Kapfenberger Familie: "Wir hatten das Virus – oder auch nicht!"

Das Autorentrio in einer Illustration: Gemeinsam werden Erlebnisse und Anekdoten rund ums Coronavirus verarbeitet. | Foto: Illustration: Riedler
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  • Das Autorentrio in einer Illustration: Gemeinsam werden Erlebnisse und Anekdoten rund ums Coronavirus verarbeitet.
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Eine ungewöhnliche Krankengeschichte: Drei Mitglieder einer vierköpfigen Familie wurden obwohl an Corona erkrankt, nie positiv auf Covid-19 getestet.

Einfachhalber nennen wir die Familie aus Kapfenberg Vater, Mutter, Sohn, Tochter. Die Namen sind der Redaktion bekannt. In einem persönlichen Gespräch erzählen sie über ihre Leidensgeschichte, ausgelöst durch das Virus Covid-19. "Wir dürften uns sehr früh angesteckt haben, Symptome sind bei meiner Frau bereits am 19. März und bei mir am 25. März aufgetreten. Bei späteren Tests hat sich herausgestellt, dass auch unser Sohn infiziert war – mit leichten Symptomen. Einzig unsere Tochter blieb verschont", beginnt der Mann zu erzählen.

Warum wir mit unserer Geschichte an die Öffentlichkeit gehen? "Wir gehörten sicherlich zu den ersten Corona-Fällen im Mürztal. Vieles war auch für die Behörden Neuland. Was wir nicht wollen: Behörden, Institutionen und das Gesundheitssystem an den Pranger stellen. Wir sind heilfroh, dass uns die doch überaus schwere Erkrankung hier in Österreich erwischt hat und nicht in einem anderen Land", sagt der Mann. Seine Frau ergänzt: "Jetzt, nachdem alles überstanden ist, können wir über manch Geschehenes lachen. Wir möchten unsere Erlebnisse in humorvoller Weise aufarbeiten und als Buch veröffentlichen." Das Buch soll mithelfen, den Behörden die andere Seite zu zeigen, also die Sichtweise der Betroffenen. "Im Hinblick auf eine mögliche zweite Welle wäre es ratsam, Leitfäden zu überarbeiten und bürokratische Hürden abzubauen.
Im Buch, das gemeinsam mit einer Brucker Sozialarbeiterin erstellt wird, geht es aber nicht nur um die persönlichen Erlebnisse der an Covid-19 erkrankten Familie. Die Autoren haben viele weitere kuriose Geschichten gesammelt. Eine Buchpräsentation in der WOCHE erfolgt nach deren Fertigstellung Ende Mai.

Was ist das Problem?

Wo lag eigentlich das Problem? "Einerseits im Krankheitsverlauf. Ich habe auch schon Grippe gehabt, aber das hier war etwas völlig Anderes, weitaus heftiger", sagt die Frau. "Ich habe sowieso den Jackpot mit Corona und bakterieller Lungenentzündung geknackt, aber der Jackpot nicht mich", erzählt der Mann. Beide waren aber nie im Krankenhaus. "Das wäre die nächste Option gewesen – knapp dran waren wir", sagte die Frau.
Sehr gut geklappt hat die Unterstützung vor Ort. "Von unserer Hausärztin Judith Fürst und von der Lungenfachärztin Sandra Auer wurden wir überaus kompetent und zuvorkommend unterstützt. Auf diesem Weg möchten wir uns dafür auch ganz herzlich bedanken."
Wo lag jetzt wirklich das Problem? "Man hat uns ganz einfach nicht ernst genommen! Wir fühlten uns als Spielball zwischen Gesundheitstelefon 1450 und der zuständigen Gesundheitsbehörde. Weil wir nie in einem Risikogebiet waren – sehr wahrscheinlich hat sich meine Frau beim Einkaufen in der Apotheke oder beim letzten Arbeitstag angesteckt, was von den Behörden nie nachverfolgt wurde – wurde auch von offizieller Seite zu dieser Zeit nie ein Test an uns durchgeführt."

Offiziell nie "Corona-krank"

Als der Mann mit starkem Husten, hohem Fieber und Atemproblemen bei einer zuständigen Stelle angerufen hat, wurde ihm lediglich geraten, Thymian-Honig-Zitrone-Tee zu trinken. Sämtliche Tests haben wir uns selbst organisiert – insgesamt drei Mal – und auch selbst bezahlt. Erst nach drei Wochen, als über unsere Hausärztin die Meldung eines Antikörper-Positiv-Testes an die Behörde gemeldet wurde, gab es für meine Frau einen PCR-Test, der war dann aber negativ, weil die Krankheit schon abgeklungen war. Offiziell gilt nur meine Frau als "bisschen" Corona-Fall (allerdings auch nur in der Statistik „gemeldete Tests“, nie als „coronakrank“ oder „coronagenesen“), mein Sohn und ich sind Dunkelziffern", sagt der Mann lachend.

"Wir scheinen in keiner Statistik auf, dafür aber im Buch", fügt er schmunzelnd hinzu. Jetzt würden alle drei gerne helfen und Plasmaspenden, „weil Antikörper in den Tests nachgewiesen wurden“. „Geht aber nicht“, erzählt der Mann, „weil offiziell waren wir ja nie krank, wie können wir jetzt nach dem System nach immun sein?“

Wie kräftig der Amtsschimmel wiehert, lässt sich anhand einer Episode der Frau erkennen: „In dieser Zeit war ich krankgeschrieben, nachdem alles überstanden war, kam die Krankenkasse mit einem Schreiben, dass die Krankmeldung aufgrund Absonderung nach dem Epidemiegesetz (Quarantäne) in deren Systeme nicht anerkannt werden kann.“ – Viele dieser Episoden werden sich im Buch wiederfinden.

Auszug aus dem Buch:

Warum Hamster alles in ihre Backen stopfen?

Ein eifriger Hamster hatte sich für den Winter ein gigantisches Bauwerk geschaffen. Natürlich musste er noch Vorräte sammeln, um in der kalten Jahreszeit über die Runden zu kommen.
Der tüchtige Nager wurde gleich fündig. Er schaffte es, zweiundvierzig Sojabohnen in seine Hamsterbacken zu stopfen, um diese in seinem beeindruckenden Bau zu verstecken. Vor lauter Eifer war er kaum mehr zu stoppen. Als das ausdauernde Tierchen mit der nächsten vollen Backe zu seiner Behausung kam, erschrak er. Diese war mitsamt den Vorräten eingestürzt. In der Nähe spielten Kinder, die der Verwüstung nach für das Missgeschick verantwortlich waren. Mühsam versuchte der kleine Hamster, das Chaos in den Griff zu bekommen. Er befreite die Vorräte von der Erde und reparierte sein mühsam errichtetes neues Häuschen wieder.
Als der Bau fertig war, füllte das fleißige Tierchen sein Lager wieder mit unzähligen Leckereien auf. Die Vorratskammer hatte er großzügig berechnet, sodass anstatt der für einen Hamster grundsätzlich ausreichenden zwei Kilogramm sogar zwanzig Kilogramm an Nahrungsmitteln eingelagert werden konnten. Da er befürchtete, mit zu wenig Vorräten den strengen Winter nicht zu überstehen, füllte er die Kammer vollständig an. Nach getaner Arbeit kroch er in sein Schlafgemach und nickte erleichtert ein.

Erklärung:
Wie der Hamster in der Geschichte, kauften auch viele Menschen während der Coronakrise mehr ein, als sie zum Leben brauchten.
Hinter diesem Verhalten steckt unter anderem die Sorge, dass es zu einem Engpass in der Lebensmittelversorgung kommen könnte. Zu diesem kam es aber nie wirklich. Bei gewissen Produkten wie WC-Papier oder Nudeln waren die Regale zwar zwischenzeitlich wie leergefegt. Hervorgerufen wurde das Problem aber durch die Menschen, die anstatt einer Packung WC-Papier gleich den Vorrat für ein Hotel aufkauften und so bekamen andere keines mehr.

Während der Hintergedanke von Menschen hinsichtlich einer Bevorratung an Lebensmitteln noch für die meisten nachvollziehbar erscheint, verstehen es viele nicht, warum zum Überleben zehn Packungen WC-Papier benötigt werden. In unterschiedlichen Ländern werden übrigens auch unterschiedliche Produkte "gehamstert". Während Österreicher und Deutsche scheinbar dringend WC-Papier zum Überleben benötigen, kommen Amerikaner laut Medienberichten nicht ohne Waffen aus. Bei diesem Vergleich macht einem die WC-Papiersucht im deutschsprachigen Raum gleich weniger Angst. Es wurde in sozialen Netzwerken vielfach behauptet, dass Franzosen große Mengen an Rotwein und Kondomen horten, während sich Holländer angeblich mit Cannabis zufriedengeben. An dieser Stelle drängt sich in uns die Frage auf: Leben wir im falschen Land?

Was lernen wir daraus?
Eine vernünftige Bevorratung erscheint durchaus sinnvoll. In Zeiten, in denen größere Menschenansammlungen gemieden werden sollten, ist es unter anderem besser, nicht täglich wegen Kleinigkeiten einkaufen zu gehen. Eine gut durchdachte Einkaufsliste kann dabei helfen.
Selbst in Ländern, in denen strikte Quarantänemaßnahmen getroffen wurden, kam es zu Versorgungsproblemen. Daher ist davon auszugehen, dass dies auch bei zukünftigen ähnlichen Umständen nicht der Fall sein wird. Es bleibt zu hoffen, dass die Hamsterkäufer dazugelernt haben, denn wenn jeder nur seinen Anteil kauft bleibt auch genügend für die anderen über.

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