Gegen Frauenschicksale – Eleonore Hödl im Interview

Gleiche Rechte für Frauen: Dafür sezt sich Eleonore Hödl auch in ihrer Pension weiter ein. | Foto: Jorj Konstantinov
  • Gleiche Rechte für Frauen: Dafür sezt sich Eleonore Hödl auch in ihrer Pension weiter ein.
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Seit 38 Jahren steht Eleonore Hödl an der Spitze des Instituts für Frau und Familie in Graz. Die Juristin war zudem Mitbegründerin des ersten Frauenhauses in der Steiermark und des Gewaltschutzzentrums in der Steiermark. Die 73-Jährige erzählt im WOCHE-Interview, warum Erziehung die Weichen für Gleichberechtigung von Männern und Frauen stellt, weshalb sie jeder Frau raten würde, auch mit Kindern im Arbeitsleben zu bleiben und über die Frauenquote.

WOCHE: Das Institut für Frau und Familie gibt es seit 1955. Was hat sich seit damals getan?
Eleonore Hödl: Damals ging es noch um Haushaltsführung und Einrichtungsberatung. Dann immer mehr um Beratungen zum Thema Karenz, Unterhalt nach Scheidung etc. Seit 2014 setzen wir stärker auf Veranstaltungen: Physikworkhops, Zeichensprache für Babys, Sommererlebnistage und so weiter. Das Tolle am Institut: Es hat sich ein Netzwerk gebildet aus Eltern, Frauen, Großeltern. Gerade für Frauen ist dieses Netzwerk wichtig, weil sie öfter zuhause bei den Kindern bleiben.

Wieso engagieren Sie sich seit so vielen Jahren ehrenamtlich?
Weil es mir wichtig ist, dass Frauen kostenlos und anonym an Informationen kommen. Ich hatte als Juristin bei der Pensionsversicherung viele Fälle, wo es besser gewesen wäre, die Frauen wären früher zur Beratung gekommen, vor allem nach Scheidungsfällen. Die Frauen waren dem Ex-Mann ausgeliefert, hatten den Beruf aufgegeben und auf einmal standen sie ohne Unterhalt da. Mein Ziel war es immer, Frauen die Hemmschwelle zu nehmen und auf direkter Basis zu beraten, um eben diese tragischen Frauenschicksale zu vermindern. Wenn ich mit meinem Wissen anderen helfen kann, das ist noch heute meine Motivation.

Warum ist "Familie" immer noch ein Frauenthema?
Es ändert sich etwas, dass auch Paare zu Karenzberatungen kommen, aber die Gesellschaft sagt noch immer, dass die Frau die Verantwortung für die Kindererziehung und für den Haushalt hat. Dadurch ist sie in ihrer Berufstätigkeit gehandicapt. Die Gleichstellung beginnt in der Familie: Wenn die Frau zwei Drittel der Hausarbeit und der Mann nur ein Drittel macht, wo kann hier Gleichberechtigung beginnen?

Bis wann werden wir die volle Gleichberechtigung von Frauen und Männern haben?
Das wird noch dauern. Die Familie ist der Schlüssel. Eine reine Hausfrau kann froh sein, wenn sie nach einer Scheidung Unterhalt bekommt. Ich würde jeder Frau raten, weiterhin im Beruf zu bleiben. Österreich sollte sich hier ein Vorbild etwa an Norwegen nehmen, wo auch die Arbeitswelt, die Gesellschaft und Betreuungssysteme danach gerichtet sind, Frauen nach der Karenz den Wiedereinstieg zu erleichtern. Dort ist Vereinbarkeit von Kindern und Beruf kein Thema.

Wie stehen Sie zur Frauenquote?
Ohne Frauenquote wären wir nicht dort, wo wir heute sind und würden Frauen oft nicht weiter oben sitzen, leider. Man muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Die Lohndifferenz von Frauen und Männern ist zu hoch. Die Pensionen der Frauen sind um 40 Prozent geringer als die von Männern. Das alles hat mit der Erwerbstätigkeit beziehungsweise der Karenzzeit der Frau und Teilzeitarbeit zu tun. Das System muss sich ändern.

Welche positiven Entwicklungen gab es für Frauen in den letzten Jahrzehnten?
Der gesetzliche Anspruch auf Elternteilzeit war ein enormer Schritt (Anm.: Elternteilzeit besteht bis zum 7. Geburtstag des Kindes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Betrieb mit mehr als 20 Leuten beschäftigt sind, und bereits drei Jahre dort gearbeitet haben). Das ist ein Fortschritt. Dennoch finde ich, dass der Karenzurlaub halbiert gehört. Ein Rückschritt sind konservative politische Tendenzen, in denen Frauenthemen wenig Beachtung finden. Das Problem ist eine Bewusstseinsfrage in der Gesellschaft.

Wie lassen sich diese Dinge ändern?
Die Frau trägt eine Doppelbelastung. Die öffentliche Hand muss hier Angebote stellen. Bei der Kinderbetreuung unter drei Jahren ist Österreich weit hinten. Kindergärten brauchen längere Öffnungszeiten, bis 15 Uhr sollte möglich sein, denn 12 Uhr ist für berufstätige Eltern uninteressant. Außerdem gibt es zu wenige Ganztagesschulen. Wenn man bei all den genannten Punkten ansetzt, gerät die Frau nicht irgendwann in eine finanzielle Abhängigkeit vom Mann.

Angebote:
Web:
www.institut-frau-familie.at
Anmeldungen:  0664/2142537 oder dr.hoedl@aon.at für "Spielerisch schlauer mit Schach" (8.8.), "Den Wald mit allen Sinnen erleben" (22.8.), "Rettenbachklamm" (29.8.) uvm.

Steckbrief:
Geboren am 7. April 1944.
1968 Promotion: Jus
1971-1999: Juristische Referentin, später Leiterin d. Rechtsabteilung b. d. Pensionsversicherung.
2000-2006: Lehrbeauftragte KFU Graz, danach Laienrichterin.
1981: Gründungsmitglied erstes Frauenhaus Steiermark
1995: Mitbegründerin Gewaltschutzzentrum Steiermark

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