ÖGK-Obmann Andreas Huss fordert
Wahlarztsystem braucht dringende Reform

Obmann der Österreichischen Gebietskrankenkasse, Andreas Huss, sieht zahlreiche Fehler in der geplanten Mutter-Kind-Pass-Reform und Probleme im Wahlarztsystem. | Foto: LenaMiloslavskaya/panthermedia
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  • Obmann der Österreichischen Gebietskrankenkasse, Andreas Huss, sieht zahlreiche Fehler in der geplanten Mutter-Kind-Pass-Reform und Probleme im Wahlarztsystem.
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Das Wahlarztsystem sei problembehaftet, meint der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss. Als "unerträglich" empfindet er den Privatkostenanteil, der mittlerweile 25 Prozent betrage, erklärte er am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Der geplante Inhalt der Mutter-Kind-Pass Reform sei ebenso "mangelhaft.
 
ÖSTERREICH. Es gäbe aber bereits gute Gespräche mit Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bezüglich einer Reform des Wahlarztsystems. Huss zufolge seien Wahlärztinnen und Wahlärzte eine österreichische Besonderheit. Im Jahr 2012 habe das System durch die Einschränkung der Arbeitszeit von Spitalsärztinnen und Spitalsärzten Aufwind bekommen. In einer Wahlarztpraxis gäbe es größere Flexibilität bei der Ordinationszeit. Im Gegenzug müssen Patientinnen und Patienten die Kosten selbst tragen. Maximal 80 Prozent der Rechnungssumme werden von der Kasse rückerstattet.

Vertragsärzte verdienen gut, müssen aber "auch arbeiten dafür"

Während Rauch einer Reform des Systems offen gegenüber stehe, sei der Koalitionspartner ÖVP nicht überzeugt. Mindestanforderung des ÖGK-Chefs sei es die Wahlärztinnen und-Ärzte zumindest in das ELGA-System und eine elektronische Abrechnung zu integrieren. Wolle man darüber hinaus noch arbeiten, "dann bitte im öffentlichen Gesundheitssystem". Mit dem neuen Kassenvertrag sei es ja nun möglich, dass Ärztinnen und Ärzte bei Kolleginnen und Kollegen mit Kassenvertrag angestellt werden könnten. Huss zieht das immer noch der Abwanderung in eine unleistbare Privatmedizin vor. 

Immerhin gebe es keine Einkommensprobleme bei Kassenstellen. Er spricht von einem Jahresumsatz von 400.000 Euro von der ÖGK und weiteren 20 Prozent von anderen Kassen. Dadurch käme ein Vertragsarzt auf sieben bis 8.000 Euro netto und das 14 Mal pro Jahr. "Unter allen Ärzten, das hat auch der Rechnungshof festgestellt, verdient der Kassenarzt am allermeisten", sagte er: "Er muss aber auch arbeiten dafür."

Geht es nahc Huss' Rechnung würden Kassenärztinnen und Kassenärzte sehr gut verdienen, müssten aber auch entsprechend für ihre 7.000 bis 8.000 Euro netto pro Monat arbeiten. | Foto: Stauke/Fotalia
  • Geht es nahc Huss' Rechnung würden Kassenärztinnen und Kassenärzte sehr gut verdienen, müssten aber auch entsprechend für ihre 7.000 bis 8.000 Euro netto pro Monat arbeiten.
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Bund in Mitter-Kind-Pass Reform nicht eingebunden

In Sachen Mutter-Kind-Pass sei "absolut nichts" in Ordnung. Der Regierungsbeschluss sei unerwartet und ohne Einbindung der Sozialversicherung gekommen. "Der Inhalt des Mutter-Kind-Passes ist für mich mangelhaft", so Huss. Völlig unverständlich sei für ihn, dass Zahnmedizin, Ergo- und Logotherapie nicht berücksichtigt wurden. Man solle das mit den Ärztinnen und Ärzten verhandeln. hinzu kommt, dass zwei Drittel der Honorare vom Bund kämen, der bei den Verhandlungen allerdings gar nicht anwesend war. Gerüchten zufolge wurden den Ärztinnen und Ärzten Honorarerhöhungen von 17 Millionen Euro versprochen worden, über die offiziell aber niemand informiert wurde. "Wir fühlen uns nicht ernst genommen, wir fühlen uns vor allem nicht eingebunden."

SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher pflichtete Huss bei. Er warf der Regierung vor auf ganzer Linie versagt zu haben und führte Pflegenotstand, Fachkräftemangel im öffentlichen System und die herrschende Zwei-Klassen-Medizin als Beispiele an. Kucher bezeichnete es als einen Skandal, dass die Regierung bei der Reform des Mutter-Kind-Pass die ÖGK nicht in die Planung einbezogen hatte. 

Attraktivierung der Kassenarztstellen gefordert

Etwas kritischer äußerte sich Gerhard Kaniak, Gesundheitssprecher der FPÖ:

"Mehr Kassenärzte im Gesundheitssystem gibt es nur mit einer Systemänderung, an der kein Weg vorbeiführt, und nicht mit bloßem Wahlärzte-Bashing."

Er plädierte für "'halbe' oder 'viertel' Verträge". Ärztinnen und Ärzte würden also ein oder zwei Tage pro Woche als Kassenärztinnen und -Ärzte arbeiten. Kaniak sieht eine Gefährdung der Versorgungssicherheit der Menschen im derzeitigen System. Er betonte jedoch auch, dass "Kassenverträge für niedergelassene Ärzte attraktiver gemacht werden müssen".

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