Weltfrauentag
Zwischen Repräsentation und Gestaltung - Frauen in Medien

Verena Gruber im Radio.  | Foto: Franz Menghin, Matthias Schweighöfer, Ivo Corrá, Manuela Tessaro
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Inspiriert durch eine Studie von ProQuote Medien und anlässlich des Weltfrauentages am 8. März soll der Fokus auf vier interessante Frauen der Medienwelt gerichet werden.

Verena Gruber (freischaffende Journalistin für TV und Radio), Tanja und Claudia Ploner (Produzentin und Drehbuchautorin des Kurzfilms "Womens Business") und Christina Vettorazzi (Journalistin) erzählen von ihrer Liebe zu den Medien und von den Voraussetzungen, die Frauen in der Medienbranche haben.

Hard Fakts zu Frauen in Medienberufen

Dass echte Gleichstellung auch in den Medien noch nicht angekommen ist, zeigt eine 2018/19 veröffentlichte Studie von ProQuote Medien. Die Ergebnisse der Studie beziehen sich auf deutsche Regionalmedien und belegen, dass 95 Prozent der Chefredakteur*innen aller 100 Regionalzeitungen in Deutschland Männer sind. Auch die Stellvertreter*innenpositionen sind nur zu 18 Prozent von Frauen vertreten. Frauen sind also besonders in Führungsebenen unterrepräsentiert.

Infografik zur ProQuote Studie | Foto: Matthias Janson

Auch in anderen Medienbereichen sind die beruflichen Rollen zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt. So zeigt die im Februar 2017 von ARD und ZDF veröffentlichte Studie „Gender und Fernsehfilm“, dass Frauen eher im Bereich Kostüm dominant waren, während Männer an der Kamera standen oder für den Ton verantwortlich waren. Des Weiteren sind Geschlechterunterschiede auch im Bereich der Regie und des Drehbuchs erkennbar. So stammen 62 Prozent der Drehbücher der Fernsehfilme aus dem Beobachtungszeitraum von Männern und bei 83 Prozent der analysierten Filme führten Männer die Regie.

Der Traum vom (Mit)gestalten in den Medien

Trotz all dieser Voraussetzungen war es die Liebe am Gestalten, Verändern und Mitwirken, die unsere (süd)tiroler Medienfachfrauen zu ihrem Beruf geführt haben. Alle vier Damen entwickelten ihr Interesse an Medien bereits in jungen Jahren.
Claudia Ploner, Chefredakteurin des Magazins "die Zeitlos" und Drehbuchautorin von "Womens Business", schnupperte bereits im schulischen Zweig "Kommunikation und Sprachen" am KORG Innsbruck Medienluft : "Mich hat immer schon die Möglichkeit inspiriert einen wirklichen Impact haben zu können. Medien sind Mittel zur Kommunikation mit der Welt und können Menschen und Gruppen Stimmen geben, die sonst vielleicht keinen Raum zur Verfügung gestellt bekommen."


Schwerpunkt Mediendesign


Auch ihre Schwester Tanja Ploner, Produzentin von "Womens Business", zog es schon früh in Richtung Medien und besonders in den Bereich Film. Seit sie mit acht Jahren das „Hinter den Kulissen“-Material von „Der Herr der Ringe“ gebannt verfolgt hat stand für sie fest: das soll es werden. Sie entschied sich daher für den Schwerpunkt Mediendesign an der HBLA Innsbruck Ferrarischule und anschließend für das Bachelorstudium Medientechnik an der Fachhochschule St. Pölten: "Mich persönlich hat schon immer interessiert, wie denn etwas zustande kommt. Ich habe stehts das gesamte verfügbare Bonusmaterial von Filmen angesehen und wollte Backstage-Führungen machen. Die Medienbranche hat mich immer schon fasziniert, besonders zu sehen, wie so viele Experten auf ihrem Gebiet zusammenarbeiten, um an ein gemeinsames Ziel zu kommen. Ich denke (hoffe), dass es in der Branche mehr darauf ankommt, welche Referenzen und Qualifikationen man aufweist als welches Geschlecht man nun hat."

Inspirationsquelle

Doch nicht nur die Schule dient als Inspirationsquelle für den Medienberuf. FürVerena Gruber, unter anderem Journalistin bei Ö1, war vor allem ihr Vater ein großes Vorbild: "Als Kind und Jugendliche wollte ich Regisseurin werden, mit 18 dann Journalistin. Mein Vater war mein erstes Vorbild, er war Radio- und TV-Journalist, später dann Kulturchef der Südtiroler “Dolomiten”. Ich wollte schon immer gestalten, kreativ sein, kritisch sein. Ich wollte Geschichten erzählen und gleichzeitig Menschen zum Nachdenken animieren. Das alles kann ich als Radio- und TV-Journalistin - in den Features, die ich gestalte, den Dokus und auch mit den jungen Menschen, die ich unterrichte. Die Welt des Journalismus ist eine bunte vielfältige Welt, in der sich für mich immer wieder neue Türen öffnen und Chancen ergeben!"

Frauen sind in Medienberufen besonders in den Führungspositionen unterbesetzt. Das zeigt eine Studie von ProQuote Medien.  | Foto: Pixabay
  • Frauen sind in Medienberufen besonders in den Führungspositionen unterbesetzt. Das zeigt eine Studie von ProQuote Medien.
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Medienluft schon früh schnuppern und kennenlernen, das war der Grund für Christina Vettorazzi, Journalistin zu werden: "Ich habe nach der Matura ein Praktikum bei einer deutschen Tageszeitung gemacht und dann entschieden, dass das wohl ein Match ist. Seither bin ich dabei geblieben und freue mich auf alles, was noch kommt!"

Christina Vettorazzi ist eine junge freie Journalistin.  | Foto: Günther Egger
  • Christina Vettorazzi ist eine junge freie Journalistin.
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Geschlechterrollen in Medienberufen

Auch wenn die Liebe zu den Medien bei den vier Damen stark ausgeprägt ist, leugnet keine von ihnen, dass die Auseinandersetzung mit ihrer Leidenschaft nicht auch Herausforderungen mit sich bringt. So sind es besonders die stereotypen Geschlechterrollen, mit denen Frauen in Medienberufen konfrontiert sind.
Neben der Sexualisierung der Frau scheint besonders auch die Mutterrolle ein Hindernis in der Medienbranche zu sein, so berichtet Verena Gruber folgendermaßen: "Als ORF TV Moderatorin habe ich viele sexistische Kommentare über mich ergehen lassen müssen, aus dem Publikum, aber auch von Kollegen aus den eigenen Reihen. Eine Moderatorin im TV wird oft wegen ihres Aussehens und ihrer Kleidung kritisiert, bei männlichen Kollegen war man da viel weniger kritisch. Dies galt ebenso, als mein Sohn auf die Welt kam und ich nicht mehr Vollzeit arbeiten wollte bzw. konnte."

Kampf um Anerkennung

Auch Claudia Ploner hat diesen Vergleich mit männlichen Kollegen kennenlernen müssen. "In meiner Arbeit bei dem Magazin „Die Zeitlos“ habe ich die Chef*innenredaktion gemeinsam mit einer männlichen Person geteilt. Mir ist aufgefallen, dass die Menschen aber grundsätzlich meist zunächst einmal davon ausgegangen sind, dass ich nur die Stellvertretung bin. In Gesprächen, die wir beide führten, wurde er tendenziell mehr angesprochen. Auch die Art und Weise wie mit uns kommuniziert wurde, beziehungsweise mit welchen Themen man an uns jeweils herantrat, haben sich teilweise sehr unterschieden. Gefühlt musste ich teilweise viel mehr um Anerkennung kämpfen. Trotzdem möchte ich auch betonen, dass ich diese Erfahrungen keinesfalls in allen Bereichen und Situationen, beziehungsweise mit allen Menschen mit denen ich im Zuge dessen zutun hatte, gemacht habe.", berichtet die junge Journalistin.

Claudia und Tanja Ploner am Set von "Womens Business".  | Foto: Patricia Melicha
  • Claudia und Tanja Ploner am Set von "Womens Business".
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Dass es besonders in Führungspositionen an Frauen mangelt, bestätigt Verena Gruber ebenfalls: "Frauen sind in Medienberufen stark vertreten. Wo sie nach wie vor fehlen, ist in den Führungsebenen. Unsere Welt ist geprägt von Diversität. Das heißt, diese Vielfalt, auch kulturell und ethnisch, soll sich auch in der Führungsebene aller Berufe wiederfinden!"
Dabei sind sich alle Damen einig - Frauen leisten genauso gute Arbeit wie Männer.
"Ich denke Frauen und Männer - und das ganz allgemein – haben mehr gemein, als was sie trennt. Vielleicht gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die kulturübergreifend, im Schnitt bei Männern stärker ausgeprägt sind, als bei Frauen, aber ich denke, da gibt es sehr viele soziale Erwartungen und Stereotypen. Ich denke diese Stereotypen prägen auch unser Selbstbild als Frauen, unseren Blick auf andere und unser Verhalten. Frauen halten sich für em¬pa¬thi¬scher (oder wollen so gesehen werden), Männer geben sich weniger verletzlich. Aber letztendlich ist die Herangehensweise – wenn beide professionell arbeiten – dieselbe.", so die freischaffende Journalistin für TV und Radio.

Tanja Ploner sieht zudem sogar noch einen Mehrwert in der Medienarbeit von Frauen: "Die Medienbranche ist eine sehr stressige Branche. Man hat viel Konkurrenz, Zeitdruck und arbeitet häufig in Teams. Ich habe beobachtet, dass, wenn es stressig wird, Frauen weniger aggressiv werden als männliche Kollegen. Auch wenn es dem Klischee entspricht, sind Frauen eher kommunikativ, also sie sehen eher die Notwendigkeit, dass Dinge im Vorfeld besprochen werden sollten. Frauen sind meiner Meinung nach auch sehr viel organisierter. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel, aber ich sehe deutlich mehr Frauen in den Organisationsberufen als Männer."

Frauen und Männer leisten die selbe Arbeit, da sind sich die jungen Medienfachfrauen einig.  | Foto: Pixabay
  • Frauen und Männer leisten die selbe Arbeit, da sind sich die jungen Medienfachfrauen einig.
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Doch warum wird die Medienwelt dennoch mehr von Männern gestaltet? Sowohl Christina Vettorazzi als auch Claudia Ploner sehen den Ursprung darin in der Sozialisation, sowie der medialen Repräsentation der Frauen.
"Durch Sozialisation gegebene Unterschiede fallen mir persönlich oft in der eigenen Selbstdarstellung oder dem eigenen Selbstbewusstsein auf. Männlich sozialisierte Personen lernen sich auf sich, ihre Leistung und die folgende Anerkennung viel mehr zu verlassen als weiblich sozialisierte Menschen. Dabei sind sie daran gewöhnt, ihre Stimme gehört zu wissen und weniger auf ihr Umfeld einzugehen und zu reagieren.", so die Chefredakteurin des Magazins "die Zeitlos".
"Ich fühle mich als Frau grundsätzlich nicht ausreichend repräsentiert. Das betrifft nicht nur die Medien, die in meinen Augen nur ein Spiegel der Gesellschaft sind.", betont Christina Vettorazzi.

Medienwelt im Wandel

Dass die Medienwelt sich allerdings im Wandel befinden und Frauen immer mehr in den Fokus rücken, ist den jungen Medienfrauen ebenfalls bewusst. So erzählt Tanja Ploner: "Ich denke, dass sich da in den letzten Jahren viel getan hat. Also ich gebe zu, „normales Fernsehen“ schaue ich eigentlich gar nicht, aber wenn ich so an Serien und Filme denke, dann schon, ja. Also zumindest in dem Aspekt, dass es auch einige Frauen in Hauptrollen gibt." "Ich denke es hat sich vieles verändert. In den 80er Jahren war der journalistische Beruf ein Männerberuf. Der Journalist die Berufsbezeichnung. Das Politik-Ressort war fast ausschließlich männlich besetzt. Das hat sich heute geändert, in allen Ressorts - außer dem Sport, der ist immer noch eine Männerbastion - sind Frauen und Männer gleich verteilt.", berichtet auch Verena Gruber.

Starke Frauen in der Medienwelt

Auf die Frage, wer den die weiblichen Vorbilder der Medienfachfrauen sind, erklingt ein eindeutiger Kanon: Es sind die starken, durchsetzungsfähigen und kreativen Frauen, die inspirieren.
Für Claudia Ploner ist Şeyda Kurt, Journalistin und Autorin, ein klares Vorbild: "Şeyda Kurt äußert sich zu feministischen Themen und setzt sich dafür ein, Stimmen von Menschen aus minorisierten Gruppen hörbar zu machen. Ihr Buch „Radikale Zärtlichkeit“ zeigt, wie sich eine Geisteswissenschaft wie Philosophie für eine politische, gesellschaftliche und besonders auch feministische Debatte einsetzen kann.", so die Journalistin und Drehbuchautorin.
Christina Vettorazzi hingegen sieht nicht einzelne Frauen als Vorbild, sondern deren Charaktereigenschaften: "Bestimmte Charaktereigenschaften, die mich generell begeistern: Sturheit ist wichtig. Selbstvertrauen finde ich toll und das Trouble-Gen ist unerlässlich. Kreativität, Intelligenz und Wahnsinn sind eine coole Mischung. Und all das zusammen ist einfach der Hit!"

Nicht auf große Namen achten

Auch Tanja Ploner achtet nicht auf große Namen und Errungenschaften: "Natürlich könnte ich an dieser Stelle bekannte Regisseurinnen, Produzentinnen oder Kamerafrauen aufzählen. Ich bin allerdings der Meinung, dass man diese Frauen halt auch nur über Interviews oder ihre Arbeit mitbekommt. Daher sind die Frauen aus der Branche, die ich bewundere, eher Frauen, mit denen ich schon zusammengearbeitet habe, oder deren Arbeit ich direkt mitbekomme. Frauen, die man vielleicht jetzt noch nicht kennt, aber wo ich überzeugt bin, dass sie es weit bringen werden. Wenn jemand am Ende vom Dreh noch freiwillig länger dableibt, obwohl es nicht ihr Department ist, und beim Aufräumen hilft. Frauen, die es schaffen, durch gute Netzwerke anderen Frauen Möglichkeiten zu bieten. Frauen bei Förderstellen, die sich persönlich für einen einsetzen. Frauen, die erkennen, wenn es eine ungute Situation für andere Frauen gibt und sofort und ungefragt da sind. Frauen, die wissen, dass sie sich in ihrer Branche durchsetzen müssen, aber trotzdem immer bereit sind, einem zu helfen und zu unterstützen."

Stärke und Kreativität

Die eigenen Ziele der vier Medienfachfrauen zeugen ebenfalls von dieser Stärke und Kreativität, die sie selbst so bewundern.
Die beiden Ploner-Schwestern sind sich einig: Repräsentation ist ihr oberstes Ziel. "Mein Ziel ist es, dass in Zukunft nicht mehr über die Frauenquote gesprochen werden muss, weil es einfach selbstverständlich ist. Dass es nicht extra erwähnt werden muss, dass dabei eine Frau eine technische Position oder eine Führungsposition innehatte. Und auch dass schon von Anfang an, besonders Frauen, klar gemacht wird, was und welches Verhalten in Ordnung geht und was sie sich auf keinen Fall gefallen lassen dürfen. Das sollte ab dem ersten Moment der Ausbildung ein Thema sein.", so Tanja
"Für die Medienwelt muss es das Ziel sein, eine Repräsentation für alle Geschlechter als auch für andere minorisierte Gruppen zu schaffen. Denn wenn es vom feministischen Anspruch her die Sprache ist, dann kann dieser nie ohne andere Ismen gedacht werden, die in einen intersektionalen Feminismus unabdingbar eingewebt sind. Ich persönlich werde so gut es geht versuchen, zu einem Weg in diese Richtung beizutragen.", so Claudia
Für Verena Gruber und Christina Vettorazzi soll wieder mehr Bewusstsein für den kritischen Umgang mit dem Mediengebrauch geschaffen werden. Dies gelingt auch dadurch, dass Frauen mehr Vertrauen geschenkt wird, sie somit auch höhere Positionen in der Medienwelt einnehmen.

Mehr zum Thema Frauen in Medien erfahren Sie unter: 
https://www.frauennetzwerk.at/
https://www.grimme-lab.de/2016/10/31/frauen-in-medienberufen/

Lesen sie auch: 
https://www.barfuss.it/leute/die-geschichtenstrickerin

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