Impfung
40 Prozent der Österreicher haben keinen Diphtherie-Schutz

- Der Diphtherie-Schutz innerhalb der Bevölkerung schwindet. Ärzte sind zudem bei potenziell verdächtigen Symptomen nur mehr gering sensibilisiert.
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Mit der Einführung der wirksamen Impfung 1946 wurden die Diphtherie-Erkrankungsfälle auf ein extrem niedriges Niveau gedrückt. Von ehemals rund 16.000 Fällen landete man bei Null. Doch das hat sich zuletzt stark geändert. "Diese in Österreich und in der EU meldepflichtige Erkrankung hat wieder deutlich zugenommen", so die Wiener Medizin-Expertin Ursula Wiedermann-Schmidt. Letztes Jahr gab es hierzulande sogar ein Todesopfer. Das Problem liegt offenbar bei den Auffrischungsimpfungen ab dem Kindesalter.
ÖSTERREICH. In Österreich wurden die Antikörper-Titer bei mehr als 15.000 Blutproben zwischen 2011 und 2022 untersucht. Das Ergebnis: "Durchschnittlich rund 40 Prozent der Menschen waren seronegativ. Das heißt, dass sie keinen wirksamen Schutz durch Antikörper aufweisen“, warnte Wiedermann-Schmidt. Das gelte für alle Altersgruppen. "Von Beginn 2022 bis zum 10. Jänner 2023 gab es in Europa 331 Diphtheriefälle. In Deutschland wurden 116 Erkrankungen registriert, in Österreich waren es 63." An sich sollte auch dafür die Faustregel des Verhältnisses von Deutschland zu Österreich von zehn zu eins gelten.
Immerhin 16 der in Österreich bekannt gewordenen Diphtherie-Erkrankungen entfielen auf Infektionen der Atemwege. Unter diesen Betroffenen gab es auch einen Todesfall. Weil die Erkrankung über Jahrzehnte hinweg kaum mehr auftrat, sind auch die Ärzte nur noch gering sensibilisiert bei potenziell verdächtigen Symptomen. Diphtherie kann durch eine Antitoxingabe und schnelle Antibiotikatherapie ausgeheilt werden. Dazu muss aber auch im Fall des Falles Verdacht geschöpft und entsprechend rasch gehandelt werden.

- Mit der Prävention durch Impfung sollte bereits im Kindesalter begonnen werden.
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"Noch vor einigen Jahren haben wir in Österreich besonders vor Keuchhusten bei Erwachsenen wegen mangelnden Impfschutzes warnen müssen. Jetzt kam die Diphtherie hinzu", sagte die Wiener Expertin.
Migration und Auffrischungsimpfungen
Als Grund führte Wiedermann-Schmidt unter anderem die Migration ins Treffen: "Die Erkrankungsfälle gab vor allem unter männlichen Flüchtlingen, zum Beispiel aus Syrien, Afghanistan oder Jemen, die auf der sogenannten Balkan-Route nach Österreich kamen. Sie konnten aufgrund der Situation in ihren Heimatländern keine Diphtherieimpfung bekommen. Ihnen wird in Österreich die Immunisierung im Rahmen der medizinischen Betreuung angeboten." Generell stellte sich heraus, dass die betroffene Gruppe in Österreich aus Menschen mit unzureichendem Impfschutz gegen Diphtherie besteht, was die Verbreitung der potenziell tödlichen Krankheit erleichtern könnte.

- Diphtherie ist eine schwere tödliche Infektionskrankheit, die heuer in Österreich für einen Todesfall sorgte.
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Bei den Auffrischungsimpfungen ab dem Kindesalte sieht die Expertin Optimierungsbedarf: "Die Babys und Kleinkinder werden mit der Sechsfach-Impfung des kostenlosen Kinderimpfprogramms zu einem hohen Prozentsatz geschützt. 85 bis 88 Prozent der Kinder erhalten hier auch einen Schutz gegen die Diphtherie. Doch dann gibt es die Auffrischung alle zehn Jahre zumindest mit dem Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Impfstoff (oder Vierfach-Impfstoff mit Polio; Anm.) bis zum 60. Lebensjahr, danach alle fünf bis sechs Jahre." Es scheint ein Mangel an notwendiger Beteiligung zu bestehen. Die Schließung von Impflücken wird zusätzlich erschwert, da es derzeit keine einzelnen Impfstoffe gegen Diphtherie oder Keuchhusten gibt.
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