Schwerpunkt Lehre 2023
„Lass dir beim Job von anderen nichts einreden“
Katharina Thier aus Dechantskirchen wollte schon immer einen technischen Beruf ergreifen. Klischees über die „richtigen“ Berufe für Frauen ließen sie zunächst jedoch das Zuckerbäcker-Handwerk erlernen. Dank einer Lehre am zweiten Bildungsweg ist die zweifache Mama heute als Glasbautechnikerin voll in ihrem Element angekommen.
KROISBACH/DECHANTSKIRCHEN. „Als Frau kannst du eigentlich nur Verkäuferin, Frisörin oder Köchin und Kellnerin werden.“ Das war die klare Botschaft, die Katharina Thier von ihrem Umfeld bekam, als sie vor ihrer Lehre vor der Berufswahl stand.
Und obwohl Kroisbacherin schon immer von technischen Berufen fasziniert war, beugte sie sich in ihren jungen Jahren dem gesellschaftlichen Druck. Letzten Endes erlernte sie das Handwerk der Zuckerbäcker – für sie noch jener Beruf innerhalb der knappen Auswahl, der das meiste technische Know-How verlangte.
Die Konditorei machte Thier tatsächlich echte Freude, sodass sie sich vorstellen konnte, langfristig dieser Arbeit nachzugehen. Allerdings wurde sie schon relativ jung Mama zweier Kinder. Die Tätigkeit in der Gastronomie war durch die Wochenenddienste leider ganz und gar nicht familienfreundlich und so beschloss sie, nach einer neuen Arbeit Ausschau zu halten.
Kindheitstraum verwirklicht
Dieses Mal aber ließ sie sich nicht mehr dreinreden, sondern verfolgte beharrlich ihren Herzenswunsch nach einer technischen Lehre. Bei der vom AMS finanzierten Stiftung der steirischen Zentren für Ausbildungsmanagement (kurt: ZAM) fand sie tatkräftige Unterstützung für ihr Vorhaben.
Schließlich wurde es für sie die Glasbautechnik. Doch das war eine Liebe erst auf den zweiten Blick. Denn zunächst konnte sie sich wenig unter diesem Beruf vorstellen. Eine örtliche Glaserei ließ sie aber mit deren Gesellen mitfahren und in die Tätigkeit hinein schnuppern. Ab da war es um Thier geschehen. Sie hatte „ihren“ Beruf gefunden.
Im selben Betrieb absolvierte sie die Lehre, die regulär 4 Jahre dauern würde, in flotten zwei Jahren und drei Monaten – und das bei einem Beschäftigungsausmaß von 30 Stunden. Sogar die "Styrian Skills", also die steirischen Berufsmeisterschaften gewann sie in ihrer Alterskategorie. Derzeit ist sie voll im Training für die Staatsmeisterschafen „Austrian Skills“ im kommenden November und ist guter Hoffnung auf eine Medaille.
Besserer Lohn und mehr Selbstsicherheit
Der ungewöhnliche Weg der Zweifachmama trägt Früchte. Der Umstieg in die Technik macht sich alleine schon am Konto bezahlt. Verglichen mit der Arbeit im Service – was Thier zwischendurch auch erledigte – landen in der Glasbautechnik jeden Monat satte zwei- bis dreihundert Euro mehr auf ihrem Konto; und das auch in Teilzeit.
Für das Familienbudget bedeutet das, dass die Last nicht mehr hauptsächlich auf den Schultern von Katharinas Ehemann liegt. Dieser stand aber ohnehin von Anfang an voll hinter Katharina und ihrem Weg und wäre sogar bereit gewesen, für die Ausbildung seiner Frau und die Betreuung der gemeinsamen Kinder Teilzeit arbeiten zu gehen.
Katharina Thier selbst sagt, dass sie der Umstieg auch persönlich enorm gestärkt habe:
„Ich weiß wer ich bin und was ich kann und ich lasse mir von niemandem mehr irgendetwas anderes einreden.“
Katharina Thier, Glasbautechnikerin am zweiten Bildungsweg
Ihren beiden Kindern wünscht sie, dass auch diese später selbstbewusst für das losziehen, wo ihr Herzblut drinsteckt. „Ganz egal, was wir Eltern, die Großeltern oder sonst wer sagen: ich möchte für meine Kinder, dass sie den Beruf finden und auch ausüben, der ihnen von Herzen Freude bereitet.“
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