Weltdrogentag
Darknet erschwert die Drogenermittlungen

Katja Tersch: Polizeiexpertin zum Thema Drogen
5Bilder

26. Juni ist Weltdrogentag: Wir baten die Expertin des Landeskriminalamtes, Katja Tersch, zum Gespräch.

TIROL. Cannabis, Kokain, Amphetamine und Ecstasy: Innsbruck ist noch immer die Drogenhochburg des Bundeslandes.
Ein Interview mit Katja Tersch, stv. Abteilungsleiterin des Landeskriminalamtes.

BEZIRKSBLÄTTER: Wie steht Tirol im Bundesländervergleich da?

Katja Tersch: Tirol steht mit seiner Deliktstatistik – 3.782 Fälle im Jahr 2018 – im Mittelfeld. Spitzenreiter ist mit Abstand Wien (12.750 Fälle).

Spielt die Grenznähe eine Rolle?
Ja, speziell zu Italien, weil unsere Tätergruppierungen Suchtgift aus diesem Raum beziehen. Das Internet spielt auch immer mehr eine Rolle.

Hat das Internet die Lage verschlimmert?
Es ist noch leichter, an Drogen heranzukommen und es ist noch anonymer. Ich muss nicht mehr irgendwo hingehen und persönlichen Kontakt zu einem Dealer aufnehmen.

Welche Drogen werden in Tirol konsumiert?
Hauptsächlich Cannabisprodukte, Kokain, Amphetamine und Ecstasy.

Hat sich der Konsum in den letzten Jahren geändert?
Es ist ziemlich gleich geblieben und manifestiert sich in Cannabisprodukten. Heroin ist heute verschwindend gering. Das war eher in den 70ern und 60ern gemeinsam mit LSD in Mode.

Welche Hotspots gibt es in Tirol?
Je großstädterischer der Bereich, desto mehr Anonymität. In Tirol ist Innsbruck die Stadt mit dem größten Umschlag, aber auch hier ist das Internet ein Thema. Es ist nicht transparent, wo wirklich gekauft wird. Was sich schon verändert hat, ist der Straßenhandel. Dieser hat sich in Wohnungen und Lokale verlagert.

Weiß man, wie viele Drogendealer es in Tirol gibt?
Man muss grundsätzlich sagen, dass Drogendelikte Kontrolldelikte sind. Je mehr wir kontrollieren, umso mehr Dealer und Konsumenten fliegen auf. Aber es wird immer eine Dunkelziffer geben. Ich muss auch in diesem Zusammenhang wieder auf das Darknet hinweisen. Heuer ist diese Schiene massiv am Steigen.

Gibt es ein bestimmtes Profil für Drogendealer und Drogenkonsumenten?
Es gibt nach wie vor eine nordafrikanische Szene in Innsbruck, aber es gibt auch einen starken Zuwachs an Indoor-Plantagen (Cannabis-Plantagen – Anm. d. R.). Die werden großteils von Einheimischen betrieben. Bei Konsumenten kommt es auf die Droge an. Es gibt eine große Bandbreite. Was man schon sagen kann ist, dass es sich sowohl bei Konsumenten wie auch bei Dealern zu 86 Prozent um Männer handelt. Aber oft ist der Konsum auch eine finanzielle Frage.

Was ist die teuerste Droge?
Kokain, mit zirka 100 Euro pro Gramm. Im Vergleich dazu kostet die gleiche Menge Cannabis 10 bis 15 Euro. Ebenfalls zu bemerken ist, dass der Reinheitsgehalt der Drogen in den letzten Jahren extrem zugenommen hat. Wenn wir früher Cannabisprodukte mit 5 Prozent THC-Gehalt hatten, haben wir jetzt 10-15 Prozent.

Wie schaut es mit der Polizeistatistik aus?
Je mehr wir kontrollieren, desto mehr Anzeigen gibt es. 3.781 Fälle im Jahr 2018. Das ist ein leichter Rückgang im Verhältnis zum Vorjahr. Aber man muss auch sagen, dass wir einen Philosophiewechsel haben. Wir versuchen uns mehr auf die Dealer zu konzentrieren und nicht so sehr auf die Konsumenten. Hier haben wir einen Anstieg. Von 245 im Jahr 2017 auf 321 im Jahr 2018.

Was passiert mit den Drogen, die sichergestellt werden?
Sie werden ans Gericht abgeführt und vernichtet.

Was denken Sie über die Legalisierung von z. B. Cannabis?
Meine persönliche Meinung ist, dass eine Freigabe nicht sinnvoll wäre. Man sieht ja, dass der THC-Gehalt in den letzten Jahre massiv gestiegen ist. Es ist tatsächlich nach wie vor eine Einstiegsdroge.

Gibt es Drogentote in Tirol?
Letztes Jahr waren es 22. Häufig ist es eine Mischung von Drogen oder eine Überdosierung, die zum Tod führt. Auch wegen des hohen Reinhaltsgehaltes.

Haben Sie ein Anliegen, das Sie in diesem Zusammenhang den LeserInnen mitteilen möchten?
Mir wäre wichtig, speziell bei den jungen Leuten das Bewusstsein zu wecken, was sie ihrem Körper und ihrer Gesundheit antun, wenn sie Suchtmittel konsumieren. Man tauscht einen kurzen Augenblick des „Sich-gut-Fühlens“ gegen die Möglichkeit von gravierenden Gesundheitsschäden und schwer zu entkommender Abhängigkeit.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.