Krampus, Nikolaus und die Dualität
Achtsamkeits-Adventkalender 5. Türchen
„Wer schlimm ist, den holt der Krampus und wer brav ist, der bekommt Lob vom Nikolaus.“
Ab dem Kleinkind-Alter wurde meiner Generation diese Geschichte vorgelebt. Wir gingen neugierig nach draußen, um die dunklen Gestalten erst anzutreffen, um dann doch nur davonzulaufen oder uns der Mutprobe zu stellen und von der Rute erwischt zu werden.
Nunmehr ist der Brauch pädagogisch äußerst fragwürdig. Christoph Waltz erzählte in einer amerikanischen Late-Night-Show 2015, der Brauch funktioniere nach dem Traumatisierungs-Prinzip, wer nicht gut genug sei wird geschlagen vom Krampus, dem Assistenten des Heiligen Nikolo. Während der Krampus also teuflisch und wild sein „Opfer in die Butte packen will“, verstecken sich die Kinder hinter ihren Eltern und hoffen auf den Segen des barmherzigen Nikolaus.
Dualität
Es ist jedoch nicht nur ein Phänomen des 5. Dezember. Wir leben in einer Welt der Dualität. Es gibt kein Licht ohne Schatten, kein Auf ohne Ab, keine Freude ohne Leid. Oder doch?
In der Yogaphilosophie wird ein leidloses Dasein angestrebt. Bist du frei von Besitzanspruch und Gedanken, gerätst du in einen glücklichen Seinszustand. Lässt du also deine erlernten Glaubenssätze los, hast du die Lizenz zum freudvollen Leben.
Verabschiede dich davon „Lob erhalten und brav sein müssen“. Du brauchst nicht auf den symbolischen Krampus warten, der dir die Rute ins Fenster stellt und dir suggeriert du seist „nicht gut genug“. Bringe dich selbst in unabhängige Wertschätzung. So wie du als Baby auf die Welt gekommen bist, bevor dich Kultur und Gesellschaft geprägt haben, betrachte dich mit bedingungsloser Liebe. Diese Liebe, diese Güte, die du vom Nikolaus erhoffst, darfst du dir auch selbst schon am Krampustag schenken.
Marlies Eichelberger ist freie Redakteurin, Autorin und Achtsamkeits- und Yogatrainerin. Mehr zum Thema Achtsamkeit, Resilienz und wacher Entspanntheit gibt es in ihren Trainings.
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