Patscherkofen-Neubau
83,2 Mio. Euro - Endabrechnung von Bgm. präsentiert

Die Schlussrechnung für den Neubau der Patscherkofelbahn liegt vor. | Foto: Wett
  • Die Schlussrechnung für den Neubau der Patscherkofelbahn liegt vor.
  • Foto: Wett
  • hochgeladen von Georg Herrmann

INNSBRUCK. Geschichten rund um den Patscherkofel gibt es viele. In bester Erinnerung ist der Innsbrucker Bevölkerung das Finanz- und Politdrama rund um den Neubau. Jetzt hat Bgm. Georg Willi die Endabrechnung vorgelegt.

Gesamtkosten

Bürgermeister Georg Willi stellte die Schlussrechnung des Baus der Patscherkofelbahn, die ihm von der Geschäftsführung der Patscherkofel GmbH vorgelegt wurde, in einer Pressekonferenz vor. Insgesamt wurden rund 83 Millionen für den Bau der neuen Patscherkofelbahn ausgegeben, nicht einkalkuliert sind hierbei die Kosten für die Adaptierung der alten Talstation für die Igler Vereine und der Bau einer Rodelbahn. Die detaillierte Kostenaufstellung erging auch an die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte. "Es fehlen noch Millionen um alle vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen", erklärt Bgm. Georg Willi. 

BezirksBlätter Innsbruck Artikel mit Reaktionen und Details zu Projektabrechnung

BezirksBlätter Innsbruck Artikel mit dem Interview mit Christine Oppitz-Plörer

Die Abrechnung

GR Thomas Mayer hat mehrere Anfragen zum Thema „Kosten der Patscherkofelbahn neu“ eingebracht, zuletzt am 24.6.2021. Nun liegt seit kurzem die Schlussrechnung zum Seilbahnneubau vor, die ich dem Gemeinderat hiermit zur Kenntnis bringen möchte. Zum besseren Verständnis habe ich die Gemeinderatsbeschlüsse zu diesem Thema zusammengefasst. Die vollständigen Dokumente des Gemeinderates zu diesem Thema sind auf der Plattform des Gemeinderates nachlesbar.
GR vom 29.4.2014: (Anmerk. der Redaktion, am 29.4. fand keine GR-Sitzung statt, der Beschluß wurde im Sonder-Gemeinderat am 6. Mai 2014 gefällt.) Ankauf Patscherkofelbahn 10,70
GR vom 30.10.2015: Projektdarstellung, Kostenschätzung (34,3 Mio.), Attraktivierung rund um Talstation Pendelbahn (3,0 Mio.), 10 % Reserve (3,7 Mio.) 41,0
GR vom 16.6.2016: Geldbedarf wie im GR vom 30.10.2015 34,0
GR vom 15.2.2017: Kostenaufstellung neu 55,3
GR vom 13.7.2017: Kapitalbedarf beträgt inkl. Reserven maximal 55,33
GR vom 14.6.2018 (nach der GR-Wahl): Nachtragskredit 11,00
Budgetgemeinderat vom 16.12.2021: Grundankauf alte Talstation Patscherkofelbahn von IVB 4,20, Errichtung Sportbereich Zimmerwiese (aufgeteilt auf 2022 und 2023) 1,95
Gesamtkosten: 83,18
Noch nicht kalkuliert: Adaptierung alte Talstation für Igler Vereine, Rodelbahn, ev. Badeteich ???

Verteuerung

„Die Kosten haben sich ausgehend von der ursprünglichen Kalkulation von 41 Millionen extrem nach oben entwickelt. Da es sich hier um das Steuergeld der Innsbruckerinnen und Innsbrucker handelt, ist für mich klar, dass die Endsumme und die Entwicklung der Kosten auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen“, betonte Bürgermeister Willi im Rahmen des Pressegesprächs.

Entwicklung

Das Projekt geht auf die vergangene Gemeinderatsperiode zurück. 2014 wurde im Gemeinderat zunächst der Ankauf der Bahn um 10,7 Millionen beschlossen (Gemeinderatssitzung vom 29. April 2014). Nach der Projektvorstellung im Gremium im Oktober 2015 wurde ein Budget von 41 Millionen für den Bau der Bahn veranschlagt (ohne Ankauf der Bahn um 10,7 Millionen) und mehrheitlich beschlossen (Sitzung vom 30. Oktober 2015). 2017 wurde den GemeinderätInnen eine neue Kostenaufstellung für das Projekt vorgestellt, mittlerweile lag man hier bei rund 55 Millionen (Sitzung vom 13. Juli 2017). Nach der Gemeinderatswahl im April 2018 musste der Innsbrucker Gemeinderat sich noch zwei Mal mit dem Projekt Patscherkofel befassen: Im Juni 2018 wurde dem notwendigen Nachtragskredit in der Höhe von elf Millionen zugestimmt (Sitzung vom 14. Juni 2018), im Budget-Gemeinderat im Dezember 2021 wurden weitere rund vier Millionen für den Ankauf der alten Talstation und knapp zwei Millionen für die Errichtung des Sportbereichs Zimmerwiese genehmigt (diese Kosten werden auf die Jahre 2022 und 2023 aufgeteilt).

Konsequenzen

Bereits zu Beginn seiner Amtsperiode im Jahr 2018 hat Bürgermeister Willi mit der Einrichtung des Beirats für Großprojekte Konsequenzen aus der Kostenentwicklung beim Patscherkofel gezogen. Der Beirat ist mit externen ExpertInnen besetzt und wird bei Projekten ab einer Million Euro hinzugezogen. Ab fünf Millionen gibt es eine verpflichtende begleitende Kontrolle. Seine Aufgaben: Laufende Kosten- und Projektkontrolle. „Aus dem Bericht des Kontrollamtes zum Patscherkofel wissen wir, dass neben den Hochbauten vor allem der politisch gesteuerte Zeitdruck und das fehlende Controlling die Preistreiber waren. Der Großprojektebeirat sorgt dafür, solche finanziellen Desaster in Zukunft zu vermeiden“, erklärt das Stadtoberhaupt und führt weiter aus: „Die externe Kontrolle hat sich bewährt. In der aktuellen Gemeinderatsperiode ist kein Projekt finanziell aus dem Ruder gelaufen.“

Der Neubau

"Der Neubau der Bahn wäre die nachhaltigste und sinnvollste Lösung" – davon war Christine Oppitz-Plörer im Jahr 2017 und damals noch Bürgermeisterin überzeugt. Der damalige Plan: 55 Millionen Euro sollen am Hausberg der Innsbrucker investiert und das Freizeitangebot – Sommer wie Winter – deutlich ausgebaut werden. Die größten Kostenpunkte sind die Seilbahn selbst mit 12,4 Mio. Euro und die Hochbauten – also Tal-, Mittel-, und Bergstation. Diese schlagen mit fast 20 Mio. Euro zu Buche. Dazu kommen etliche kleinere Kostenpunkte wie etwa Verkehrsinfrastruktur, Pisten und Beschneiung oder Abbrucharbeiten – Summe 52 Millionen plus 3 Millionen "Reserve".

Abberufungen

Inzwischen könnte man ganze Bücher über die umfangreiche Diskussion rund um den Neubau füllen. Im Oktober 2019 eskalierte die politische Situation. Bgm. Georg Willi erklärte u. a.:
"Das Millionenprojekt Patscherkofel gefährdet und belastet in erster Linie die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt Innsbruck und somit alle Innsbruckerinnen und Innsbrucker. Wir sehen gerade bei der Budgeterstellung die dramatischen Auswirkungen der fehlenden Mittel. Wichtige Projekte müssen zurückgestellt werden, weil uns schlicht und einfach die notwendigen Mittel fehlen." und meinte weiter: "Christine Oppitz-Plörer war als Bürgermeisterin darüber voll informiert. Christine Oppitz-Plörer hat dem Gemeinderat der Stadt Innsbruck wiederholt Informationen über die ausufernden Kostenentwicklungen vorenthalten. Es wurde dem Gemeinderat dadurch verunmöglicht, rechtzeitig Schritte zu setzen, um die Kostenexplosion einzudämmen. Im Besonderen: man hätte das Projekt vor Baustart stoppen können. Diese nicht erfolgte Informationsweitergabe ist durch die Aussagen der Geschäftsführer eindeutig belegt. Angesichts dieser Erkenntnisse werde ich dem Antrag zustimmen, Christine Oppitz-Plörer als Vizebürgermeisterin abzuberufen. Dieser Schritt fällt mir nicht leicht, die Kostenexplosion am Patscherkofel kann aber nicht ohne Folgen bleiben. Ich möchte das Arbeitsübereinkommen zwischen Grünen, Für Innsbruck, ÖVP und SPÖ umsetzen. Ich strebe keine Neuwahlen an, sondern will weiter für die Stadt arbeiten."

Geschäftsführer abberufen

Außerdem teilte Willi in einer Presseaussendung mit: "Ich habe die beiden Geschäftsführer der Patscherkofelbahn von ihrer Aufgabe entbunden. Ich weiß, dass diese Baustelle ausgesprochen komplex, die Rahmenbedingungen schwierig und der vom Eigentümer aufgebaute Zeitdruck extrem hoch war. Dennoch wurden meine Vorstellungen, wie eine Geschäftsführung arbeiten muss, nicht so erfüllt, wie ich mir das vorstelle." 

Oppitz-Plörer weist Anschuldigungen zurück

"Herr Bürgermeister spricht wiederholt von 11 Millionen Euro Mehrkosten. Bei dem Beschluss handelt es sich jedoch um das absolute Worst Case Szenario und ist mittlerweile widerlegt. Wie wir heute wissen, wurden bis zum heutigen Tag 59,2 Millionen Euro ausgegeben, was aktuell Mehrkosten in Höhe von 3,87 Millionen Euro oder anders ausgedrückt eine Steigerung von 7% bedeutet. Rechnet man offene Teilprojekte noch hinzu, werden im schlechtesten Fall wohl 7 Millionen Euro verbraucht. Gegenüber der Beschlusslage im Februar 2017, wäre das dann eine Kostensteigerung von rund 13%" argumentierte Christine Oppitz-Plörer auf die Erklärung von WIlli: "Von einer Kostenexplosion kann daher wohl keine Rede sein. Ein bewusstes Vorenthalten von Informationen kann daher nicht vorliegen und diese Unterstellung wird daher entschieden zurückgewiesen."

Im Koalitionspapier

Die Kostenüberschreitung war auch im Arbeitsübereinkommen der damaligen Stadtregierung im Jahr 2018 aufgenommen worden. Auszug aus Seite 47 des Arbeitsübereinkommens:
"Während bei der Straßen- und Regionalbahn und Projekten der Innsbrucker Immobiliengesellschaft beträchtliche Summen nachweislich eingespart werden konnten, sind bei Projekten wie der Patscherkofelbahn oder dem Haus der Musik aufgrund von Kostenüberschreitungen Nachschussfinanzierungen erforderlich. Wir bekennen uns dazu, diese Finanzierung im erforderlichen Ausmaß sicherzustellen, sofern es keinen politischen Gestaltungsspielraum mehr gibt."

Abwahl

In der Gemeinderatssitzung vom 10.10.2019 wurde Christine Oppitz-Plörer abgewählt. Die BezirksBlätter Innsbruck berichteten damals: "23 Stimmen für Ja, 17 für Nein. Der Antrag hat also eine Mehrheit. Christine Oppitz-Plörer ist nun als Vizebürgermeisterin abgewählt und wechselt in die Funktion als Stadträtin." Sie war von 2010 bis 2018 Bürgermeisterin und seit der letzten Gemeinderatswahl erste Bürgermeisterstellvertreterin.

Vergleich mit Fröschl

Im Juni 2020 wurde die baldige Vorlage der Schlussrechnung verkündet: "Die Verhandlungen waren lang – jetzt ist der Vergleich mit der Firma Fröschl über die letzte offene Forderung aus dem Bahnprojekt geglückt. „Ein langwieriger Gerichtsprozess hätte enorme Ressourcen gebunden und zusätzlich hohe Kosten verursacht. Mit dieser Einigung können wir unsere Energien auf die Fortsetzung des sehr erfolgreichen Betriebs der Patscherkofelbahn fokussieren und die Weiterentwicklung des Innsbrucker Hausberges vorantreiben“, betont Geschäftsführer der Patscherkofelbahn, Adrian Egger. Für Bürgermeister Georg Willi ist der Blick nach vorne wichtig: „Bis auf den Parkplatz, dessen endgültige Fertigstellung wegen einer Mastenverlegung noch etwas warten muss, kann nun die Schlussrechnung gemacht und dem Gemeinderat vorgelegt werden."

Kritik

Kritik an der Vorgangsweise von Bgm. Willi gibt es von GR Gerald Depaoli: "Bgm. Georg Willi hat es bis heute demokratiepolitisch als nicht für notwendig erachtet, die Abschlussrechnung Patscherkofelbahn entweder dem Ausschuss für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen vorzulegen noch dem Innsbrucker Gemeinderat bei der Sitzung am 26. Jänner 2022 zur Kenntnis zu bringen“, teilt GR Gerald Depaoli mit. Bgm. Willi hat jedoch vor der Pressekonferenz die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte mit einem zwölfseitigen Schreiben über den Inhalt informiert.

Weitere Nachrichten aus Innsbruck finden Sie hier

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.