Kapfenberg
Fachhochschul-Baustelle zehrt am Nervenkostüm der Anrainer

- Dieses Gebäude wurde im Hinterhof neu errichtet.
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Bald ist er fertig, der Gesundheitscampus der Fachhochschule Joanneum in der Wiener Straße in Kapfenberg. Die rund eineinhalb Jahre dauernden Bauarbeiten haben den Anrainerinnen und Anrainern jedoch einiges abverlangt.
KAPFENBERG. Im Herbst wird die Freude über die ersten Studentinnen und Studenten, die am neu geschaffenen Gesundheitscampus der Fachhochschule (FH) Joanneum Kapfenberg ihre Ausbildung beginnen, groß sein – zumal sie einen Bereich abdecken, in dem akuter Fachkräftemangel herrscht. Das sehen grundsätzlich auch die Anrainerinnen und Anrainer so, wenn auch die Baustelle einiges an Geduld von ihnen abverlangt hat.

- Andrea Payr ist unmittelbare Anrainerin; sie hat unter der Baustelle extrem gelitten.
- Foto: Payr
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Dauerlicht, Lärm, Schmutz und sich türmender Müll im Hinterhof sind nur ein paar Beispiele, die Andrea Payr stellvertretend für zumindest vier der dort wohnenden Parteien hervorbringt. "Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass dort gebaut wird. Ich sehe das Projekt insgesamt auch als absolute Bereicherung für die Stadt Kapfenberg. Aber was ich schon kritisieren muss, ist, dass wir Anrainerinnen und Anrainer vom Projekt nie wirklich gesondert informiert wurden. Wir haben alles mehr oder weniger über die Medien erfahren müssen," kritisiert sie. "Hätte ich nämlich vorab gewusst, was da auf mich bzw. uns zukommt, hätte ich mir nämlich ernsthaft überlegt, vorher von dort auszuziehen."
Mieterhöhung als Draufgabe
Payr sah sich, so wie die anderen Mieterinnen und Mieter in dem Haus auch, vor wenigen Monaten mit einer Mieterhöhung konfrontiert. "Dafür haben wir aber um fünfzig Prozent weniger Lebensqualität durch die Baustelle bekommen. Das passt für mich nicht zusammen", ärgert sie sich.

- Für Andrea Payr waren durch die permanente Außenbeleuchtung die Nächte zuletzt eher schlaflos.
- Foto: Payr
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Als Beispiele führt sie an: "Auf der Baustelle brennt permanent das Licht, in meinem Schlafzimmer ist es auch nachts taghell – ich kann so gut wie gar nicht mehr schlafen. Dazu kommt der Lärm durch die Maschinen, die lautstarken Unterhaltungen sowie Musikbeschallung durch die Arbeiter; alles ist dreckig, man kommt mit dem Putzen gar nicht mehr nach. Und das schlimmste: Durch einen plötzlich errichteten Schranken hatte die Müllabfuhr nicht mehr die Möglichkeit, unsere Mülltonnen zu entleeren – Gestank und auch Rattenbefall waren die Folge", schüttelt Payr den Kopf.

- Licht auch in der Nacht, in Payrs Schlafzimmer ist es dadurch "taghell", wie sie sagt.
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Immer wieder habe sie, so sagt sie, Kontakt mit Verantwortlichen der FH und auch mit der Stadtgemeinde Kapfenberg aufgenommen – ohne Erfolg, wie sie sagt. Was wäre ihr als Lösung vorgeschwebt? "Mir ist klar, dass an der Baustelle gearbeitet werden muss. Aber es wäre nett gewesen, wenn wir in dieser Zeit, wo wir starke Einschränkungen hinnehmen mussten, weniger Miete bezahlen müssen oder einen Zuschuss bekommen hätten. Oder wenn uns die Reinigung bezahlt worden wäre. Ich kann selbst aufgrund einer körperlichen Behinderung nicht putzen und musste mir jemanden zum Saubermachen suchen; das hat bislang mehr als 1.000 Euro gekostet", so Payr.
Reaktion der Stadtgemeinde
Mit diesen Aussagen konfrontiert, hat man bei der Stadtgemeinde Kapfenberg ein etwas anderes Bild der Lage – zumal die Baustelle in den Zuständigkeitsbereich der FH und keinesfalls in jenen der Stadtverwaltung falle: "Wir haben das vollste Verständnis dafür, dass eine solche Baustelle für die Anrainer nicht gerade angenehm ist. Frau Payr hat sich allerdings erst mit 1. Juli an unser Bürgerservice gewandt, die Baustelle läuft aber bereits seit März 2024. Einen raschen Termin beim Bürgermeister konnten wir in dieser Woche leider nicht anbieten, den vorgeschlagenen Termin am 22. Juli wollte sie dann nicht mehr", erklärt Thomas Schaffer-Leitner, Leiter des Bürgermeisterbüros.

- Bei einer Baustelle sind Lärm und Schmutz leider unvermeidbar.
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"Was die Müllproblematik betrifft, haben wir sofort bei Bekanntwerden reagiert und binnen zwei Tagen eine Lösung mit der Firma Saubermachen herbeiführen können. Die Müllabfuhr hat jetzt einen Schlüssel für den Schranken und kann jetzt jederzeit problemlos zufahren", so Schaffer-Leitner weiter. "Es gab unserer Meinung nach genug Möglichkeiten, das Thema bei diversen Bürgerversammlungen anzusprechen, was aber nicht passiert ist. Sollten die Anrainer unsere Hilfe benötigen: unsere Türen stehen jederzeit offen", verspricht Schaffer-Leitner.
FH: Stets bemüht
Die FH, die als Bauträger die Verantwortung trägt, gibt dazu folgende Stellungnahme ab: "Vom Baubeginn mit Februar 2024 bis zur Fertigstellung des Gesundheitscampus mit Juni dieses Jahres waren wir stets bemüht, die Auswirkungen der Projektumsetzung auf die Bevölkerung – insbesondere auf die Anrainerinnen und Anrainer – so gering wie möglich zu halten. Der Bau konnte dank vorausschauender Planung in etwas mehr als einem Jahr umgesetzt werden. Gesetzliche und behördliche Vorgaben wurden eingehalten; darüber hinaus haben wir über die gesamte Laufzeit zusätzliche Maßnahmen ergriffen, um die Lärm- und Staubbelastung zu minimieren.
Während der Bauarbeiten standen wir laufend im Austausch mit dem Wohnungseigentümer sowie der Hausverwaltung. Auf eingelangte Anliegen der Mieterinnen und Mieter haben wir umgehend reagiert. Derzeit finden letzte Arbeiten statt – etwa die Lieferung und der Aufbau der Einrichtung sowie diverse technische Feineinstellungen, welche bis zum Studienbeginn mit September abgeschlossen sind.

- Bei den Verantwortlichen der FH Joanneum freut man sich schon, im Herbst endlich mit der Ausbildung in Kapfenberg starten zu können.
- Foto: Kern
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Der Gesundheitscampus Kapfenberg ist für die Stadtgemeinde Kapfenberg und die gesamte Obersteiermark ein bedeutender Meilenstein. Er bringt regionale Wertschöpfung und schafft Ausbildungsplätze für dringend benötigte Gesundheits- und Pflegekräfte. An der FH Joanneum legen wir in der Ausbildung großen Wert auf Praxisnähe und die Zusammenarbeit mit regionalen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen – viele unserer Studierenden werden daher bereits während des Studiums in der Region im Pflegebereich tätig sein.
Wir freuen uns darauf, im September 2025 die ersten Studierenden im Herzen von Kapfenberg zum Bachelorstudium „Gesundheits- und Krankenpflege“ begrüßen zu dürfen.
Für das Studium mit Studienstart Herbst 2025 sind noch Bewerbungen bis zum 1. September 2025 möglich."
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