Leserbrief von Arch. Peter Hudritsch:
Gedanken zu Badens Ortsbild-Schutzzonen

Kommentar zur Badener (Ortsbild-) Schutzzonenregelung

  • Verleihung Denkmalschutzmedaille 2022 durch Ministerium f. Kunst+Kultur und Bundesdenkmalamt an Hans Hornyik für dessen Engagement als Badener „Stadtrat für Denkmal- und Stadtbildpflege“ für Entwicklung eines sog. „NÖ Schutzzonenmodells“ bietet Gelegenheit, sich näher mit dem ho. etablierten „Badener Schutzzonenmodell“ auseinander zu setzen. 

  • Dieses gegenüber den üblichen Baubestimmungen weitergehende Reglement wurde vor rund 20 Jahren in Bebauungsplan und zugehörigen Bebauungs-vorschriften zum besonderen Schutz des Orts- bzw. Stadtbildes eingeführt und seither mit unzähligen – vom Gemeinderat ohne weitere Diskussion beschlossenen Abänderungen und Ergänzungen – fortgeführt.

  • Nach sukzessiven Erweiterungen sind bereits mehr als die Hälfte des Badener Siedlungsgebietes, möglicherweise sogar bis zu 70%, als „Schutzzone“ ausgewiesen, und wird hier jede bauliche Veränderung zusätzlich auf sog. „Schutzzonen-Verträglichkeit“ geprüft.

  • Als Architekt, Ortsplaner und SV für Denkmal- und Ortsbildfragen habe ich bereits frühzeitig (ohne Resonanz) auf die damit verbundenen Problematiken hingewiesen und sehe diese in der Praxis weitgehend bestätigt: 

  • An sich ist im NÖ ROG klar geregelt, was Inhalt eines Bebauungsplanes sein darf und welche allgemeinen Regeln für die Bebauung gelten bzw. seitens der jeweiligen örtlichen Baubehörde ergänzend vorgegeben werden dürfen (§§ 30-31 NÖ ROG). So darf in Schutzzonen mit einem baukünstlerisch oder historisch erhaltungswürdigen Baubestand zu mehr als 70% aus der Zeit vor 1945 auch ein Abbruchverbot sowie die anzuwendende Bauform und Technologie vorge-schrieben werden. 

  • Ein „NÖ-Schutzzonenmodell“ existiert jedoch nicht, sondern haben mehrere Kommunen – offenbar vom Badener Beispiel angeregt – jeweils „selbst gestrickte“ und durchaus unterschiedliche Regelungen eingeführt, um die Beurteilung von Bauvorhaben gemäß Ortsbild-Paragraphen (§ 56 NÖ BO) – wonach Neu-, Zu- und Umbauten grundsätzlich so zu gestalten sind, dass sie dem Orts- und Landschaftsbild gerecht werden und den Umgebungsbereich nicht wesentlich beeinträchtigen – zumindest für erklärte „Schutzzonen“ zu formalisieren und (für die Behörde selbst) zu erleichtern.

  • In Baden wurden gleich 5 unterschiedliche Schutzzonen-Typen „erfunden“ („Zentrumszone“ bis „dörflicher Bereich“), diese nochmals in 4 Kategorien unterteilt („Denkmalschutzobjekte“ bis „Ortsbildzone“) und finden sich in den zugehörigen (seitenlangen) allgemeinen und besonderen Bebauungsvorschriften zahlreiche konkrete sowie diffuse Vorgaben für die Gestaltung diverser Bauelemente.

  • Unverständlich ist einerseits, dass für die Schutzzonentypen keinerlei Charakterisierung – entweder als übergeordnete Struktur oder als nachvollzieh-bar abgegrenztes Ensemble – vorliegt, und die kleinteilige – meist bauplatz-bezogene (!) – weitere Untergliederung kaum eine sinnvolle oder praktikable Zu-sammenschau ermöglicht, andererseits etliche Gestaltungsregeln einer weiteren Interpretation bedürfen.

  • Zu dieser – von vorneherein – fragwürdigen und in jeder Hinsicht interpretierbaren Plan- und Text-Grundlage kommt noch die Prüfung der „Schutzzonen-Verträglichkeit“ in einem gesonderten „Schutzzonen-Gutachten“ durch unter-schiedliche „Schutzzonen-Kommissionen“ oder auch nur „einem Sachverständigen für Denkmalpflege“ (für welchen in Baden i.d.R. ein Mitarbeiter des Bundesdenkmalamtes (BDA) herangezogen wird, auch wenn dieser Behörde in Ortsbildfragen keinerlei Zuständigkeit zukommt). 

  • Allgemeine Praxis in der Badener Baubehörde scheint jedoch zu sein, dass sich bereits die Baureferenten als „Schutzzonen-Verträglichkeits-Prüfer“ generieren und i.d.R. ohne ausdrückliches Gutachten den eingeschüchterten Bauinteressen-ten oder Planern diverse historisch nachempfundene Gestaltungselemente für das Erlangen einer Baugenehmigung „nahe legen“. Neben überschießenden Vorgaben kann es dabei durchaus vorkommen, dass diese sachlich nicht gerechtfertigt sind, bzw. in Einzelfällen sogar gesetzlichen Grundlagen widersprechen.

  • In solchen Fällen wäre den Bauwerbern dringend zu empfehlen, zumindest auf einer Begutachtung durch die angeführten Kommissionen bzw. SV zu bestehen, sowie ein schriftlich ausgefertigtes „Schutzzonengutachten“ als Grundlage für allenfalls weitere Rechtsmittel (Berufung, Beschwerde) zu verlangen.

  • Die Tatsache, dass individuelle Vorgaben zufolge unklarer bzw. beliebig inter-pretierbarer Richtlinien sachlich oft nicht ausreichend begründet werden können, hat auch in Baden nicht selten zu Unverständnis bei den Betroffenen geführt, hin und wieder sogar in den Lokalzeitungen ihren Niederschlag gefunden.

  • Eine Ursache für die Skepsis von Bauwerbern und Planern gegenüber Schutz-zonen dürfte auch darin begründet sein, dass die damit verbundenen Ein-schränkungen und Auflagen kaum vorherseh- und abschätzbar sind, es sich meist um intransparente Verfahren handelt, die mit Verweis auf „Amtsverschwiegenheit“ sowohl für manche Parteien, als auch den Gemeinderat und die Öffentlichkeit stets im Dunkeln verbleiben.

  • Da Empfehlungen bzw. Entscheidungen zu Fragen einer Schutzzone jedoch nicht losgelöst von geltenden gesetzlichen Bestimmungen getroffen werden dürfen und möglicherweise die vom Gemeinderat verordneten Bebauungs-bestimmungen durch weitergehende Interpretationen unmittelbar berührt oder gar beeinflusst werden, wäre es zur Vermeidung eines rechtsfreien Raumes unbedingt notwendig, dass auch diese in entsprechender Form öffentlich dargelegt werden, einerseits zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit, anderseits als Richtschnur für ähnlich gelagerte Fälle sowie Vermeidung von Ungleichbehandlungen. 

  • Resumierend ist festzustellen, dass das – möglicherweise über die Dienststelle des Herrn StR Hornyik in ähnlicher Form auch auf andere Kommunen übertragene – „Badener Schutzzonenmodell“ leider kein Instrument zur Hebung der Baukultur geworden ist, in Detailfragen eher zu einer problematischen „Neuinterpretation“ längst untergegangener Bautraditionen und aufreibenden Diskussionen mit Bauherren und Planern geführt hat, während die oft wirklich relevanten Belange neuer Bauvorhaben (das Volumen, die Proportionen, die Großform u .dgl.) im Verhältnis zum Bezugsbereich vielfach unbeachtet blieben.

  • Nach 20-jähriger Beobachtung wäre es m.E. daher an der Zeit, eine vorbehalts-lose Evaluierung des „Badener Schutzzonenmodells“ durch unabhängige Fach-leute vorzunehmen. 
Vielleicht kann sich der kürzlich geehrte Stadtrat für eine Offenlegung der Tätig-keit diverser Schutzzonen-Kommissionen einsetzen, um – ev. unter Einbezie-hung betroffener Bauwerber und Planer – einen Abgleich der bisherigen Rege-lung samt jeweiliger Vorgaben mit den tatsächlich erzielten Ergebnissen in Bezug auf den Ortsbildschutz herstellen zu können.

  • Diese Untersuchung könnte Grundlage für eine Überarbeitung des Badener Schutzzonenmodells mit dem Ziel sein,
  • den Schutzzonenbereich auf das tatsächlich sinnvolle und notwendige Ausmaß zu begrenzen;
  • die hiefür notwendigen Regeln zur Vermeidung von Diskrepanzen systematischer und klarer darzulegen;
  • das Verfahren zur Beurteilung der „Schutzzonen-Verträglichkeit“ eines Bauvorhabens mit dem „Ortsbild- bzw. Schutzzonengutachten“ – das eben kein Denkmalschutzgutachten sein kann – hinsichtlich der Vorgangsweise, fachlichen Besetzung und rechtlichen Wirksamkeit abzuklären;
  • sowie Erfordernisse für eine (neutralisierte) Dokumentation der jeweiligen Verfahren zu entwickeln, welche sowohl als Referenz als auch Richtschnur für gleichartige Fälle dienen kann, sowie als Nachweis für die Gleichbehandlung der Bauwerber.

Architekt und  Sachverständiger
DI PETER HUDRITSCH
24.11.2022

zum Artikel: Architekt kritisiert Badener Ortsbild-Schutzzonen

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