Frostige Zeugen der Zeit
Wo Tiefkühlhäuser heute noch genutzt werden

Die früher enorm häufig genutzten Tiefkühlhäuser sind heute oft geschlossen und nur mehr ein stiller Zeuge von dem, was einmal gewesen ist. In der Marktgemeinde Lannach werden jedoch zwei Kühlhäuser noch immer aktiv genutzt. Das Tiefkühlhaus in Stainz - aktuell stillgelegt - könnte demnächst wieder geöffnet werden.

BEZIRK DEUTSCHLANDSBERG. Sie waren reine Zweckbauten mit weitgehendem Verzicht auf jede Ästhetik: die Tiefkühlhäuser. In der Steiermark wurden sie ab 1955 errichtet. Vor allem dort, wo intensive Viehwirtschaft betrieben wurde, hatte nicht nur jede Gemeinde, sondern bald auch jedes einzelne Dorf ein Tiefkühlhaus. Auch wenn in den 1950ern erstmals Kühlschränke mit Tiefkühlfächern angeboten wurden, waren diese sehr teuer. Daher griffen viele Menschen auf gemeinschaftlich genutzte Tiefkühlhäuser zurück - bis 1957 sollen in der Steiermark angeblich 779 Anlagen errichtet worden sein.

Heute stehen diese alten Häuser jedoch meist leer, die Nutzung ist radikal zurückgegangen. Doch nicht überall gehören die Tiefkühlhäuser der Vergangenheit an: In der Marktgemeinde Lannach gibt es sogar noch zwei Tiefkühlhäuser, die von den Mitgliedern zweier Tiefkühlgemeinschaften aktiv genutzt werden.

Vorzeige-Gemeinde Lannach

Die Tiefkühlgemeinschhaft Blumegg gibt es bereits seit 1958 - seither wird das dazugehörige Tiefkühlhaus ununterbrochen betrieben. Franz Niggas ist seit 2013 Obmann der Gemeinschaft und erzählt: "Wir haben insgesamt 88 Fächer und 80 davon sind aktuell vergeben." Er selbst verwendet sein Kühlfach zur Aufbewahrung von Fleisch, Gemüse, Obst, Pilzen und mehr. Das Kühlhaus direkt neben dem Rüsthaus der Feuerwehr Blumegg Teipl besteht aus einem Verarbeitungsraum, einem Vorkühlraum und dem eigentlichen Kühlraum. Das Tiefkühlhaus Blumegg ist eine "Kaltraumanlage" - das heißt der gesamte Raum, in dem sich die Tiefkühllfächer befinden, hat frostige -18 Grad. Außerdem gibt es einen Vorfroster, um die Temperatur der Lebensmittel rasch auf die Lagertemperatur abzusenken.

Bürgermeister Josef Niggas (l.) und Franz Niggas (r.), der Obmann der Tiefkühlgemeinschaft Blumegg vor dem Tiefkühlhaus. | Foto: Löschnig
  • Bürgermeister Josef Niggas (l.) und Franz Niggas (r.), der Obmann der Tiefkühlgemeinschaft Blumegg vor dem Tiefkühlhaus.
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Natürlich haben die Mitglieder der Tiefkühlgemeinschaft eigene Tiefkühltruhen daheim - dort geht jedoch manchmal der Platz aus. "Außerdem kann eine Tiefkühltruhe bei weitem nicht so günstig betrieben werden wie ein Fach in unserem Tiefkühlhaus", ist Niggas stolz. Zu den vergleichsweise geringen Stromkosten für die Mieterinnen und Mieter - ein mittleres Fach mit ca. 250 Litern Fassungsvermögen kostet um die 80 Euro im Jahr - trägt auch die neue Photovoltaik-Anlage am Dach des Tiefkühlhauses bei, die im Vorjahr installiert wurde. Demnächst kommt eine weitere PV-Einheit am Dach des Feuerwehrhauses hinzu. Es wird kein zusätzlicher Speicher für die PV-Anlage benötigt, denn wenn genug Energie vorhanden ist, wird der Kühlraum quasi selbst als Speicher verwendet.

"Wir haben die PV-Anlage seit Februar im Vorjahr in Betrieb und bisher 11.000 kWh Strom produziert. 8.000 kWh davon konnten wir selbst verbrauchen! Das ist eine absolute Erfolgsgeschichte."
Franz Niggas, Obmann der Tiefkühlgemeinschaft Blumegg

Das zweite Kühlhaus in Lannach befindet sich in Hötschdorf. Dieses ist in etwa gleich groß und besitzt ebenfalls eine Photovoltaikanlage. "Die Gemeinde hat großes Interesse daran, dass diese zwei Tiefkühlhäuser weiter betrieben werden. Wir werden großzügig unterstützt", ist Niggas dankbar. Einst gab es sogar einmal vier Anlagen in der Großgemeinde Lannach, denn jede einzelne damalige Gemeinde hatte ihr eigenes Kühlhaus.

Zur Blackoutvorsorge 

"Vor ein paar Jahren haben wir das Gebäude mit der neuesten Technologie ausgestattet", berichtet Niggas vom Tiefkühlhaus Blumegg. "Zum Beispiel haben wir eine Fernüberwachung installiert, bei Temperaturabfall oder Stromausfall werden drei Personen per Telefon verständigt", so der Obmann. Außerdem wurde bei beiden Kühlhäusern eine Notstromversorgungseinheit installiert, sodass die Kühlung auch bei einem Blackout fortgesetzt werden könnte.

Zum Stainzer Tiefkühlhaus

Laut Helmut Eberhart, der gemeinsam mit Anita Ziegerhofer das Buch "Frostige Spurensuche. Eine Geschichte der Tiefkühlhäuser in der Steiermark" verfasst hat, steht das größte Tiefkühlhaus der Steiermark in Stainz - es hat über 240 Fächer und steht auf einem Grund der Gemeinde. Diese Anlage war noch zu Beginn des Jahres in Betrieb, leider hat man es mittlerweile abgeschalten. "Für die Tiefkühlgemeinschaft Stainz waren die hohen Stromkosten das Problem", berichtet Markus Triendl, Obmann der Tiefkühlgemeinschaft Stainz.

Das Tiefkühlhaus in Stainz ist aktuell gesperrt. | Foto: Löschnig
  • Das Tiefkühlhaus in Stainz ist aktuell gesperrt.
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Doch nun kommt Hoffnung für das Kühlhaus in Stainz auf: "Ich bin dafür, dass das Kühlhaus wieder in Betrieb genommen wird. Es jetzt abzureißen wäre ewig schade", so der Stainzer Bürgermeister Karl Bohnstingl. Deshalb wird im Herbst eine Umfrage in der Stainzer Gemeindezeitung gestartet und der Bedarf für das Tiefkühlhaus damit erhoben. 

"Unser Tiefkühlhaus war wirklich eine Institution und ein Treffpunkt. Außerdem ist es regional und nachhaltig, wenn man zum Beispiel viel Fleisch vom Bauern kauft, kann man das im Tiefkühlhaus lagern", appelliert Triendl an die Bevölkerung. "Unser Bürgermeister ist ja selbst Landwirt. Er will es nicht unversucht lassen." Letztendlich entscheiden die Stainzerinnen und Stainzer selbst, ob das Haus wieder in Betrieb genommen wird.

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