Von Abgesängen und Revolutionen
Großes 4Gamechangers-Finale eingeläutet

Am letzten Tag des Digital- und Medienfestival proklamierte der deutsche Philosoph und Schriftsteller Richard David Precht die größte Revolution der Arbeitswelt seit 250 Jahren. | Foto: Screenshot / 4Gamechangers
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  • Am letzten Tag des Digital- und Medienfestival proklamierte der deutsche Philosoph und Schriftsteller Richard David Precht die größte Revolution der Arbeitswelt seit 250 Jahren.
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Das große Finale des Digital- und Medienfestival ist angelaufen. Den Vormittag füllte bereits ein dichtes Programm aus Keynotes und Paneldiskussionen – etwa über den digitalen Wandel der Medienwelt und den in letzter Zeit immer wieder heraufbeschworenen Niedergang des linearen Fernsehens. In einem darauf folgenden Talk rief der deutsche Philosoph Richard David Precht dann die "Freiheit für alle" aus.

ÖSTERREICH. Die "4Gamechangers" gingen am Donnerstag in die finale Phase. Mit dabei ist am dritten und letzten Tag des Festivals u. a. Hollywood-Star George Clooney – ebenso wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj später am Abend live zugeschaltet sein. Schon davor ging es um die aktuell brennendsten Fragen des digitalen Zeitalters. So debattierten Branchenvertreterinnen und -vertreter etwa über die Medienlandschaft der Gegenwart sowie der Zukunft, den damit verbundenen Abstieg des linearen Fernsehens und die Frage, wie auch öffentliche Medienhäuser künftig gesellschaftlich relevant bleiben können. 

Direkt im Anschluss proklamierte der Philosoph und Schriftsteller Richard David Precht das "Ende der bürgerlichen Leistungs- und Lohngesellschaft" und den Übergang in die "Sinngesellschaft" – damit die größte Revolution der Arbeitswelt seit 250 Jahren.  

Laut dem Philosophen Richard David Precht wird das Leben in unserer Überflussgesellschaft zunehmend zum "Wunschkonzert". | Foto: Screenshot / 4Gamechangers
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"Lineares Fernsehen ist nicht tot"

Heutzutage kann jeder neue Fernseher auf Streamingdienste zugreifen – Netflix, Youtube und Co. lösen das "klassische" Fernsehen zusehends ab. Die junge Generation wisse zum Teil gar nicht mehr, was lineares Fernsehen ist, sagte der britische Medienmacher Andrew Neil über den Wandel des Medienkonsums. Moderne Medienhäuser müssten sich auf diese neuen Seh- und Hörgewohnheiten einstellen, andernfalls verlören sie ihre Konkurrenzfähigkeit, herrschte in der Debatte Einigkeit.

ProSieben- und Sat1-Vorstand Wolfgang Link zeigte sich zuversichtlich: "Das lineare Fernsehen ist nicht tot." Allerdings habe es sich massiv verändert und befinde sich auch weiterhin in stetigem Wandel. Genau das sei aber gerade das Aufregende in der gegenwärtigen Medienwelt, so Link, der betonte: "Es gab noch nie so eine spannende Zeit." 

Öffentlicher Rundfunk wichtiger denn je

Das Nutzungsverhalten der Menschen hat sich substanziell geändert, weiß auch YouTube-Direktor Andreas Briese. Tablets, aber vor allem auch Smartphones spielen im Medienkonsum eine zunehmende Rolle. Auch örtliche Veränderungen bringt der digitale Wandel mit sich. So werde das Wohnzimmer neuerdings häufig zum Yoga-Studio oder Fitness-Center, erläuterte Briese.

Vor dem Hintergrund all dieser Entwicklungen brauche es den öffentlichen Rundfunk nun mehr denn je, waren sich Journalistin Clara Porak und ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz einig. Dennoch müsse gerade hier darauf geachtet werden, dass das Programm die Gesellschaft in ihrer Gänze abbildet – es sollte auf niemanden vergessen werden, betonte Porak. Journalismus sollte Räume bieten, um die Demokratie zu stärken, ist die Journalistin überzeugt, die sich abschließend daher "einen mutigen ORF im digitalen Zeitalter" wünschte. 

Das Leben: ein Wunschkonzert

In einer anschließenden Keynote mit dem Titel "Freiheit für alle – das Ende der Arbeit, wie wir sie kennen" schilderte Richard David Precht seinen Blick auf die moderne Arbeitswelt – und der deutsche Philosoph erkennt eine Revolution, die um Übrigen bereits stattfinde. Noch seine Großelterngeneration hätte Arbeit nach dem Motto "das Leben ist kein Wunschkonzert" verrichten müssen, heute hingegen sei man bereits bei 70 Prozent Wunschkonzert, so die Einschätzung des Philosophen – Tendenz steigend.

Das Ende der "bürgerlichen Lohn- und Arbeitsgesellschaft" bedeute einen Übergang in eine "Sinngesellschaft", ist David Precht überzeugt. Bereits seit Jahren würden etwa Aspekte der Sinnhaftigkeit, der Selbstverwirklichung oder der Work-Life-Balance in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Interessen rücken – zumindest in den Überflussgesellschaften, erklärte der Philosoph.

Revolution der Technologie

Nach David Precht befindet sich die Arbeitswelt gerade im größten Umbruch seit 250 Jahren. Nach der industriellen Revolution des 18./19. Jahrhunderts, bei der Maschinen die menschliche Hand abgelöst hätten, ersetze nunmehr die Technologie das menschliche Gehirn. 

Das führe uns allmählich zu 90 Prozent Wunschkonzert, so David Precht. Immer mehr Menschen würden künftig wählen können, was, wann und wie sie arbeiten wollen. Dementsprechend rief der Philosoph abschließend dazu auf, die sich so ergebenden Möglichkeiten auch zu nutzen: "Noch nie waren Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt so groß", betonte er. Aber auch das werde sich wieder ändern – nämlich dann, wenn Maschinen die Arbeit in immer mehr Bereichen rationalisieren, so der Philosoph.

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