Wenn die Last zu groß wird
Erste Hilfe bei psychischen Krisen leisten
Klassische Erste Hilfe für den körperlichen Notfall ist bekannt, doch wie geht man vor, wenn ein Mitmensch seelisch leidet? - Der Psychosoziale Dienst Fürstenfeld gab in einem Informationsabend für die breite Öffentlichkeit Antworten auf diese Frage.
FÜRSTENFELD. Fällt jemand auf der Straße um und bleibt regungslos liegen, bringt man die Person in die stabile Seitenlage und ruft die Rettung.
Doch was macht man eigentlich, wenn ein Mensch aggressiv herumschreit, oder ganz im Gegenteil völlig apathisch wirkt? Was, wenn jemand weint und vollkommen verzweifelt zu sein scheint oder gar mit einem Selbstmord droht?
Was, wenn Jugendliche sich selbst zu verletzen beginnen, Bekannte sich völlig zurückziehen, und Angehörige sich mehr im Internet als in der realen Welt bewegen? Wie gibt man der Seele angemessene Erste Hilfe und welche Schritte sind danach notwendig?
Krisen haben viele Gesichter
Unter dem Titel „Krisen halten sich an keine Regeln“ veranstaltete der Psychosoziale Dienst des Hilfswerks in Fürstenfeld gemeinsam mit der GoOn-Suizidprävention einen kostenlosen Informationsabend für Bürgerinnen und Bürger im Jugendgästehaus Fürstenfeld ab.
Expertinnen und Experten gaben Auskunft darüber, welche Arten psychischer Krisen es überhaupt gibt und woran man sie erkennt und boten Tipps für den konkreten Umgang mit Menschen in ein psychischen Notlage. Außerdem informierten sie über das breite Hilfsangebot für Betroffene und Angehörige.
Auslöser immer individuell
Psychische Krisen halten sich in der Tat an keine Regeln. Was der eine noch halbwegs gut oder locker wegsteckt, kann einem anderen Mensch die Seele erschüttern. Die Krise fragt auch nicht, ob der Zeitpunkt gerade passt. Ein Auslöser für eine psychische Krise kann jeden jederzeit treffen und bei jedem Menschen ist dieser Auslöser etwas anderes:
Ein geliebter Mensch, der stirbt, ein Jobverlust, eine psychisch gewalttätige Beziehung und sogar an sich freudige Anlässe wie eine Geburt oder eine Pensionierung können Menschen in ein Loch aus Aussichtslosigkeit, gefühltem Kontrollverlust, Angst vor der Zukunft, Erschöpfung und Antriebslosigkeit und vielem mehr fallen lassen.
Notrufnummer für psychische Krisen
Schnelle, anonyme, kostenfreie Hilfe und psychologisch geschulte Gesprächspartner finden Betroffene wie Angehörige beim Psychiatrischen Krisentelefon Psynot
Tel.: 0800 44 99 33
Chronische Krise verhindern
Trauer, Angst, Wut - all das darf sein und ist Bestandteil des Lebens.. Wichtig ist, dass dass der Zustand nicht über Wochen und Monate unverändert schlecht bleibt oder sich gar verschlechtert und die Lage und damit das Leiden chronisch werden. Um das zu verhindern, ist es wichtig, sich rechtzeitig Hilfe zu holen.
Hilfe vor Ort im PSD Fürstenfeld
Der Psychosoziale Dienst in Fürstenfeld ist Anlaufstelle für Angehörige wie Betroffene und bietet zunächst in Beratungsgesprächen die Gelegenheit, die individuelle Lage zu schildern und die weiteren Handlungsschritte abzuklären.
Dabei reicht das Angebot des PSD Fürstenfeld von Psychotherapie in Form von Gesprächs- und Verhaltenstherapie, systemischer Therapie und – bemerkenswert für ein kostenloses Angebot in der Oststeiermark auch Traumatherapie – über medizinisch-psychiatrische Hilfe, mobile Sozialpsychiatrische Betreuung und Rechtsberatung bis hin zu Tagesstrukturen und vollzeitbetreutem Wohnen. Auch Suchtberatung und Streetwork bietet das PSD Fürstenfeld. Menschen mit geringem Einkommen stehen die Psychotherapie und viele weitere Angebote sogar kostenlos zur Verfügung.
Jüngere Generation bereits offener
Christoph Lackner, Teamleiter der Psychosozialen Beratungsstelle Fürstenfeld wünscht sich, dass Angebote wie der Informationsabend dabei helfen, dass es auch in der Altersgruppe 50+ normaler wird, über psychische Probleme offen zu reden und sich auch konkrete Hilfe zu holen. „Bei den jüngeren merken wir da schon einen Wandel“, sagt er und führt dies auch auf das große Informationsangebot über psychische Probleme in den Sozialen Medien zurück.
Zuwendung und ein offenes Ohr
Doch zurück zu den Fragen vom Anfang: was tun, wenn man bemerkt, dass ein anderer Mensch sich augenscheinlich in einer Krise befindet. „Zugewandt bleiben und vor allem zuhören“, rät Christoph Lackner. "Und nichts ausreden, verharmlosen und beschwichtigen, egal was erzählt wird. Zuerst sollte man einfach einmal akzeptieren, was kommt." , erklärt Lackner und rät auch davon ab, Betroffene in der eigenen Hilfs-Willigkeit zu sehr mit Tipps und eigenen Erfahrungen zu überschütten. "Was mir geholfen hat, muss einem anderen noch lange nicht helfen", gibt er zu bedenken. Und „Auch wenn jemand aggressiv ist: zunächst muss einfach alles einmal raus.“
Eigene Sicherheit geht immer vor
Aber natürlich gilt hier der gleiche Grundsatz wie auch bei der körperlichen Ersten Hilfe: „Selbst darf ich mich nicht Gefahr begeben.“ Muss man befürchten, durch sein eigenes Einschreiten selbst verletzt zu werden ist es besser, gleich den Notruf zu wählen und die Rettung und gegebenenfalls auch die Polizei zu verständigen.
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