Von der Murtaler Zeitung zur Krone

- Hans Dichand, Herausgeber der Kronen Zeitung, ist am Donnerstag, 17. Juni, im 89. Lebensjahr verstorben. Foto: Kronen Zeitung
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Hans Dichand übernahm als 23-Jähriger die Verlagsleitung und Chefredaktion der Murtaler Zeitung. Versuch eines Nachrufes.
WOLFGANG PFISTER
Hans Dichand, Herausgeber und Miteigentümer der Kronen Zeitung, wurde am 29. Jänner 1921 als Sohn eines Arbeiters in Graz geboren. Der gelernte Drucker wollte schon von Jugend an Journalist werden. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg, im zarten Alter von 14 Jahren, bewarb sich Hans Dichand bereits bei der ?Kronen Zeitung?, die später sein ganzes Leben bestimmen sollte. Damals allerdings noch vergeblich.
Nach dem Krieg sollte sein Jugendtraum aber wahr werden. Beim Britischen Nachrichtendienst in Graz unter einem gewissen Major Knaur tätig, verhalf ihm dieser zu seinem ersten Posten ?bei einer richtigen Zeitung?.
In seinem autobiographischen Werk ?Im Vorhof der Macht?, das 1996 im Ibera & Molden-Verlag erschienen ist, beschrieb Hans Dichand in einem Kapitel auch seine Zeit bei der ?Murtaler Zeitung? in Judenburg. Die ?Erinnerungen eines Journalisten? sind natürlich auch Teil der nunmehr fast 100-jährigen Firmengeschichte der ?Murtaler Zeitung?, deren Gründung bereits auf das Jahr 1912 zurückgeht. Darin kommt übrigens auch ein Hugo Portisch vor, der nach dem Krieg als Korrespondent für die ?Murtaler Zeitung? tätig war.
Hans Dichand sah sich immer als Journalist. Als solcher hatte er ein untrügliches Gespür für Geschichten, die die Menschen bewegen. Der Inhalt einiger seiner Leitartikel, die er für die ?Murtaler Zeitung? schrieb, ist ?Im Vorhof der Macht? wiedergegeben. Hans Dichand schildert darin auch den damaligen Redaktionsalltag und die enge Zusammenarbeit mit der Druckerei, die ?im Zeichen der Nachkriegsnot? standen. Dichand, der damals als Untermieter in einem Haus am Stadtrand von Judenburg gewohnt hat, erlebte jene Dramen und Tragödien, die sich hier nach dem Krieg vor Ort abspielten, hautnah.
?Nun war ich also Redakteur, erhielt 500 Schilling monatlich (damals keine schlechte Bezahlung), dazu ein Weißbrot sowie eine Erbsensuppe; das Brot war oft schimmelig und die Erbsensuppe angebrannt, aber für mich war das nach Krieg und Gefangenschaft ein ungeheuer positiver Anfang?, schrieb Dichand in seinen Erinnerungen in der Jubiläumsausgabe am 20. Juni 1987 zum 75. Bestandsjahr der ?Murtaler Zeitung?
Im Jahr 1948 verließ Hans Dichand die ?Murtaler Zeitung? und ging zur ?Kleinen Zeitung? nach Graz, wo er bis 1954 als Chefredakteur tätig war.
Danach widmete er sich als Chefredakteur in Wien dem Aufbau des ?Kurier?, den er im Jahr 1958 wieder verlassen hat, weil er angeblich trotz seiner Erfolge keine Gewinnbeteiligung bekommen hatte.
Im Jahr 1959 kam es schließlich gemeinsam mit Kurt Falk zur Gründung der ?Neuen Kronen Zeitung?. Der damalige, mächtige íGB-Chef Franz Olah bürgt im Hintergrund diskret mit Gewerkschaftsgeldern für den Neustart der Krone. In der Folge versucht der íGB, seinen Einfluss im Blatt geltend zu machen, worauf man sich im Jahr 1969 vergleicht und den íGB monetär entsprechend abfertigt.
Im Jahr 1987 kam es schließlich zum Streit und letztendlich zur Trennung zwischen Hans Dichand und Kurt Falk, der daraufhin ?Die ganze Woche? gegründet hat. Kurt Falk verstarb übrigens im Jahr 2005 an den Folgen einer Leukämie.
Dichand holte nach der Abfertigung von Falk die WAZ als 50-Prozent-Partner ins Boot. Ein Jahr später beteiligte sich die WAZ-Gruppe auch am ?Kurier?. Damit war die ?Mediaprint? geboren.
Die ?Kronen Zeitung? hatte sich in ísterreich unter Hans Dichand inzwischen so etwas wie eine Monopol-Stellung erkämpft, was immer wieder zu heftiger Kritik geführt hat und führt. Denn Zeitungszar Hans Dichand avancierte damit zu einem der mächtigsten Männer der Alpenrepublik. Auch wenn er sich selbst tiefstaplerisch nur ?im Vorhof der Macht? gesehen hat, stand er längst in deren Zentrum.
Hans Dichand wusste durchaus auf seinem Machtinstrument zu spielen und nicht wenige tanzten auch nach seiner Pfeife. Dichand trat in und mit seiner ?Krone? als Umweltschützer, Tierschützer, aber auch als Menschenfreund auf. Am Beispiel Hainburger Au, Zwentendorf und vielen weiteren, emotionsgeladenen Themen zeigte sich, was Dichand mit der Kronen Zeitung bewegen konnte, wenn er wollte.
Politisch ließ sich Hans Dichand nie einordnen und auch nicht benutzen, außer er wollte das selbst. Auch aus der Blattlinie der ?Kronen Zeitung? war nie ein eindeutiger Trend herauszulesen. Die Krone sei ausschließlich ihren Lesern verpflichtet, ließ Dichand immer wieder wissen.
Das ?Profil? zitierte in diesem Zusammenhang Elfriede Jelinek: Die Massen lesen die ,Kronen Zeitung?, das heißt, sie hören sich selbst beim Denken zu, ohne zu ahnen, dass man ihnen nur gibt, was sie immer schon gesagt haben.?
Mag sein. - Sicher ist, dass Zeitungsmacher Hans Dichand immer ein untrügliches journalistisches Gespür für das hatte, was die Leute bewegte und er damit den Grundstein für den Erfolg seines Zeitungs-Imperiums gelegt hat, das jetzt von dessen Familie weitergeführt werden soll.
Bereits im Jahr 2003 hatte der alte Medien-Tycoon ja schon seinen Sohn Christoph Dichand (45) als Chefredakteur implementiert. Dessen Gattin Eva Dichand hat sich mit der Gratiszeitung ?Heute? ebenfalls in der österreichischen Zeitungslandschaft positioniert.
Inzwischen wurde und wird eifrig darüber spekuliert, was aus dem Erbe des wohl erfolgreichsten österreichischen ?Journalisten? werden wird, der sich bei der ?Murtaler Zeitung? seine ersten Sporen als Chefredakteur verdiente und dessen ganzes Leben in der Medienbranche eine einzige Erfolgsgeschichte ist, die sich in der Reichweite und dem Einfluss der ?Kronen Zeitung? in ísterreich spiegelt.
Auch wenn das Wirken des am Donnerstag, 17. Juni 2010 im AKH Wien verstorbenen Medien-Tycoons Hans Dichand als Journalist, als Chefredakteur, Zeitungsherausgeber und Verleger nicht frei von jeder Kritik gesehen werden kann, so überwiegt bei mir als einem seiner unbedeutenden Nachfolger bei der ?Murtaler Zeitung? doch die Anerkennung und der Respekt vor dessen herausragenden Leistungen.
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