Der Erinnerungsserver Weiz
Manchmal mache ich die Strecke Gleisdorf-Weiz und retour per Bahn oder per Bus, was ich sehr angenehm finde, weil es ein ganz anderes Zeitmuster in meinen Tag bringt.
Dabei entdeckte ich kürzlich im Weizer Bahnhof die Reproduktion einer historischen Fotografie, welche als Postkarte für wenig Geld zu bekommen ist.
Das war für meine Recherchen zum Thema regionaler Mobilitätsgeschichte sehr anregend. Ich suchte danach im Web nach entsprechenden Quellen und entdeckte dabei ein kleines, virtuelles Schatzkästchen. Die Stadt Weiz bietet mit dem „Erinnerungsserver“ ein sehr schönes Projekt an: [link]
Ich greife ein paar markante Stationen heraus.
Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert waren Automobile für die meisten Menschen völlig unerschwinglich, es befanden sich kaum Autos in Privatbesitz. Das drückt ein Foto aus, welches Kathi Zotter eingebracht hat: [link]
Die Bildunterschrift besagt: „Shell Zapfsäule von 1964 mit Kunde und Tankwart. Autos waren noch etwas Besonderes weil die meisten doch noch Motorräder als Fahrzeug besaßen.“ Die „Stangl-Puch“ auf dem Bild gehörte zum Besten, was man auf dem damals völlig neuen Mopedmarkt finden konnte.
Ein früheres Foto ist von Ursula Ritz zurecht mit einem Ausdruck des Staunens versehen: „Birkfelderstraße 1937: nur einige Autos in Weiz. Kaum sind zwei Fahrzeuge auf einer so breiten Straße, gibt es schon einen Unfall.“ [link]
Das Motorrad kann ich nicht identifizieren. Das Auto ist ein Steyr Typ 50, genannt „Baby“. Der wurde in jenen Jahren als „Österreichischer Volkswagen“ angepriesen, da war der VW Käfer noch längst nicht in Sicht.
Aber wie wurden denn damals vorzugesweise gefahren, wenn Kraftfahrzeuge so teuer und rar waren? Das Hauptereignis bäuerlichen Fuhrwesens waren Ochsengespanne. Markus Reitbauer zeigt ein Foto „Meine Uroma und meine Großtante mit den Ochsen.“ [link]
Es ist mit „ca. 1945“ datiert. Bei kleineren Wirtschaften mußte man sogar auf Kühe zurückgreifen, um Fuhrwerke zu bewegen. Christopher Perner notiert zu einem Foto mit Autobus: „Die Erste Fahrt von meinen Uropa Alfred Urban 5.5.1946“: [link]
Daraus mag deutlich werden, individuelle Mobilität, womöglich noch zu reinem Privatvergnügen, ist ein ganz junges Phänomen.
Noch bis zum Zweiten Weltkrieg waren die meisten Menschen nicht einmal ermutigt, von einem Auto zu träumen. Genau das macht übrigens die Idee vom „Volkswagen“, also vom „preiswerten Wagen für die breite Bevölkerung“ so populär.
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