Immobilienexperte im Interview
Bestellerprinzip "weder gerecht noch durchdacht"

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Am Dienstag wurde bekannt, dass in Österreich ab 2023 das Bestellerprinzip gelten wird. Das bedeutet, Mieterinnen und Mieter müssen künftig keine Maklergebühren mehr bezahlen müssen. Der Immobilienexperte Bernd Gabel-Hlawa erklärt gegenüber den Regionalmedien, warum er der geplanten Novelle nichts abgewinnen kann. 

ÖSTERREICH. Derzeit ist es noch üblich, dass Maklerprovisionen von den Mieterinnen und Mietern bezahlt werden. Das soll sich ab nächstem Jahr allerdings ändern, denn dann gilt: "Wer bestellt, der bezahlt - und nicht umgekehrt", wie Justizministerin Alma Zadic (Grüne) bei der Vorstellung der "Novelle für mehr Gerechtigkeit bei Maklerprovisionen" am Mittwoch betonte.

Aus der Immobilienbranche kam daraufhin ein Aufschrei. Das Bestellerprinzip "ruiniert Arbeitsplätze und erschwert die Wohnungssuche" verkündete der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft. Bernd Gabel-Hlawa, Immobilienexperte und Gründer der Plattform "FindMyHome.at", erläutert gegenüber den Regionalmedien seine Bedenken.

Transparenz- und Komfortverlust befürchtet 

Laut dem Branchen-Experten werde die Novelle dazu führen, dass viele Maklerbetriebe schließen müssen. Ebenso werde sich das Angebot, eine geeignete Wohnung über Expertinnen und Experten zu finden, dezimieren. Dementsprechend werde mit dem Bestellerprinzip auch der Komfort und die Transparenz erheblich einbüßen, so Gabel-Hlawa.

Derzeit würden vor allem Immobilienportale eine einfache und bequeme Immobilienvermittlung ermöglichen. Konsumentinnen und Konsumenten bekommen mit einem Klick, einen umfangreichen Marktüberblick, der individuellen Suchkriterien entspricht, erklärt der Experte. Das könnte sich laut Gabel-Hlawa mit dem Bestellerprinzip aber ändern:

"Plötzlich kümmern sich Bestandsmieter um Mietnachfolger und ungeprüfte Privatangebote flattern durch die sozialen Medien".  

Immobilienexperte und Gründer der Plattform FindMyHome.at Bernd Gabel-Hlawa | Foto: Michael Stelzhammer
  • Immobilienexperte und Gründer der Plattform FindMyHome.at Bernd Gabel-Hlawa
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Maklerprovisionen in der Miete versteckt

Auf die Frage, ob die Novelle zu einer Intransparenz bei den Mietpreisen führen könnte, führt Gabel-Hlawa aus: "Grundsätzlich ist der Makler für den Angebotspreis mitverantwortlich." Privatanbieter würden in der Regel nicht über die notwendigen Tools und die Expertise verfügen, weshalb es zu einer Preisschieflage kommen könne.

"Ich gehe davon aus, dass sich in vielen Fällen die Maklerprovisionen in der Miete versteckt wiederfinden werden."

Bestellerprinzip "kein Problemlöser"

Das primäre Problem in Österreich sei, dass im niedrigen und mittleren Einkommenssegment das Angebot im Vergleich zur Nachfrage immer kleiner werde. Darüber hinaus hinke Österreich beim nachhaltigen Bauen und der unabhängigen Energiebefeuerung hinterher, sagt Gabel-Hlawa.

Hierzulande laufe außerdem bereits ohnedies mehr als die Hälfte provisionsfrei ab, so der Branchenvertreter weiter. Weiters hätten Konsumentinnen und Konsumenten die freie Wahl, ob sie eine Immobilie über einen Makler suchen. In Anbetracht dessen sehe er das Bestellerprinzip nicht als Problemlöser, erklärt Gabel-Hlawa.

Das Bestellerprinzip soll Mieterinnen und Mieter künftig entlasten. | Foto: Jarek Ceborski/ Unsplash
  • Das Bestellerprinzip soll Mieterinnen und Mieter künftig entlasten.
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Branche "nicht vorbereitet"

Der Branchenkenner warnt davor, dass weder die Immobiliensuchenden und -besitzenden noch die Maklerunternehmen auf die anstehende Veränderung vorbereitet seien:

"Keiner der jeweiligen Interessensvertreter hat hierfür vorab die Hausaufgaben gemacht und den Rahmen geschaffen. Zudem verkauft die Politik die Kuh statt der Milch. Ich fürchte es wird wieder zu einer nicht Fisch und nicht Fleisch Lösung mit wirtschaftlichen- und Transparenzverlusten kommen." 

Laut Gabel-Hlawa wäre es zielführender, wenn es in Sachen Gebühren und Provisionen einen empfohlenen Richtwert gäbe – dieser solle außerdem je nach Intensität und Umfang der Maklerleistung variabel sein, plädiert der Branchenvertreter.

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