Frei im Theater 18
Die Krankheit unserer Zeit
Roter Teppich, irgendeine Filmgala. Drei zwischen lässiger Selbstüberhöhung und kokett-ignoranten Selbstzweifeln ausschlagende Meister:innen neuzeitlicher Selbstdarstellung in glitzernden Overalls produzieren sich vermeintlich siegessicher im Blitzlichtgewitter. Einfach nur Mensch zu sein in Zeiten wie diesen, wo man von einer medial erfassten Selbstvergewisserung zur nächsten eilen muss, weil es einen sonst vermutlich gar nicht mehr gibt, scheint mittlerweile ein einigermaßen schwieriges Unterfangen.
Dem man am besten auszuweichen oder gegen das man sich strategisch zu wappnen versucht – etwa durch Mainstream-Opportunismus und eine Art Dauerentschuldigungsprophylaxe. Die drei Glamourfiguren, die Felicia Zellers gnadenlos hellsichtigen Theatertext „Zweite allgemeine Verunsicherung“ in Michaela Senns erstklassiger Inszenierung am Theater praesent sprechen und verkörpern, entlarven sich dabei zusehends als nur noch um sich selbst kreisende seelen- und lieblose Hohlkörper. Als mit Watte gefüllte Menschen, wie es eine der Stimmen sogar selbst treffend beschreibt.
Doch sogar das gekonnt zelebrierte Leiden und Wehklagen, das urplötzliche Abwerten und Um-sich-Schlagen sind letztlich nichts weiter als narzisstische Spielzüge, die nur darauf abzielen, unser aller Aufmerksamkeit zu sichern. Daniela Bjelobradić, Elke Hartmann, Peter Schorn führen uns dieses Spiel in grandioser Weise vor, ohne uns jedoch darin zu verstricken. Unbedingte Empfehlung!
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