Amnesty International Bericht
Menschenrechte in der „Warteschlange“

- „Das Recht, unsere Meinung zu äußern
und Unmut friedlich auf die Straße zu tragen, ist ein wesentlicher Baustein eines
funktionierenden Rechtsstaates", so Amnesty International. - Foto: Joe Yates/unsplash
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Laut dem aktuellen Jahresbericht von Amnesty International muss Österreich aufholen. Kritisiert wird vor allem der Umgang mit Protestbewegungen, aber auch verabsäumte Handlungspunkte, wie heimische Frauenrechte.
ÖSTERREICH. Der diesjährige Jahresbericht von Amnesty International zur Lage der Menschenrechte zieht in Österreich keine gute Bilanz: Die Meinungsfreiheit sowie die Versammlungsfreiheit sind in Bedrängnis gekommen, des Weiteren wurde vieles nicht umgesetzt, was menschenrechtliche geboten gewesen wäre. Shoura Hashemi,
Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich betont, dass sich die Organisation hierbei im Speziellen auf den Umgang mit Protestierenden “deren Meinung man nicht hören will oder die Art, in der sie geäußert wird, einem nicht gefällt” bezieht.
Umgang mit Klimaklebern besorgniserregend
Als konkretes Beispiel für den falschen Umgang nannte Hashemi beispielsweise die Auflösung des Palästina-Protestcamps an der Uni Wien im vergangenen Mai, die mittlerweile vom Verwaltungsgericht Wien als rechtswidrig deklariert wurde. Auch die regelmäßige Diskreditierung der Klimaaktivisten und Klimaaktivistinnen von Politikern sei laut der Menschenrechtsorganisation besorgniserregend. Die Menschenrechtsexpertin kritisiert:
„Es scheint, als ob ganz bewusst ein öffentliches Narrativ geschaffen wurde, laut dem Protest grundsätzlich verwerflich, beinahe schon kriminell ist."
Die Kritik betrifft nicht nur die verschärfte Wortwahl, sondern auch die erstmalige Verhängung der sogenannten primären Freiheitsstrafen im vergangenen Juni, die ohne vorhergehendes Gerichtsverfahren erfolgt ist. Laut Hashemi würde so versucht werden, eine bestimmte Form von friedlichem Protest behördlich zu unterbinden. Das Recht, die Meinung zu äußern, sei ein wesentlicher Baustein eines funktionierenden Rechtsstaates und es sei inakzeptabel, dass in Österreich zunehmend ein Klima der Unsicherheit und teils sogar der Angst herrscht, wenn es um Proteste gehe.

- Auch die regelmäßige Diskreditierung der Klimaaktivisten und Klimaaktivistinnen von Politikern sei laut der Menschenrechtsorganisation besorgniserregend.
- Foto: Letzte Generation AT
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Menschenrechte in der "Warteschlange"
Die Relevanz der Menschenrechte in Österreich ist laut dem Jahresbericht ernüchternd. Hierzulande würden diese teilweise in der "Warteschlange" stehen, da viele menschenrechtlich relevanten Bestimmungen trotz völkerrechtlicher Verpflichtungen bislang nicht
umgesetzt seien. Insbesondere kritisiert wird hierbei der Zugang zur Sozialhilfe, der vor allem für Frauen und Menschen mit Behinderungen mit enormen Hürden verbunden ist.
Auch das Thema Frauenrecht wird von der Organisation kritisiert, speziell die Thematiken Schutz vor Gewalt und der Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen. Bis vor Kurzem habe es keine langfristigen Strategien zur Verhinderung von Gewalt, wie Femiziden, gegeben, mittlerweile hat die Regierung beschlossen, einen nationalen Aktionsplan zum Schutz von Frauen zu erarbeiten. Der Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen stellt hier den größeren Kritikpunkt dar. Diese würden weiterhin nicht als reguläre Gesundheitsleistung anerkannt werden und es gebe österreichweit nur eingeschränkten Zugang zu ihnen.
"Immer noch nicht"
Unter dem Punkt "immer noch nicht" kritisiert Amnesty International die Versäumnisse Österreichs. Unter anderem beanstanden sie, dass in Österreich geflüchtete Kinder nach ihrem Ankommen nicht automatisch einen gesetzlichen Vormund erhalten. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sich Polizisten nach wie vor nicht ausweisen müssen, obwohl dies internationale Standards fordern. Zusätzlich erschwert dieses Versäumnis die strafrechtliche Verfolgung bei Misshandlungen. Auch die Ansiedlung der Ermittlungsstelle beim Bundesamt für Korruptionsprävention und damit unter der Weisung des Innenministers stößt auf Kritik - laut Amnesty ist damit keine ausreichende Unabhängigkeit geboten.
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