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Kitzrettung St. Josef: Großer Einsatz für kleine Wildtiere

Kitzretterin bei der Arbeit: Gerettet vor dem tödlichen Mähwerk. | Foto: Bernhard Zechner
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In Österreich werden jährlich ungefähr 25.000 Rehkitze durch Mähwerke getötet. Der Verein "Kitzrettung St. Josef" hat sich vorgenommen, diese Zahl zu reduzieren: Mit Wärmebildkameras an Drohnen werden die Felder in den frühen Morgenstunden vor der Mahd abgeflogen, um die Jungtiere aufzuspüren und in Sicherheit zu bringen.  Allein im Vorjahr haben die Mitglieder auf diese Weise mehr als 90 Rehkitze vor der sicheren Verstümmelung bewahrt.

ST. JOSEF. Der dröhnende Motor des Traktors kommt immer näher, der Bauer, die Bäuerin kann das kleine Rehkitz nicht sehen, das sich dort in das Gras duckt. Für das Tier kommt jede Hilfe zu spät. So geht es tausenden Jungtieren jedes Jahr zur Zeit der ersten Mahd. Der Verein "Kitzrettung St. Josef" will die besonders gefährdeten Rehkitze vor Verstümmelung und Tod retten.

"Ein Rehkitz hat in den ersten zwei bis drei Wochen keinen Fluchtinstinkt, sondern einen Drückinstinkt. Wenn es also Gefahr ausgesetzt ist, dann drückt es sich tief auf den Boden und bewegt sich nicht."
Bernhard Zechner, Obmann von Kitzrettung St. Josef

Erst nach diesen ersten Wochen beginnt das junge Reh, den Fluchtinstinkt zu entwickeln. Das große Problem: Die Zeit der Mahd fällt mit der Setzzeit der Rehe zusammen - genau zu dem Zeitpunkt, in dem die Landwirtinnen und Landwirte ihre Wiesen mähen wollen, also im Mai und Juni, kommen die Jungen der Rehe zur Welt. Wenn die Rehkitze in dieser ersten Zeit im hohen Gras liegen, sind sie für Bäuerinnen und Bauern nahezu unmöglich zu erkennen.

Keinesfalls mit bloßer Hand berühren! So eingerollt versuchen die Rehkitze zu überleben und warten auf das Mutter-Tier, das sie nur annimmt, wenn das Rehkitz keinen anderen Geruch angenommen hat. | Foto: Bernhard Zechner
  • Keinesfalls mit bloßer Hand berühren! So eingerollt versuchen die Rehkitze zu überleben und warten auf das Mutter-Tier, das sie nur annimmt, wenn das Rehkitz keinen anderen Geruch angenommen hat.
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"Man kann als Landwirt so gut aufpassen, wie man will. Man sieht die Rehkitze einfach nicht. Selbst wenn man zu Fuß mit einem Hund unterwegs ist, findet man die jungen Tiere nicht", weiß Bernhard Zechner.

Auch neue Technologien tragen zur erhöhten Gefahr für Rehkitze bei. "Früher ist jeder langsam und mit kleineren Mähwerken gefahren. Heute reden wir von Traktoren, die mit 30 km/h und neun Metern Breite fahren", sagt Zechner. Auch Bezirksjägermeister Johann Silberschneider, ist sich dieser Problematik bewusst: "Wir mussten feststellen, dass die zunehmende Technisierung, die Vergrößerung der Mähbreiten und die zunehmende Geschwindigkeit der Mähgeräte die Chancen der Rehkitze immer mehr verringert haben." 

Drohnen im Einsatz

Eine erwiesene Lösung, um die Rehkitze im hohen Gras entdecken zu können, sind Drohnen mit Wärmebildkameras. Im Bezirk Deutschlandsberg werden diese bereits eingesetzt, so haben zum Beispiel das Bezirksjagdamt oder der Jagdschutzverein Deutschlandsberg eigene Drohnen ausgestattet mit Wärmebildkameras.

Der Verein "Kitzrettung St. Josef", den Zechner im Jahr 2021 gemeinsam mit seiner Freundin Barbara Hofer gegründet hat, besitzt inzwischen zwei solcher Drohnen - die Zechner aber privat finanziert.

Von den aktuell 19 aktiven Mitgliedern des Vereins sind einige Jägerinnen und Jäger sowie Landwirtinnen und Landwirte, aber auch Privatpersonen sind dabei. Der Obmann ist selbst Jäger und Landwirt, wie auch sein Stellvertreter David Hösele.

Das Team: Die "Kitzrettung St. Josef" ist immer in den frühen Morgenstunden unterwegs.  | Foto: Bernhard Zechner
  • Das Team: Die "Kitzrettung St. Josef" ist immer in den frühen Morgenstunden unterwegs.
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Seit 2023 verfügt der Verein über zwei Drohnen mit Wärmebildkamera. Inzwischen sind sechs Drohnenpiloten mit A1/A3 und A2 Prüfung dabei. Den Schein kann man bei der Austro Control machen. In der Steiermark werden im Jahr aber nur wenige Termine angeboten.

"Mitglieder bevorzugt aus der näheren Umgebung sind herzlich willkommen. Derzeit sind wir besonders auf der Suche nach jemandem mit fotografischem Interesse, der unsere Arbeit in Bild und Filmmaterial festhalten kann."
Bernhard Zechner, Obmann des Vereines Kitzrettung St. Josef

In der Haupterntezeit sind täglich zwei Teams im Einsatz. Die Erfolgsquote spricht für sich: Im Vorjahr waren es 92 Rehkitze, die in Kartons gesichert worden sind. Sind die Rehkitze älter, können sie auch ausgetrieben werden. Für diesen Einsatz wurde der Verein im Herbst 2023 mit dem Tierschutzpreis des Landes Steiermark ausgezeichnet.

Auszeichnung mit dem Tierschutzpreis des Landes Steiermark: Bernard Zechner von der Kitzrettung St. Josef mit Tierschutzreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang. | Foto: Land Steiermark/Schiffer
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Rechtlich gesehen muss der Verein auch einiges beachten: So gilt in einem großen Umkreis vom Flughafen Graz eine sogenannte Flugverbotszone von Drohnen. Deshalb muss jeder Flug über eine App angemeldet werden. "Wir fliegen mit der Drohne maximal 80 Meter hoch. Da sind Flieger kein großes Problem. Aber sollte ein Rettungshubschrauber direkt in unsere Nähe kommen, dann würde uns der Tower zurückrufen und wir müssten landen", erklärt Zechner. 

Was macht der Verein? 

Den Verein kann man vor der Mahd unter 0664/1687405 anrufen, um Rehkitze in den Wiesen ausfindig zu machen. "Es wäre gut, wenn wir zwei bis drei Tage vor der Mahd einen Anruf erhalten, dann können wir das ein bisschen organisieren", so Zechner. Laut ihm funktioniere das in ihrer Gemeinde aber aktuell schon sehr gut. 

Nach einem Anruf plant der Verein in einem eigenen Programm, in dem die Felder eingegeben werden, welche Route die Drohne fliegen soll. "Es wird ein Raster über das Feld gelegt, die Drohne fliegt dann vollautomatisiert und ich kann sichergehen, dass ich jeden Zentimeter der Wiese sehe", erklärt Zechner. 

Die Kitze wirden mit Handschuhen in die Schachteln gegeben und nach der Mahd wieder freigelassen. | Foto: Bernhard Zechner
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Es geht auf das Feld

Ist diese Route für die Drohne gespeichert, geht es auch schon auf die landwirtschaftlichen Grünflächen. Wegen der Funktionsweise der Wärmebildkamera müssen die Vereinsmitglieder schon in den frühen Morgenstunden aufbrechen. Es muss ein gewisser Temperaturunterschied zwischen der Wiese und den gesuchten Lebewesen gegeben sein. Neben Zechner und seiner Drohne sind mindestens drei weitere Leute dabei, die sich in der Wiese verteilen und die Fläche abgehen.

Oft sind auch die Landwirtinnen und Landwirte selbst vor Ort, oder auch Jägerinnen und Jäger, die laut dem Obmann immer gerne helfen. Mit der Wärmebildkamera auf der Drohne kann Zechner dann sehen, was sich auf dem landwirtschaftlichen Feld befindet. "Wenn man etwas sieht, muss man immer pausieren, denn es könnte auch etwas anderes sein, das man fälschlicherweise für ein Rehkitz gehalten hat. Dann verändere ich die Höhe, fliege tiefer und sehe mir genau an, was das ist." 

Dabei kümmert sich der Verein auch um andere Wildtiere. Die Kamera auf der Drohne ist so gut, dass man damit sogar ganz kleine Tiere, wie zum Beispiel Fasanküken erkennen kann. Während die Mitglieder versuchen, diese Küken zu fangen, werden zum Beispiel Hasen, die sofort flüchten, aus der Wiese getrieben. 

Starke Leistung mit viel Effekt

"Wir fliegen die Flächen sehr schnell ab. Wir haben eine Leistung von zirka einem Hektar in eineinhalb bis zwei Minuten", freut sich Zechner. Wird ein Rehkitz mit der Wärmebildkamera entdeckt, geht der Verein so vor: Die Leute, die auf dem Feld verteilt sind, werden von ihm mithilfe von Funkgeräten direkt zum Kitz gelotst. Sie haben stets eigene Schachteln mit Luftlöchern für die kleinen Tiere dabei.

Dort kommt das Kitz dann mit Gras hinein und wird dann im Schatten abgestellt. "Wir haben immer Gummihandschuhe dabei an, sodass sich kein menschlicher Geruch auf das Rehkitz überträgt", sagt Zechner. Das Kitz bleibt in der Schachtel, bis fertig gemäht ist, dann wird es wieder freigelassen. 

Ein Blick von der Drohne aus. | Foto: Bernhard Zechner
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Zechner bedankt sich bei den Jägerinnen und Jägern sowie den Landwirtinnen und Landwirten für die gute Zusammenarbeit bisher. "Das, was unser Verein tut, ist auch im Sinne der Landwirte, weil keiner einem Rehkitz schaden will", meint er. Außerdem müssten die Landwirtinnen und Landwirte das gesamte Futter entsorgen, sollte ein Bauer oder eine Bäuerin ein Rehkitz erwischt haben. "Falls es doch passiert, kann man keinem einen Vorwurf machen."

Wie kann man zur Kitzrettung beitragen? 

Laut Zechner würden Bauern und Bäurinnen die Wiesen meistens von außen nach innen mähen. Dabei werden die ganzen Wildtiere innen zusammen auf einen kleinen Fleck gedrängt und fallen dann Tod bzw. Verstümmelung zum Opfer. "Es wäre ein Appell von uns, dass Bäuerinnen und Bauern das ändern." Auch sei es wichtig, Hunde in der Zeit von Mai bis Juni an die Leine zu nehmen. Zu betonen ist außerdem, dass Privatpersonen Wildtiere nicht berühren oder festhalten dürfen.

Selbst der Verein braucht zwingend immer die Zustimmung eines in dem jeweiligen Jagdrevier zuständigen Jagdorganes.

Bitte keine Eigeninitiative betreiben", appelliert Zechner und betont: "Bei Fragen zum Thema „Kitzrettung“ sind wir, das Jagdamt Deutschlandsberg und die Jagdschutzvereine immer gerne bereit diese zu beantworten."

Während Kitzrettung in Deutschland zum Beispiel schon gefördert wird, gibt es das bei uns in Österreich noch nicht. Mit Spenden ist dem Verein daher immer geholfen. 

Kontodaten
Kitzrettung St. Josef

IBAN: AT912081500029137783
Der Verein ist auch auf Facebook und Instragram

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