Preisabsprachen und Hausdurchsuchungen: Welche Branchen die Wettbewerbsbehörde im Visier hat

Foto: Arnold Burghardt
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Sind Preisabsprachen ein Kavaliersdelikt?
THEODOR THANNER: Sie schaden den Unternehmen, die sich an die Regeln halten und sie schaden den Konsumenten. Der durchschnittliche Preis aufgrund von Preisabsprachen ist um 20 Prozent höher als normal.

Wie viele Hausdurchsuchungen gab es heuer schon?
Bisher hatten wir neun Hausdurchsuchungen.

Findet man da wirklich etwas?
Wir finden immer etwas. Auch wenn schon versucht wurde, Festplatten zu zerstören.

Seit 2009 gab es mehr als 80 Hausdurchsuchungen. Der Lebensmittelhandel stand dabei oft im Fokus. Warum?
Weil es hier sehr viele Hinweise auf mögliche Preisabsprachen gab. Der Grund ist klar: Wir haben im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel eine sehr hohe Konzentration mit zwei sehr großen Spielern.

Was heißt das für die Lebensmittelhersteller, die in den Regalen gelistet sein wollen?
Intensive Diskussionen bei den Listungsgesprächen, was die Preisgestaltung betrifft.

Welche Branchen sind sonst noch anfällig für Preisabsprachen?
In den vergangenen Jahren waren das verstärkt Elektronikhandel, Sporthandel, Aufzughersteller, der Dämmstoffhandel und der Stahlhandel.

Wie kommen Sie Preisabsprachen auf die Spur?
Durch eigene Ermittlungen. Wir kontrollieren etwa ständig diverse Preisvergleichsportale. Zudem gibt es viele Hinweise aus der Bevölkerung und auch von Konkurrenten.

"Werden von uns aus einzelne Ski-Gebiete untersuchen."

Apropos Hinweise: Der Winter naht. Sollen sich die Skifahrer die Preise im Ski-Verleih genau ansehen?
Wenn die Preise im ganzen Ort oder gar im ganzen Ski-Gebiet gleich sind, kann das ein Hinweis auf Preisabsprachen sein. Es gibt die Möglichkeit, das bei uns zu melden. Kontaktdaten sind auf unserer Homepage www.bwb.gv.at zu finden. Wir werden aber auch von uns aus einzelne Ski-Gebiete untersuchen.

Wie sehen Sie den Erwerb der Baumax-Märkte durch Obi?
Wir haben dazu mit den Unternehmen gesprochen. Wir haben eine Marktbefragung gemacht und ebenso Mitarbeiter und Mitbewerber eingebunden.

Okay für Sie?
Obi besitzt zwar jetzt die höchsten Marktanteile, es gibt aber noch genügend Wettbewerb in der Branche. Betonen möchte ich, dass wir den Markt in diesem Bereich weiterhin im Auge behalten, da wir Lieferantenbeschwerden erhalten haben.

In der Glücksspielbranche kauft der Novomatic-Konzern gerade die Casinos Austria auf. Was tun Sie da?
Novomatic hat angekündigt, uns Anfang November alle Unterlagen und Details zu übermitteln. Wir werden hier bis Anfang Dezember Klarheit schaffen. Genau ansehen werden wir uns dabei übrigens auch den Schutz für Spieler mit Suchtverhalten.

"Preise im Telekomsektor stiegen um 30 Prozent."

Wie steht es mit dem Telekomsektor in Österreich?
2012 schluckte der Mobilfunker 3/Hutchison den Konkurrenten Orange. Wir haben damals gesagt, dass die Preise um bis zu 30 Prozent steigen werden. Das ist eingetreten. Es gibt seit heuer aber wieder neue Mitbewerber. Dadurch sinken die Preise wieder leicht.

Wieso haben Sie eigentlich den Onlinehandel im Visier?
Unsere Analysen der Preisvergleichsportale im Internet zeigen, dass sehr oft, etwa bei Hausgeräten, verschiedene Hersteller und Händler dieselben Mindestpreise festlegen, unter denen es nicht möglich ist, das Produkt günstiger zu kaufen.

Gibt es Wiederholungstäter?
Wer einmal ein Verfahren vor dem Kartellgericht hatte, ist danach in der Regel sehr vorsichtig.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie?
Wir haben derzeit 32 Mitarbeiter.

"Uns wurden mehr Mitarbeiter versprochen."

Sogar die Wettbewerbsbehörde in Zypern hat mehr – nämlich 40.
Uns wurde versprochen, dass wir im nächsten Jahr zehn weitere Mitarbeiter bekommen. Das ist auch nötig. Denn jeder Schritt von uns wird vor dem Kartellgericht von der Gegenseite mit einer Heerschar von Anwälten genau analysiert.

Wie viel Geld pro Jahr holt Ihre Behörde für die Steuerzahler herein?
Von 2004 bis 2014 haben wir insgesamt 140 Millionen an Geldbußen für die Steuerzahler lukriert. Aber Erfolg ist das keiner. Ein Erfolg wäre es, wenn es eine keine Preisabsprachen mehr gibt.

Danke für das Gespräch.

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