Psychologin Caroline Erb über Sommerliebe
"Eine Krise ist auch eine Chance"
Der Sommer ist die Zeit der Liebe. Das zeigt auch der aktuelle Summer Love Report von Parship. Wie der Urlaub traumhaft schön statt zur Belastungsprobe für Paare wird, verrät und Psychologin Caroline Erb im Interview. Wir haben mit ihr über Kommunikation, Ich-Botschaften und die Balance zwischen Nähe und Abstand gesprochen.
ÖSTERREICH. Wer sich online kennenlernt, kommt schneller zusammen. Auch die Single-Zahlen sind relativ konstant. Im Sommer ist dennoch mehr Menschen nach Zweisamkeit und gemeinsamen Erlebnissen mit der Partnerin oder dem Partner. Wichtig ist auch: Ist man gerade an zwei verschiedenen Orten, kann man einander trotzdem nah sein, wenn man weiß, wie es geht.
Passend zum Summer Love Report: das Thema Sommerliebe. Viele wollen zu der Zeit auch wieder alleine sein und Spaß haben, wenn die kalten Wintermonate wieder vorbei sind. Gibt es da einen Trend hin zum Single sein?
Interessanterweise sind die Single-Zahlen über die letzten Jahre relativ konstant bei um die 30 Prozent. Das haben wir auch jetzt – wir haben es diesmal umgekehrt gefragt, wieviele Partnerschaften haben wir dieses Jahr in Österreich, so ein bisschen auch im Bundesländer-Vergleich. Aber es ist natürlich eine brisante Zeit. Das heißt im Sommer hat man das Gefühl Gott und die Welt ist verliebt und plant schon einen Urlaub. Das heißt, diese Frühlings- und Sommergefühle sprießen. Das Thema Verliebtheit, Liebe und harmonische Beziehung: Dieser Wunsch ist besonders groß. Das sehen wir natürlich auch bei der Online-Partnersuche, dass das etwas sehr bewährtes ist, wo man heutzutage auch das Glück findet und versucht. Also wenn wir uns die letzten Jahre anschauen, wo lernt man heutzutage Leute kennen, dann ist Internet vor Freunden, Bekannten, Ausgehen schon sehr präsent und etwas sehr Erfolgreiches.
Der Report zeigt, dass gerade Online-Bekanntschaften früher eine Beziehung eingehen als Leute, die sich offline kennenlernen. Halten diese Beziehungen dann auch länger?
Das müsste man erstmal erheben als Langzeitstudie, aber wir wissen tatsächlich, dass online gestiftete Partnerschaften eher schneller auch Nägel mit Köpfen machen. Das heißt man datet dann früher, man trifft einander früher, man zieht schneller zusammen und man heiratet schneller im Vergleich. Auch Kinder sind früher ein Thema, weil man sich sehr zielgerichtet mit dem Single-Dasein auseinandersetzt und dann wirklich auch aufgrund dieses Persönlichkeitstests, gewisser Merkmale schon ein gutes "Vor-Matching" hat. Aber natürlich, um das erste Treffen kommt man so oder so nicht herum. Die Chemie der Liebe ist natürlich auch sehr entscheidend.

- Online-Paare machen schneller Nägel mit Köpfen, weiß auch Psychologin Caroline Erb.
- Foto: Parship.at
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Wenn wir schon beim Sommerurlaub sind: Wieso wird er trotz großer Vorfreude gerade für frische Paare oft zu einer Beziehungsprobe?
Ja, der Sommerurlaub ist schon etwas Entscheidendes. Erstens einmal ist man abseits des Alltags. Man ist vielleicht noch gar nicht so ein eingespieltes Team, jeder muss einmal herunterkommen, hat vielleicht noch eigenen Stress oder vielleicht gibts auch Beziehungskonflikte, die davor noch nicht gelöst waren und im Urlaub dann förmlich explodieren. Man hat natürlich auch eine gewisse Erwartungshaltung: 'Im Urlaub wird alles besser und dann werden wir uns so gut verstehen.' Hier wichtig im Vorfeld schon i Häppchen und Schritten eventuelle Konflikte ansprechen, lösen, aber auch die Urlaubserwartungshaltung klären. Also, wenn der eine Tag und Nacht nur sporteln will und der andere nur Kulturprogramm oder nur am Strand liegen möchte... Kommunikation ist alles, auch im Vorfeld.
Gibt es beim Thema Kommunikation gewisse Muster, die man fördern sollte? Zum Beispiel, dass man Kleinigkeiten sofort anspricht, anstatt sie abzutun, um Konflikten aus dem Weg zu gehen.
Ich glaube, man muss authentisch sein. Also wenn Sie merken, Sie explodieren gleich und es muss raus, dann lieber rechtzeitig ansprechen. Also gut sind immer Ich-Botschaften, wenn ich etwas zu kritisieren habe. Nicht gleich sagen: 'Du bist immer...', 'Nie räumst du dein Zeug weg' oder mit Verallgemeinerungen konfrontieren. Sondern einfach das Positive mal loben und auch ansprechen, aber dann kann man spezifisch auf Verhaltensweisen eingehen. Dann kann man sagen: 'Ich habe mich da gekränkt', 'Ich hätte mir gewünscht' oder 'Ich würde mich freuen, wenn'. Dann ist das weniger angriffig und der andere hat nicht das Gefühl man steigt jetzt in den Ring und das Ganze schaukelt sich auf.
Gerade wenn man längere Zeit single war, ist einem besonders wichtig seine eigene Person zu sein und zu bleiben. Wie kann man in einer Beziehung die Nähe zueinander mit der eigenen Unabhängigkeit vereinbaren?
Das ist ein ganz wichtiges Thema. Generell, so welchen Wunsch nach Partner-Nähe hat man individuell. In der Studie kommt ja heraus, dass der Wunsch bei den meisten sehr hoch ist. Lediglich 14 Prozent haben angegeben, dass sie auch ihre Freiräume brauchen. Das ist natürlich auch immer eine altersspezifische Frage. Und natürlich ist es auch wichtig, seinen eigenen Freundeskreis zu pflegen, seine Hobbies, seine Interessen. Wichtig ist natürlich das Vertrauen als Grundlage und auch dieses Gefühl: 'Ich gönne meinem Partner, meiner Partnerin auch ein Eigenleben' im Sinne von einmal ein Mädelsurlaub oder am Abend sporteln zu gehen. Wichtig ist, dass man natürlich viel gemeinsame schöne Erlebnisse hat und hier auch eine Verbindlichkeit erlebt, aber einfach auch offen dafür ist, wenn man sagt: 'Du, ich gehe noch eine Stunde joggen am Strand und freue mich, wenn du schon den Tisch für den Abend reservieren kannst.' Also hier auch wirklich seine Bedürfnisse ehrlich kommunizieren.
In Anbetracht der Teuerung: Werden diese Krisen auch schnell zu Beziehungskrisen oder kann man die beiseiteschieben und rückt dafür zusammen, wenn man gemeinsame Probleme hat?
Diejenigen, die gute Partnerschaften führen, das haben wir auch in Corona-Zeiten gesehen, in diversen Studien, die sind eigentlich in einer Krise sehr dankbar, sozusagen diese Unterstützung des Partners, der Partnerin zu haben. Also das ist eher etwas, was zusammenschweißt. Sozusagen: 'Gemeinsam schaffen wir das.' Das ist auch etwas ganz Wichtiges, so als Motivation und dass man auch in schweren Zeiten da bleibt und nicht das Handtuch wirft. Aber hier ist es natürlich auch, wenn schon vorher Belastungen da waren, eklatanter Natur oder man sich sehr bedroht fühlt im Sinne von Jobverlust oder es passiert ein Schicksal oder eine Krankheit etc. kann das eine Beziehung natürlich auch auf die Probe stellen. Wichtig ist natürlich, dass schon im Vorfeld ein Fundament da ist oder war, auf dem man aufbauen kann. Aber wie es so schön heißt: Eine Krise kann auch eine Chance sein. Man muss halt schauen, was man daraus macht. Je zufriedener der Einzelne gerade ist in seiner eigenen Lebenssituation, desto besser ist das natürlich letztlich für die gesamte Beziehung.

- Unter den Liebespaaren hat sich die Hälfte ineinander verliebt, weil "von Anfang an eine große Nähe und Vertrautheit da war".
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Kann man sich da vielleicht ein bisschen abgrenzen, indem man sagt, man will helfen, aber ohne, dass man die andere Person zu sehr lenkt?
Ich glaube, alleine diese Frage: 'Was brauchst du im Moment? Wo kann ich dir hilfreich zur Seite stehen?' etwas sehr Gutes ist, weil man fragt ganz direkt und gibt das Gefühl 'ich bin für dich da, ob du es brauchst oder nicht'. Das hat schon etwas sehr Beruhigendes, ohne den anderen unter Druck zu setzen oder von einem Tipp zum nächsten zu überschütten. Wenn man das Gefühl hat, das ist zu viel für mich oder man sprengt gewisse Grenzen, dann durchaus auch mal sagen: 'Du, was hältst du davon, wenn wir uns professionelle Hilfe suchen oder wollen wir uns eine andere Unterstützung überlegen.' Einfach dieses für den anderen da sein ist schon mal was ganz Wesentliches.
Beispielsweise in Fernbeziehungen kann man oft nicht physisch für den Partner oder die Partnerin da sein. Wie kann man sich da am besten unterstützen?
Das ist natürlich etwas Schwieriges – ob es jetzt Fernbeziehungen sind oder gerade, wenn der eine den Job woanders hat oder wo urlaubt – das Dranbleiben. Wir haben ja jetzt durch Zoom, Teams etc. Möglichkeiten, mit dem anderen digital auch optisch in Verbindung zu sein. Manchmal nährt das fast noch mehr die Sehnsucht, den anderen auch mal umarmen zu wollen und zu sagen: 'Komm ich nehme dich bei der Hand und begleite dich dort und dort hin'. Aber einfach im Rahmen der Möglichkeiten, die gerade da sind, reden, rede, reden. Manchmal einander auch nur von schönen Dingen des Alltags berichten, dass es dann nicht nur ein Problemgespräch ist. Man kann auch zwischendurch einmal ein Foto Untertags schicken und erzählen was man gerade erlebt hat oder was einen traurig gemacht hat. Alles, wo man das Gefühl hat: 'Ich bin in Gedanken und Gefühlen bei dir.' Das kann schon sehr stützend sein.



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