Betriebskosten, Mieterhöhung & Co
Mietrecht-Expertin beantwortet Fragen

Welche unterschiedlichen Anwendungsbereiche es im Mietrecht gibt, wann und wie oft Mieten erhöht werden dürfen und was alles unter Betriebskosten fallen darf, erfährst du hier.  | Foto: sergio monti (YAYMicro)/panthermedia.net
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  • Welche unterschiedlichen Anwendungsbereiche es im Mietrecht gibt, wann und wie oft Mieten erhöht werden dürfen und was alles unter Betriebskosten fallen darf, erfährst du hier.
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Angesichts der steigenden Mieten wollten die RegionalMedien Austria von einer Wohnrechtsexpertin der Mietervereinigung u. a. wissen, welche unterschiedlichen Anwendungsbereiche es im Mietrecht gibt, wann und wie oft Mieten erhöht werden dürfen und was alles unter Betriebskosten fallen darf. Die Antworten auf diese Fragen sowie nützliche Tipps und Hinweise liest du im Folgenden.

ÖSTERREICH. In den letzten Wochen und Monaten rückte das Thema "Mieten" in den Mittelpunkt der politischen Debatte. Lange verhandelte die Schwarz-Grüne Regierungskoalition über eine mögliche Mietpreisbremse, letztendlich kam diesbezüglich aber keine Einigung zustande – stattdessen verabschiedete die Regierung nun eine umstrittene Wohnbeihilfe in Form einer Einmalzahlung.

Somit erhöhten sich die Richtwertmieten mit 1. April um 8,6 Prozent. Die Kategoriemieten dürften dann im Juli nachziehen  – es wäre hier die vierte Erhöhung der letzten eineinhalb Jahre auf nunmehr rund 23 Prozent. Und im ungeregelten privaten Sektor gehören regelmäßige Erhöhungen ohnehin zum Standardprozedere.

Vor diesem Hintergrund haben die RegionalMedien Austria bei Marisa Herzog-Perchtold, Wohnrechtsexpertin der Mietervereinigung Wien, nachgefragt. Die Expertin klärt über etwaige Stolperfallen auf, gibt wichtige Hinweise und Tipps. 

Mietverträge: Altbau, Neubau, Ausbauten

RegionalMedien Austria: Welche Arten von Mieten gibt es? 
Marisa Herzog-Perchtold: Im privaten Sektor gibt es drei Möglichkeiten. Erstens: Das Mietrechtsgesetz (MRG) kommt voll zur Anwendung. Dort gelten die Preisgrenzen des Kategorie- oder Richtwertsystems. Zweitens: Das MRG kommt nur teilweise zur Anwendung. Drittens: Das MRG kommt nicht zur Anwendung.

Wie weiß ich, welcher Anwendungsbereich auf mich zutrifft?
Sehr vereinfacht: In einem "Altbau" – vor 1945 errichtet – kommt das MRG voll zur Anwendung. Im "Neubau" – nach 1945 errichtet – und in nach 2001 errichteten Dachgeschossausbauten kommt das MRG teilweise zur Anwendung. In vermieteten Ein– oder Zweiobjektehäusern kommt das MRG nicht zur Anwendung. Im Zweifel ist es ratsam, Expertinnen oder Experten zu Rate ziehen.

Worauf sollte ich jeweils achten?
Das MRG bietet Mieterinnen und Mietern u. a. Schutz vor Wuchermieten, ungerechtfertigt hohen Betriebskosten und grundloser Kündigung. Im sogenannten "Teilanwendungsbereich", also im Neubau, gibt es kaum noch Mieterschutz-Bestimmungen. Beispielsweise die Höhe der Miete sowie die Überwälzung der Betriebskosten auf Mieterinnen und Mieter ist ungeregelt – hier gilt der Vertragsinhalt.

Mieterhöhungen: Kategoriewerte, Richtwerte, VPI 

Wann darf eine Mieterhöhung geltend gemacht werden?
Das hängt grundsätzlich vom Inhalt des Mietvertrags ab. Ist im Vertrag eine Erhöhung, zum Beispiel nach dem Verbraucherpreisinde (VPI), vereinbart, dann kann nach Überschreiten eines festgelegten Schwellenwerts oder eines bestimmten Zeitablaufes eine Erhöhung geltend gemacht werden. Im Vollanwendungsbereich des MRG, also bei Kategorie- und Richtwertmietzinsen, sind die Erhöhungen gesetzlich geregelt.

Wie hoch darf die Anpassung ausfallen – gibt es Obergrenzen?
Im Vollanwendungsbereich des MRG darf die Erhöhung nicht höher ausfallen, als der höchstzulässige gesetzliche Mietzins betragen würde.

Wie oft darf die Miete erhöht werden?
Das hängt davon ab, ob Zeitpunkte vereinbart wurden bzw. gesetzlich vorgegeben sind wie zum Beispiel bei den Richtwertmieten. Bei den Kategoriemieten kann eine Erhöhung stattfinden, wenn die Steigerung des Verbraucherpreisindex einen Schwellenwert von fünf Prozent übersteigt. Dann kann auch mehrmals im Jahr – wie 2022 zum Beispiel drei Mal – erhöht werden.

Infobox Mieterhöhungen


Richtwertmieten

In der Regel wird alle zwei Jahre zum 1. April der Richtwert an die Inflation angepasst.

Mit 1. April 2023 hat die Bundesregierung die Richtwerte dementsprechend um 8,6 Prozent erhöht. Aufgrund der Pandemie wurde die Anpassung im Jahr 2021 ausgesetzt bzw. auf 2022 verschoben. Im Vorjahr sind die Mieten um knapp 6 Prozent gestiegen.

Da die Richtwerte für jedes Bundesland verschieden sind, ergeben sich auch unterschiedliche Erhöhungenmehr dazu hier.

Kategoriemieten

Der Kategoriemietzins ist an den Verbrauchspreisindex 2000 angepasst. Steigt die Inflation über fünf Prozent, kommt es zu einer Erhöhung.

Die letzte Anpassung des Kategoriemietzinses erfolgte im November 2022 – die nächste könnte laut Arbeiterkammer bereits im Juli 2023 eintreten.

Die Kategoriewerte betragen derzeit zwischen 1,06 Euro (Kat. D) 4,23 Euro (Kat. A) pro Quadratmeter – mehr dazu hier.


Betriebskosten: Achtung bei Reparaturen

Was zählt alles zu den Betriebskosten?
Für Altbauten, geförderte Neubauten und Genossenschaftswohnungen gibt es einen gesetzlichen Katalog an zulässigen Betriebskosten. Hier dürfen nur Kosten, die im MRG genannt werden, an Mieterinnen und Mieter weiterverrechnet werden. Zulässige Betriebskosten sind:

  • Wasser/Abwasser und Wasserdichtheitsprüfung
  • Eich-, Ablese- und Abrechnungskosten für Kaltwasser, sofern es eine Vereinbarung dazu gibt
  • Kanalräumung, Müllabfuhr
  • Entrümpelung, Schädlingsbekämpfung, Kehrgebühren
  • Strom für Beleuchtung des Stiegenhauses und der Gemeinschaftsflächen
  • Versicherungsprämien für Feuer, Haftpflicht und Leitungswasserschaden
  • Versicherungsprämien für Glasbruch und Sturmschaden, wenn der Überwälzung mehr als die Hälfte der Mieter zugestimmt hat
  • Verwaltungshonorar
  • Hausreinigung inklusive Schneeräumung
  • Öffentliche Abgaben
  • Laufende Betriebskosten von Gemeinschaftsanlagen (Lift, Heizung, Waschküche, Grünanlagen, Gemeinschaftsräume etc.)

Was sind keine Betriebskosten bzw. worauf sollte man diesbezüglich achten?
Reparaturarbeiten dürfen im Vollanwendungsbereich des MRG nicht verrechnet werden, weil diese aus der Mietzinsreserve zu decken sind.

Sind Reparaturrücklagen ein Teil der Betriebskosten?
Reparaturrücklagen sind vom Wohnungseigentümer nicht auf den Mieter überwälzbar.

Wie und wann dürfen Betriebskosten angepasst werden?
Im Regelfall – bei einer Pauschalverrechnung – findet eine Anhebung der Betriebskostenpauschale im Jänner statt, da über das Kalenderjahr zwölf gleichbleibende Teilbeträge vorgeschrieben werden müssen.

Worauf sollte man hier achten?
Im Vollanwendungsbereich des MRG darf die Pauschale pro Jahr um höchstens zehn Prozent im Vergleich zu den Gesamtausgaben des Vorjahres angehoben werden.

Mieterschutz: Beratungsstellen helfen

Was sollte ich machen, wenn mir Rechtswidrigkeiten in meinem Mietverhältnis auffallen?
Wenden Sie sich rechtzeitig an Expertinnen oder Experten wie zum Beispiel die Mietervereinigung.

Muss ich mich fürchten, aus meiner Wohnung zu fliegen, wenn ich meine/n Vermieter/in auf Rechtswidrigkeiten hinweise?
Im Vollanwendungs- und im Teilanwendungsbereich des MRG besteht ein Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter. Vermieterinnen und Vermieter können das Mietverhältnis nur aus bestimmten Gründen (z. B. Eigenbedarf) kündigen.

Was ist sonst noch wichtig?
Zögern Sie nicht, eine mietrechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen: Es könnte sein, dass Sie wichtige Fristen verpassen, wenn Sie zu lange zuwarten!

Mietrecht-Beratungsstellen


Hier geht es zur Mietervereinigung.

Auch die Arbeiterkammer hilft.

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