Wir warten auf die Murgondel, aber sie kummt net – oder?
Das Thema Murgondel köchelt in Graz mit schöner Regelmäßigkeit hoch – wir haben einmal beim Seilbahnexperten Doppelmayr nachgefragt.
Wohl kaum ein Bauprojekt in der jüngeren Geschichte der Stadt Graz wurde so heiß und kontroversiell diskutiert, bevor es auch nur in die Nähe einer Realisierung gekommen war – die Murgondel. Geht es nach Bürgermeister Siegfried Nagl und Holding-Boss Wolfgang Malik soll diese bekanntlich den Grazer Norden mit dem Flughafen verbinden (siehe unten). Trotz mehrerer Rückschläge und sogar Petitionen gegen die Errichtung, köchelt das Thema immer wieder hoch. Die WOCHE hat deshalb einmal bei Doppelmayr in Vorarlberg, einem der Weltmarktführer im Seilbahnbau, bezüglich einer Realisierung nachgefragt.
Andere Rechtslage in Österreich
"Graz hat doch schon mit der Errichtung des Kunsthauses oder der Murinsel Mut bewiesen und ihn nicht bereut", rührt Michael Bitterl, verantwortlich bei Doppelmayr für den österreichischen und westeuropäischen Markt, verständlicherweise die Werbetrommel für die Murgondel. "Dieses Projekt ist für uns natürlich höchst interessant – wir sind auch seit Jahren mit der Stadt Graz darüber in Kontakt."
Dass viele Menschen in unseren Breiten mit einer Seilbahn als vollwertigem Teil eines öffentlichen Verkehrsnetzes wenig anfangen, ist für den Fachmann nichts Neues. "In Österreich oder Mitteleuropa werden Seilbahnen natürlich in erster Linie mit Skifahren assoziiert – deswegen musst du hier sensibler mit dem Thema umgehen. Auch die Rechtslage ist bei uns anders. Du brauchst in Österreich ja die Zustimmung jedes Grundstückeigentümers, über dessen Grund die Trasse gehen würde", klärt Bitterl auf, "weshalb in Graz ja eigentlich auch nur die Linienführung entlang der Mur, also über öffentlichem Raum, infrage kommt."
4.500 Passagiere pro Stunde
Bedenken über die zu geringe Passagier-Kapazität einer Seilbahn wischt Bitterl vom Tisch. "Natürlich muss eine urbane Seilbahn in Graz anderen Kriterien entsprechen als etwa unsere neue Gondel-Bahn am Kreischberg – das geht von den Betriebszeiten bis zur Fahrgeschwindigkeit. Aber in Bolivien befördern wir in La Paz mit drei Linien 19 Millionen Fahrgäste pro Jahr. Abhängig vom System befördern wir in einer Stunde bis zu 4.500 Passagiere pro Richtung."
Bleibt nur die Frage nach dem Geld – selbst für Experten klingen die von Nagl und Malik veranschlagten 90 Millionen überaus optmistisch …
Die Murgondel
Bereits 2011 ging Wolfgang Malik mit der Vision einer Murgondel an die Öffentlichkeit. Ursprünglich wurde eine Streckenführung von der Weinzödlbrücke bis zum Flughafen Thalerhof angedacht. Später brachte Bürgermeister Siegfried Nagl weitere Linien (nach Reininghaus oder zum Hauptbahnhof) aufs Tapet. Laut Machbarkeitsstudie würde eine Trassenführung entlang der Mur rund 90 Millionen kosten – viel zu wenig, sagen Kritiker. Verschiedene Initiativen haben gegen das Projekt mobil gemacht. Auf www.openpetition.de/petition/online/gegen-eine-seilbahn-gondel-murgondel-fuer-graz-at haben knapp 1.400 Menschen gegen die Murgondel unterschrieben.
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