Rendi-Wagner verteidigt Wien Energie
"1.400 Prozent Preissteigerung"
Im insgesamt vierten ORF-Sommergespräch stand am Montagabend SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Rede und Antwort. Das Thema des Tages, die von der Wien Energie benötigte Unterstützung in Höhe von sechs Milliarden Euro, wurde breit diskutiert. Die Roten hätten vor dem heutigen Tag auch nichts von der ernsten finanziellen Lage gewusst. Dennoch vertraue sie der Wien Energie.
ÖSTERREICH. Am Anfang des Gesprächs betont Rendi-Wagner, ihre Position habe sie sich mit "Fleiß, Einsatz und Glück" erarbeitet und habe nicht – wie die Frage implizierte – aufgrund des Absturz des Sebastian Kurz' stattgefunden.
Flüchtlingsfrage ein künstlich hervorgeholtes Thema
In der Flüchtlingsfrage wollte die Parteichefin sich nicht klar äußern. Es gebe aktuell keine Flüchtlingskrise, daher sehe sie auch keinen Grund sich immer wieder dazu zu positionieren. Es ein von der ÖVP künstlich hervorgeholtes Thema und daher in diesem Jahr noch keine Äußerung ihrerseits dazu gegeben. Dass im Burgenland, wo Parteimitglied Hans Peter Doskozil Landeshauptmann ist, immer wieder Flüchtlinge aufgegriffen werden, sei Gang und Gäbe und daher kein Grund für ein Statement.
Wien Energie Milliarden-Hilfe
Am Montag wurde bekannt, dass die Wien Energie sechs Milliarden Euro Unterstützung brauchen werde, um die Energieversorgung zu sichern. Ob man das in der rot regierten Hauptstadt habe kommen sehen, verneint Rendi-Wagner. Sie habe, wie alle anderen, erst heute vom Ernst der Lage erfahren, würde dem Energieversorger aber nach wie vor vertrauen.
Die massive Energiepreissteigerung von 1.400 Prozent würde außerdem noch weitere Energieversorger an ihre Grenzen bringen und sei kein Wien-Thema. Da es das größte Energieunternehmen Österreichs ist, mit der stärksten Abhängigkeit von Stromkäufen, sei es keine Überraschung, dass hier als erstes Hilfe benötigt werde – trotz einer Tarif-Steigerung von 92 Prozent für Kundinnen und Kunden ab September. Immer wieder verweist Rendi-Wagner auf die Fehlerhaftigkeit des Merit-Order Systems auf europäischer Ebene.
Schnelle und dauerhafte Maßnahmen gegen Teuerung
Auf die Frage, ob eine Abschaffung der Sanktionen gegen Russland eine zielführende Maßnahme gegen die Teuerung sei, meint Rendi-Wagner, dass der Situation so nicht geholfen werde. Man müsse jedoch dieselbe Kraft, die man in die Sanktionen gesetzt habe, auch in die Verhandlungen der Anti-Teuerungsmaßnahmen stecken, um der Bevölkerung zu helfen. Ein Ausstieg aus den Sanktionen mache erst Sinn, wenn sie keine Wirkung mehr zeigen und das tun sie aktuell noch, so Rendi-Wagner.
Nach zahlreichen Forderungen ihrerseits, dass die Gebühren überall gesenkt werden müssten, um den Menschen gegen die Teuerung zu helfen, rechtfertigte sie überraschenderweise die Preissteigerungen Wiens. Die Gebühren in Graz beispielsweise seien 40 Prozent höher als in Wien. Die Landeshauptstadt habe ohnehin die niedrigsten Gebühren im Vergleich zu allen anderen Bundeshauptstädten, weshalb eine Anhebung um 92 Prozent in ihren Augen nicht besonders dramatisch sei.
Vielmehr brauche es schnelle Maßnahmen und dauerhafte Preissenkungen, denn die Inflation würde bald zweistellig sein. Dass gegen die Preiserhöhung dennoch nichts getan werde, trifft bei Rendi-Wagner auf Unverständnis. Ständig hieß es Strompreisdeckelung und ähnliche Forderung gegen die Teuerung der SPÖ seien EU-rechtlich nicht möglich, würden zum Tankstellensterben führen oder zu sehr nach dem Gießkannen-Prinzip funktionieren. Nun sei eine Strompreisdeckelung doch möglich gemacht worden, die die SPÖ schon seit Monat gefordert habe.
Koalitions-Frage bleibt offen
Einen Wechsel der ÖVP in die Opposition erachte sie als angebracht, da die Partei so eine Chance habe "sich von innen zu erneuern". Ein solcher Tausch von Regierungsverantwortlichen zur Opposition wäre in jeder Demokratie hilfreich. Beim Thema Ampel-Koalition und dessen Wahrscheinlichkeit wolle sie sich nicht festlegen, da alles möglich sei und in der Hand der Wählerinnen und Wähler läge. Wie bereits in den letzten Jahren beobachtet, würden politische Umbrüche die Karten ständig neu mischen.
Klimaschutz und Autofahren müsse man gemeinsam denken
28 Prozent der Treibhausgasse kämen in Österreich aus dem Verkehrssektor. Die CO2-Bepreisung soll nun wieder verschoben werden aufgrund von Inflation und Teuerung. Solange die Inflation steigt, ist Rendi-Wagner für ein Aufschieben der Steuer bis mindestens ende diesen Jahres. Der durch die CO2-Bepreisung gegebene Lenkungseffekt werde derzeit nicht benötigt, da durch die Teuerung bereits jetzt auf vieles verzichtet werde, das klimaschädlich wäre.
Auf das Thema Stadtstraße und Lobautunnel angesprochen, möchte sie sich nicht auf das Vorgehen und Wortlaute des Bezirksvorstehers Ernst Nevrivys eingehen. Man müsse Klimaschutz und Autofahren unter einen Hut bekommen und dürfe Autofahrende nicht grundsätzlich als böse darstellen. Wirksame Klimapolitik habe Priorität, daher wolle man den Umstieg auf erneuerbare Energie schnellstmöglich schaffen, doch es fehle "an allem". Eine CO2-Bepreisung sei nicht zielführend, sondern auf Kosten jener, die schon jetzt finanzielle Schwierigkeiten hätten. Die SPÖ-Parteichefin verweist auf das nicht vorhandene Energieeffizienz-Gesetz trotz Regierungsbeteiligung der Grünen.
Die nächsten Termine der Sommergespräche:
5. September: Karl Nehammer, ÖVP
Das könnte dich auch interessieren:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.