Grazer Tätowierer in Sorge
Neue Regeln bringen Existenzängste

Für Sahra Fötsch und ihr Team beim Peckstage geht es nicht nur um Farben, sondern ums wirtschaftliche Überleben. | Foto: Jorj Konstantinov
3Bilder
  • Für Sahra Fötsch und ihr Team beim Peckstage geht es nicht nur um Farben, sondern ums wirtschaftliche Überleben.
  • Foto: Jorj Konstantinov
  • hochgeladen von Fabian Prettner

Die neuen Gesetze für Tattoo-Farben treffen nicht nur Kunden, die zumindest bis zur Entwicklung von Alternativen auf bunte Tätowierungen verzichten müssen. Sorge herrscht auch bei den Tattoostudios in Graz vor, die mit den neuen Regeln in ihrer Existenz bedroht sind.

GRAZ. "Ich glaube, dass das eher eine politische Geschichte ist", meint Martin Wabnegg, bekannt unter dem Künstlernamen "Brave" vom Studio Voodoo-Tattoo. Er kann sich nicht vorstellen, dass die neuen Verbote für Tattoo-Farben ab Jänner wirklich nur wegen gesundheitlicher Probleme eingeführt werden. "Dafür gibt es ja keine Beweise, das finde ich schon ein bisschen an den Haaren herbeigezogen", meint der Grazer Tattookünstler. Wie es bei ihm im Studio weitergeht, wie lange noch Farbtattoos gestochen werden können, das kann Wabnegg zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Fest steht aber, dass ein Verbot ihn wirtschaftlich schwer treffen würde, da farbige Tattoos einen großen Teil des Geschäfts ausmachen. Und auch künstlerisch wäre es schade. "Bei der Farbe fängt die Kunst erst richtig an", meint er. Sorgen macht er sich auch darüber, dass Kunden vielleicht auf den unsicheren Schwarzmarkt ausweichen werden, wenn es kein gutes legales Angebot mehr gibt.

Für Martin Wabnegg, genannt Brave von Voodoo-Tatoo fängt Tätowieren erst bei der Farbe richtig an. | Foto: Brave von Voodoo-Tattoo
  • Für Martin Wabnegg, genannt Brave von Voodoo-Tatoo fängt Tätowieren erst bei der Farbe richtig an.
  • Foto: Brave von Voodoo-Tattoo
  • hochgeladen von Fabian Prettner

Unverschuldet in Existenznot

Für Sarah Fötsch, Inhaberin des Tattoo-Studios Peckstage, wäre ein ersatzloser Wegfall vieler Farben ebenfalls eine wirtschaftliche Katastrophe. Vor allem die fehlenden Informationen, ob es rechtzeitig brauchbare Alternativen zu den bisherigen Farben geben wird, stellt sie vor große Probleme. "Wie komme ich als Unternehmerin nach zehn Jahren eigentlich dazu, dass ich mich fragen muss, wie es mit mir weitergeht?", fragt sie. Besonders, weil das Unternehmen ja wirtschaftlich gesund ist. "Die EU ist aus meiner Sicht, wenn sie eine Verordnung trifft, verpflichtet, da auch Alternativen anzubieten", meint Fötsch. Für die gesundheitliche Gefahr fehlt auch aus ihrer Sicht eine Datenbasis, da es keine Laborstudien gäbe. Die bisherigen Standards wären außerdem hoch: "Das liegt ja auch in unserem Interesse, wir werden jährlich kontrolliert, verwenden nur zertifizierte Farben und investieren in Bildung zur Hygiene", erklärt sie. Ohne bunte Farben wäre der Betrieb wirtschaftliche jedenfalls nicht zu stemmen. "Wir sind ein siebenköpfiges Team und haben Familien zu versorgen", erzählt Fötsch. "Natürlich sind der Druck und die Ängste da sehr groß."

Foto: Jorj Konstantinov

Tattoos werden wohl teurer

Iris Urschitz vom Tattoo-Studio Stichtag ist sich ebenfalls noch nicht ganz sicher, wie es im Jänner weitergeht. "Die ersten neuen Farben kommen jetzt auf den Markt, wie gut die sind, wird sich aber erst zeigen", erklärt sie. Was sich aber schon abzeichnet ist, dass Farben und andere Materialien, die zum Tätowieren gebraucht werden, merkbar teurer werden, was wohl auch die Endkunden zu spüren bekommen. "Dass wir die alten Farben wegschmeißen müssen, ist aus finanzieller Sicht natürlich auch traurig", meint Urschitz. Wie ihre Kollegen macht sie sich außerdem Sorgen, wie es in Zukunft mit den Qualitäts- und Hygienestandards weitergeht. "Wir haben während Corona schon bemerkt, dass der Pfusch zunimmt", meint sie. "Viele Farben, die wir nicht verwenden können, sind ja trotzdem erhältlich. Und in irgendwelchen Wohnungen im dritten Stock gibt es keine Kontrollen, mit was tätowiert wird." Viel hängt daher auch davon ab, ob Kunden weiter zu Profis ins Studio gehen oder auf den Schwarzmarkt ausweichen. Die nächsten Wochen werden auf jeden Fall auch für Tätowierer entscheidend sein, um Gewissheit über ihre Zukunft zu bekommen.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.