kickl vor die Presse trat und Regierungsverhandlungen mit der ÖVP bekanntgab.

Ausgelöst hat dies ein Online-Bericht der Tageszeitung "Der Standard". Dem Medium liegen laut eigenen Aussagen Aufnahmen eines französischen Fernsehsenders vor, in dem die Wiener FPÖ-Nationalratsabgeordneten Harald Stefan und Markus Tschank zu sehen und hören sind. Bei einem freiheitlichen Stammtisch in Simmering teilen sie ordentlich gegen den möglichen künftigen Koalitionspartner ÖVP aus. Migranten müsse man "mit aller Rigorosität, mit aller Staatsgewalt vor die Türe setzen". Und eigentlich müsse man aus der EU austreten. MeinBezirk berichtete:

Hochrangige FPÖ-Politiker poltern gegen ÖVP, Migranten & EU

Jetzt gehen die politischen Wogen hoch. Kurz nach der Veröffentlichung des Artikels meldet sich die FPÖ Wien öffentlich zu Ort. Man spricht angesichts der geheimen Aufnahmen von "Stasi-Methoden" und "Spitzeljournalismus". FPÖ Wien-Landesparteisekretär Lukas Bruckner sieht gar politischen Aktivismus in dem Artikel. Er fordert eine drastische Maßnahme: "Politischer Aktivismus sollte keinesfalls über die Presseförderung mit öffentlichen Steuergeldern finanziert werden". Man schließt jegliche Zusammenarbeit mit Medien kategorisch aus, "die sich bewusst illegalen Materials bedienen, um der FPÖ zu schaden".

Grüne: "Offene Drohung der FPÖ"

Noch einen Schritt weiter geht der Wiener FPÖ-Chef und Spitzenkandidat für die kommende Wien-Wahl, Dominik Nepp. Auf X lässt er seinem Unmut freien Lauf. Er teilt den Artikel von "Der Standard" und schreibt in Anlehnung an den Nationalratswahlkampf-Slogan seiner Partei: "5 gute Jahre, wenn es mit diesem 'Scheißblatt' endlich vorbei ist."

Nicht nur diese Äußerung, sondern auch die Aussage über eine mögliche Streichung der Presseförderung lässt jetzt wiederum im oppositionellen Lager die Wogen hochgehen. Die Parteivorsitzende der Grünen Wien, Judith Pühringer, sieht in den Aussagen Nepps eine "offene Drohung der FPÖ, die sich an alle freien Medien in Österreich richtet und ein gravierender Angriff auf die Pressefreiheit in Österreich". Der verhandelnden ÖVP richtet sie dazu aus: "Sollte noch jemand Zweifel gehabt haben, wie es die FPÖ mit der Pressefreiheit hält, herrscht jetzt endgültig Klarheit. Das ist das Playbook der Rechtsextremen und Autoritären. Die ÖVP ist gut beraten, schnell auf die Notbremse zu steigen".

GPA: "Nicht zur Tagesordnung übergehen"

Auch die Gewerkschaft der Privatangestellten, in dieser ist die "Journalist:innenengewerkschaft" verankert, meldete sich bis Mittwochmittag zu Wort: "Die auf der Plattform X getätigte Aussage des Wiener FPÖ-Parteiobmanns Dominik Nepp, die Tageszeitung 'Der Standard' sei ein Sch...blatt und er freue sich auf das Ende dieser Zeitung, ist eine unverhohlene Drohung und ein beispielloser Angriff auf die Pressefreiheit in Österreich", sagen deren Vorsitzende Barbara Teiber (GPA) und Ute Groß ("Journalist:innengewerkschaft" GPA). Man appelliert "an die demokratische Öffentlichkeit, solchen Tendenzen entschieden entgegenzutreten. Insbesondere die ÖVP, die sich aktuell in Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ befindet, muss dagegen klar Stellung beziehen".

FPÖ Wien-Chef Domink Nepp teilt auf X gegen die Tageszeitung "Der Standard" aus. | Foto:  Michael Indra / SEPA.Media / picturedesk.com
  • FPÖ Wien-Chef Domink Nepp teilt auf X gegen die Tageszeitung "Der Standard" aus.
  • Foto: Michael Indra / SEPA.Media / picturedesk.com
  • hochgeladen von Johannes Reiterits

"Wenn Journalistinnen sowie Journalisten und Medien, die ihre Arbeit machen, von Spitzenrepräsentanten politischer Parteien offen bedroht werden, dann schrillen alle Alarmglocken", und es könne "nicht kommentarlos zur Tagesordnung übergegangen werden", so die Vorsitzenden.

Auch die Menschenrechtsorganisation "SOS Mitmensch" sieht einen Angriff auf die Pressefreiheit: "Mit einer FPÖ, die eine Qualitätszeitung aufgrund kritischer Recherchen killen will, während sie gleichzeitig rechtsextreme Verschwörungsmedien fördert, ist kein demokratischer Staat zu machen", betont deren Sprecher Alexander Pollak. "Eine ÖVP, die der FPÖ nach diesem Angriff auf die Pressefreiheit noch immer zur Kanzlerschaft verhelfen will, macht sich zur Komplizin einer Bedrohung der demokratischen Fundamente unserer Republik", so Pollak. Er fordert den sofortigen Abbruch der Koalitionsgespräche.

ÖVP: Macht Verhandlungen "nicht leichter"

Mittlerweile hat sich auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu dem Thema geäußert. Gegenüber dem "Spiegel" gab er bereits früh einen Kommentar ab. Demnach stellt Ludwig klar: "Es handelt sich bei der FPÖ nie um Einzelfälle, sondern dieses Verhalten hat System". Den "Scheißblatt"-Sager von Nepp bezeichnet der Stadtchef als "besonders besorgniserregend", eine Regierungsbeteiligung der FPÖ sei "eine Gefährdung für die liberale Demokratie und unabhängige Medien". Auf seinem X-Kanal wiederholt der Stadtchef seine Kritik inhaltlich.

In einer schriftlichen Stellungnahme am Mittwochvormittag reagierte auch die kommentierte Volkspartei: "Wir sind befremdet über die Aussagen der FPÖ-Politiker, die sich offen einen Austritt aus der Europäischen Gemeinschaft wünschen". Für die ÖVP sei klar, dass ein mögliches Regierungsprogramm "klar proeuropäisch" sein muss und man einen "Öxit" ablehne.

Maria Rauch-Kallat, Frauensprecherin der ÖVP (Archiv) | Foto: Rene Brunhölzl
  • Maria Rauch-Kallat, Frauensprecherin der ÖVP (Archiv)
  • Foto: Rene Brunhölzl
  • hochgeladen von Mauro Maloberti

Maria Rauch-Kallat, Frauensprecherin der ÖVP, sagte gegenüber dem "Standard", dass solche Ereignisse die Zusammenarbeit der zwei Parteien "sicher nicht leichter" machen würden und den laufenden Koalitionsverhandlungen werde das "sicher" schaden.

Nepp sieht "Doppelmoral"

Der freiheitliche Wiener erinnert an einen Fall, in dem der Eigentümer der Tageszeitung "Heute" einen Pensionisten geklagt hatte, da dieser das Medium ebenso als "Scheißblatt" auf X benannte. Der Fall landete im November 2024 vor Gericht, der ältere Herr gewann in erster Instanz den Rechtsstreit. Der Richter folgte damals der Argumentation der Verteidigung, dass die Bezeichnung aus dem Kontext gerissen wurde und daher nicht als Beleidigung an sich gesehen werden könne. Das Urteil war nicht rechtskräftig.

Nepp zieht dazu einen Vergleich mit seiner Aussage und sieht eine klare Doppelmoral: "Einige hysterische Reaktionen auf meinen 'Standard-Sager' sind bezeichnend für die Doppelmoral der Linken. Als die Tageszeitung 'Heute' als 'Scheißblatt' bezeichnet wurde, haben SPÖ, Grüne und die linke Journalistenblase gejubelt und wollten gleich ein Fundraising für den Verfasser im Falle einer gerichtlichen Verurteilung starten".

Wenn es darum gehe, "dem Boulevard Förderungen wegzunehmen, gibt es ebenfalls tosenden Applaus im linken Lager. Aber kaum wagt es ein Nicht-Linker, den Spieß umzudrehen und die Linken mit ihren eigenen Medienzensurplänen zu konfrontieren, ist plötzlich die Freiheit der Medien und die Demokratie in Gefahr. Den Linken wurde wieder einmal der Spiegel vorgehalten. Und sie sind auch diesmal das Opfer ihrer eigenen Scheinheiligkeit geworden", stellt Nepp seine Sichtweise klar. Und er poltert gegen weitere Medienhäuser. "In diesem Sinne: einen schönen Tag in alle Redaktionsstuben Österreichs - vom ´Falter´ über den ´ORF´ bis zu ´Standard´ und ´Profil´".

Weitere Themen:

Kritik an Ablehnung von Gastpatienten in Wiener Spitälern
Austria-Stadion-Deal rückt näher, Gutachter bestellt
FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp (r.), hier zu sehen mit dem freiheitlichen Bundesparteiobmann Herbert Kickl, macht mit einem scharfen Sager auf sich aufmerksam. Es hagelt Kritik. (Archiv) | Foto:  GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com
FPÖ Wien-Chef Domink Nepp teilt auf X gegen die Tageszeitung "Der Standard" aus. | Foto:  Michael Indra / SEPA.Media / picturedesk.com
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht ebenso die Pressefreiheit in Gefahr. | Foto: Michael Indra / SEPA.Media / picturedesk.com
Maria Rauch-Kallat, Frauensprecherin der ÖVP (Archiv) | Foto: Rene Brunhölzl
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). (Archiv) | Foto: Max Spitzauer/MeinBezirk
Judith Pühringer (Grüne), Archiv | Foto: Max Spitzauer/MeinBezirk

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Hier gehts zu den aktuellen Nachrichten aus Wien

Breaking News als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook

MeinBezirk auf Instagram

MeinBezirk auf Twitter

MeinBezirk auf WhatsApp

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus deinem Bezirk und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Foto des Tages einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.