Pistentourengeher oft nicht gern gesehen

Naturerlebnis Skitourengehen: Wenn der Schnee ausbleibt, dann locken die Kunstschneebänder der Liftbetreiber. | Foto: Steiermark Tourismus / Tom Lamm
  • Naturerlebnis Skitourengehen: Wenn der Schnee ausbleibt, dann locken die Kunstschneebänder der Liftbetreiber.
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Bergbahnen und Skiliftbetreiber haben oft keine Freude mit den Pistentourengehern. Lösung nicht in Sicht.

Der Winter ist schneearm. Umso verlockender werden für viele Skitourengeher daher die Kunstschneebänder in den Skigebieten. Wenn schon nicht der Aufstieg entlang der Piste erfolgt, dann zumindest die Abfahrt. Mit diesen Pistentourengehern haben die Liftbetreiber keine große Freude. Obwohl sie sich die vorhandene Infrastruktur (Kunstschnee) zunutze machen, lassen sie kaum Geld da. So kostet ein Kubikmeter Kunstschnee drei bis fünf Euro in der Produktion. Außerdem verstellen sie den Skifahrern die heiß begehrten Parkräume.
Besonders am Stuhleck, Kaltenbachgraben und auf der Brunnalm-Veitsch ist dieses Problem vakant. So heiß wie in Tirol, wo ein Tourengeher einen Pistenraupenfahrer "abwatschte", geht es hierzulande noch nicht zu, Lösungen gibt es auch keine.
In Tirol waren bei einem Runden Tisch mit Vertretern des Landes, des Alpenvereins und der Seilbahnwirtschaft etwaige Strafen für ein Fehlverhalten bei Pistentouren kein Thema mehr. Tirol wolle eher auf Angebotserweiterung und Lenkungsmaßnahmen setzen.

Und in der Hochsteiermark?
Arno Russ, Geschäftsführer der Brunnalm-Lifte: "Auch bei uns ist das Thema sehr präsent, weil wir heuer großteils nur auf der Piste Schnee haben. Das heißt, die Tourengeher können gar nirgends anders hin. Wir haben unten eine Kassa, wo wir sämtliche Tourengeher bitten fünf Euro reinzuwerfen. Bisher waren 15 Euro in der Kassa. Das nächste Problem sind die Parkplätze. Am 6. Jänner habe ich bestimmt 250 Tourengeher gezählt. Hinzukommt, dass wir viel mit Seilpräparierung arbeiten. Wenn Personen außerhalb der Pistenzeiten unterwegs sind, kann das sehr gefährlich werden. Wir sind stets auf der Suche nach einer idealen Lösung für alle Beteiligten – durch Streiten kommen wir nicht weiter – aber haben das Rezept dafür auch noch nicht gefunden.“

Wenig Probleme in Aflenz, Mariazell & Niederalpl

Weniger problematisch ist es auf der Aflenzer Bürgeralm, auch weil es ohnehin nur Naturschnee gibt. "Tourengeher und Pistenfahrer kommen sich kaum in die Quere, auch weil das Gelände so weitläufig ist. Bei den Parkplätzen bitten wir die Tourengeher die dafür vorgesehenen Parkplätze zu benutzen, auch das funktioniert", so Günther Essenko.

Piste abends geöffnet

In Mariazell wird wöchentlich eine "Tourenski-Night" geboten. Jeden Freitag sind ausgewählte Pisten von 16.30 Uhr bis 21 Uhr für Pistentourengeher benutzbar. "Wir haben uns mit den benachbarten Skigebieten Gemeindealpe und Annaberg abgesprochen. Von Mittwoch bis Freitag gibt es abends ein Zusatzangebot für Tourengeher", erzählt Bergbahnenchef Johann Kleinhofer. Parkplatzsituation ist in Mariazell auch nicht vakant, im Zentrum gibt es jetzt zusätzliche, kostenpflichtige Parkplätze in der Nähe der Gondelbahn, in Sankt Sebastian sind genügend Parkplätze vorhanden, sodass sich Tourengeher und Skifahrer nicht in die Quere kommen.
Nicht reich mit Parkplätzen gesegnet ist man am Niederalpl. "Wir haben extra für Tourengeher einen Parkplatz etwas unterhalb der Passhöhe eingerichtet, der auch ausgeschoben wird. Nur die Akzeptanz der Tourengeher ist zum Teil nicht vorhanden, die ab 7 Uhr in der Früh die besten Parkplätze vor dem Lift beanspruchen", sagt Jakob Holzer, Geschäftsführer der Niederalpl-Lifte.

Skigebiete nicht vergleichbar

Fabrice Girardoni ist Geschäftsführer der Stuhleck-Bergbahnen und Obmann der steirischen Seilbahnenbetreiber: "Die Gegebenheiten und die Voraussetzungen sind in den Skigebieten sehr unterschiedlich und oft nicht miteinander vergleichbar. Deswegen ergeben sich unterschiedliche Zugänge zu diesem Thema und natürlich auch verschiedene Lösungsansätze."

Gegebenheiten können sein:
• Wie groß ist das Aufkommen an Tourengehern im Vergleich zur Skigebietsgröße?
• Wie ist das Einzugsgebiet des Skigebiets – handelt es sich hauptsächlich um Tages- oder Übernachtungsgäste?
• Gibt es alternative Aufstiegsstrecken?
• Wie wirkt sich das Tourengeheraufkommen auf den Pistenbetrieb im Skigebiet aus?
• Beeinflusst das Tourengehen die Präparierung der Pisten nach Betriebsschluss?
• Entstehen Konflikte bei Beschneiung sowie Vorbereitung der Pisten für die Saison?
• Entstehen Konflikte hinsichtlich der Parkplatzsituation?

Gesetzliche Regelung wird kommen

Das Thema Pistensperren außerhalb der regulären Betriebszeiten ist tatsächlich keines, das nur Tourengeher betrifft. Angesichts der immer wieder vorkommenden, schweren Unfälle (sowie zuletzt in Kärnten mit einem Todesfall) ist Bewusstseinsbildung in dem Bereich aber dringend notwendig. "Gesetzliche Regelungen sind zwar nur ein Teil davon, allerdings glaube ich nicht, dass man darauf gänzlich verzichten können wird", erklärt Fabrice Girardoni.

Fabrice Girardoni bringt auch noch andere Aspekte ins Spiel. "Wir am Stuhleck haben das Aufsteigen auf den Pisten generell untersagt, egal ob Tourengeher oder Spaziergänger. Es ist eine Frage der Haftung und der Sicherheit."
Jeder Skifahrer der eine Liftkarte kauft, ist somit ein Vertragspartner des jeweiligen Liftbetreibers. "Der Betreiber ist verpflichtet, seinen Liftgast auf atypische Gefahren auf dem Betriebsgelände hinzuweisen – wie Felsabbrüche, Lawinengefahren, querende Pisten, usw. Bergwärts Tourengeher, oft in Gruppen, sind eine atypische Gefahr, auf die wir aber nicht permanent hinweisen können, weil sie ja überall entlang der Pisten auftauchen könnten. Deswegen haben wir uns für ein generelles Verbot entschieden."

Zur Parkplatzsituation weist Girardoni ganz klar auf die Position der Bergbahnen hin. "Die Bergbahnen lukrieren vom Tourengeher keine Wertschöpfung, sehr wohl aber das touristische Umfeld wie Gastronomie oder Nächtigungsbetriebe. "Wir haben den Vorschlag gemacht, dass die Profiteure des Tourengeschäfts sich selbst um die Bewirtschaftung der notwendigen Parkräume kümmern, wir hätten sogar den Platz dazu angeboten. Die Reaktion darauf – gleich null."
Noch etwas fällt Girardoni ein: "Wir Liftbetreiber werden schnell als die Bösen abgestempelt, aber kontrollierte Parkräume und keine Gnade für Fremdparker gibt es mittlerweile in jedem Einkaufszentrum."

Warum nicht generell eine Kunstschneepiste für Tourengeher bereitstellen – kostenpflichtig? Wäre das keine Marktnische? Fabrice Giradoni: "Natürlich haben wir darüber nachgedacht, aber vom ökonomischen Erfolg sind wir nicht überzeugt. Wie kanalisiert man die Tourengeher tatsächlich so, dass sie die übrigen Pisten meiden – weil dort wäre es ja immer noch kostenfrei? Zudem sind die Zutrittssysteme sehr kostenaufwendig und man musste das gesamte Areal, also kilometerlange Pisten, separieren bzw. kontrollieren. Außerdem wäre es ein ewiges Katz-und-Maus-Spiel."

Warum nicht einen kleinen Streifen auf einer regulären Piste den Tourengehern zur Verfügung stellen? "Die Beschneiungsanlagen stehen immer am Pistenrand. Jede Präparierung ist auf diesen Randstreifen angewiesen, weil hier der produzierte Schnee liegt. Man bräuchte mobile Zaunanlagen, die jeden Abend weggeräumt werden müssen und nach dem Präparieren wieder aufgestellt werden müssten – in der praktischen Umsetzung eigentlich nicht möglich", so Fabrice Girardoni.

Kommentar

Das Skitourengehen boomt. Wie immer, wenn sportbegeisterte Naturnutzer in Massen in die gar nicht so unberührte Natur strömen, sind Konflikte vorprogrammiert. Die Problematik, dass Tourengeher in Ruhe- und Rückzugszonen von Wildtieren vordringen und deren Lebensräume empflindlich stören, wird ein anderes Mal thematisiert.

Hier geht es um den Konflikt von Skiliftbetreibern mit den sogenannten Pistentourengehern. In schneearmen Wintern nutzen Tourengeher liebend gerne die Infrastruktur der Skipisten, in erster Linie den Kunstschnee, weiters die Parkplätze im Tal. Liftbetreiber denken wirtschaftlich, ein Kubikmeter Kunstschnee kostet zwischen drei und fünf Euro. Noch gibt es kein Rezept, wie man Pistentourengeher für den sportlichen Genuss auch die nötigen Euros abknöpft. Einerseits will man eine durchaus kaufkräftige Schicht nicht vergrämen, andererseits werden sie mitunter als Plage wahrgenommen. Verhärtete Fronten bringen nichts, mit sachlichem Dialog wird sich eine Lösung finden lassen – Tirol zeigts vor.

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