Gemeinderatssitzung Tag 2
Diesmal stehen die Stadtfinanzen im Fokus

Innsbrucker Gemeinderat entscheidet über das Budget 2024. | Foto: Lercher/Ibk Informiert
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Der zweite Tag des Dezember-Gemeinderates in Innsbruck steht im Zeichen der Stadtfinanzen. Bereits im Vorfeld hat sich auch hier großer Diskussionsbedarf abgezeichnet. Am ersten Tag hat der Gemeinderat über 80 Punkte abgearbeitet, u. a. die Abwahl von Johannes Anzengruber als Vizebürgermeister.

INNSBRUCK. Die reguläre Tagesordnung ist abgearbeitet. Jetzt beschäftigen sich die 40 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte mit dem Entwurf des Voranschlages der Landeshauptstadt für das Finanz- und Wirtschaftsjahr 2024. Im Vorfeld sorgte die Diskussion über eine 50-%-Sperre für Diskussionen. Um 8.05 Uhr beginnt der Gemeinderat mit der Budgetrede von Bgm. Georg Willi (die gesamte Rede finden Sie am Ende des Beitrages). Für die Grundsatzreden der Parteien wurde eine Redezeitbeschränkung vereinbart. Er kritisiert den Antrag auf Einführung der 50-%-Sperre und zitiert die Stellungnahme der Gemeindeaufsicht. Bgm. WIlli ersucht um Annahme des Budgets. GR Markus Stoll, Vorsitzender des Finanzausschusses (die gesamte Rede finden Sie am Ende des Beitrages), erklärt die Genesis des aktuellen Budgets. Gegenüber Bgm. Willi hält er fest, dass es keine politischen Gespräche gegeben hat. Stoll begründet die Idee der Sperre, da u. a. Bgm. Willi aufgrund der Aufgabenverteilung auf rund 90 % des Budgets Zugriff hat. Finanzdirektor Martin Rupprechter stellt seinen Bericht vor. Es folgt die Budgetdebatte mit den Grundsatzreden der Parteien. Das Budget wurde mit Änderungen beschlossen.

Kommentar

Eine lange Tagesordnung wurde vom Gemeinderat im Rekordtempo, durchaus konstruktiv,  aufgearbeitet. Allein aus dem Stadtsenat wurden 22 Akten zur Beschlussfassung vorgelegt. Der Stadtteilausschuss Igls stellte letztmalig sechs Themen in den Fokus. Und neben den 33 Themenbereichen aus den unterschiedlichen Ausschüssen wurde 28 Anträge behandelt. Im Fokus die Abwahl von Johannes Anzengruber. Mit Christine Oppitz-Plörer, Uschi Schwarzl und Johannes Anzengruber wurde dreimal Personen aus unterschiedlichsten Gründen die Verantwortung entzogen. Nur der Abwahlantrag gegen Markus Lassenberger als Vizebürgermeister, eingebracht durch die Grünen, blieb ohne Erfolg. Bei allen Abwahlanträgen haben parteitaktische und ideologische Beweggründe eine große Rolle gespielt. Ob Anzengruber eine Opferrolle in Sachen Parteitaktik und GR-Wahl einnimmt oder sein Verhalten in Sachen ErlebnisCard sowie Entwicklung und Umgang mit dem App "Innsbruck gemeinsam" mit Verstößen gegen die DSGVO sowie erklärungsbedürftiger Abwicklung von Auftragsvergabe bis zur Abrechnung, für die Abwahl ausschlaggebend sind, entscheidet jeder politischer Beobachter für sich selbst. Dass der Gemeinderat in der Frage Abwahlanträge durchaus situationselastisch reagiert, ist wohl ein Fakt. Den Überbringer der schlechten Botschaft, in diesem Fall GR Berloffa, öffentlich "abzuwatschen" ist, sowie manch andere Wortmeldung inklusive Ordnungsruf, dem Ansehen dieses ehrenwerten Hauses nicht unbedingt dienlich. Bei einem Thema hat der Gemeinderat aber dringenden Handlungsbedarf. Das Zähldesaster bei Abstimmung muss rasch ein Ende finden. Ein digitales Abstimmungssystem darf für die Stadt im Zeitalter der Digitalisierung wirklich kein Problem mehr sein.

Anzengruber in namentlicher Abstimmung abgewählt

Der Ablauf

23. Anträge des Ausschusses für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen
Entwurf des Voranschlages der Landeshauptstadt Innsbruck für das Finanz bzw. Wirtschaftsjahr 2024

  • Bericht des Bürgermeisters als Finanzreferent
  • Bericht des Vorsitzenden des gemeinderätlichen Ausschusses für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen
  • Bericht des Finanzdirektors
  • Parteienerklärung - Budgetdebatte

Beschlussfassungen für das Finanz- bzw. Wirtschaftsjahr 2024
a) Haushaltssatzung
b) Voranschlag
c) Abgaben
d) Tarife
e) Abgabenverordnung

Budgetrede Bgm. Willi

Sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates!
Der Herr Finanzdirektor hat die Eckdaten des Budgetvoranschlags 2024 vorgetragen. Er hat die Entstehung des Budgets samt der politischen Diskussion rund um die Finanzausgleichsverhandlungen beschrieben, die natürlich Auswirkungen auf das Budget 2024 haben.
Ich beginne mit einem Dank an alle, die an vorderster Stelle die Entstehung dieses Budgetvoranschlages möglich gemacht und an dem umfassenden Zahlenwerk hart gearbeitet haben. Das ist die Budgetabteilung selbst mit Finanzdirektor Rupprechter an der Spitze, aber auch alle, die in den Ämtern die Budgetanmeldungen vorbereitet haben. Danken möchte ich den vielen Bediensteten, die bei ihrer täglichen Arbeit versuchen, das uns anvertraute Steuergeld gut einzusetzen.
Ich bin froh, dass ich zusammen mit Finanzdirektor Rupprechter durch gute Abstimmung mit dem Städtebund und meine Kontakte zu Mitgliedern der Bundesregierung am Finanzausgleich mitwirken konnte und dass von den Zahlungen aus dem Zukunftsfonds Mittel für Elementarpädagogik direkt bei den Gemeinden landen.
Ich möchte mit Nachdruck darauf verweisen, dass die Rechnungsabschlüsse der letzten Jahre klar besser ausgefallen sind als es die budgetierten Zahlen haben erwarten lassen. Damit konnte ich den hohen Schuldenstand, den mir meine Vorgängerin hinterlassen hat, spürbar reduzieren.
Ich möchte jetzt aber auf die politische Begleitmusik zur Budgeterstellung näher eingehen. Diese Begleitmusik wird immer lauter, obwohl die Entstehung eines Budgets stark von gesetzlichen Vorgaben getrieben ist. Stellvertretend für viele Bestimmungen nenne ich:

  • Die vielen gesetzlichen Vorgaben betreffend den Ausstieg aus Öl und Gas und die Klimawandelanpassung
  • Qualitätsvorgaben im pädagogischen Bereich
  • Ausgestaltung der Mindestsicherung
  • Rahmenbedingungen für die Mietzinsbeihilfe
  • Gesetzliche Auflagen beim Bau von öffentlichen Gebäuden
  • Cybersicherheit im IT-Bereich etc

Dazu kommt die Umsetzung von Projekten, die vom Gemeinderat beschlossen wurden – Stichwort Altstadtpflasterung, Erweiterung und Neubau von Feuerwehrgebäuden, neue Fahrzeuge, Verbesserung und Erweiterung von Schulen und Kindergärten, Projekte, die von Beteiligungen umgesetzt werden wie klimafitte Platzgestaltungen, Stichwort COOLYMP, oder der Eiskanal in Igls.
Und trotz dieses sehr transparenten Prozesses – in dem sich alle Fraktionen, vor alle jene mit Ressortführung sich jederzeit einbringen können und auch sollen – kommt in letzter Sekunde ein Abänderungsantrag. Am 5. Dezember – über das Budget reden wir seit dem Frühjahr.
Ich lese diesen Antrag vor:
Solange der Haushalt nicht durch Mehreinzahlungen/Erträge oder Minderauszahlungen/Aufwendungen ausgeglichen werden kann, bleiben von den Ansätzen 50 % gesperrt.
Eine Aufhebung oder Reduktion der Sperre ist dem Gemeinderat nach Beratung im Ausschuss für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen jederzeit per Beschluss möglich.
Davon ausgenommen sind jedenfalls gesetzliche sowie vertragliche Verpflichtungen.
Bei den Deckungsklassen darf die finanzielle Planung nur auf 50 Prozent der Gesamtsumme der Deckungsklasse ausgerichtet werden.
Eine Überprüfung dieser Haushaltssperre durch das Land Tirol hat folgende klare Aussage ergeben:
Im Schreiben der Abt. Gemeinden vom 13. November 2023 zur Haushaltssperre wurde Folgendes ausgeführt:

„Es wird jedoch angemerkt, dass allfällige Einschränkungen und Bedingungen zum Voranschlag verhältnismäßig und angemessen sein müssen und eine ordnungsgemäße Vollziehung der Finanzgebarung nicht gefährden dürfen.“

Auf neuerliche Nachfrage bei der Aufsichtsbehörde, nach Bekanntwerden des Antrags, antwortete die Behörde:

„Eine Haushaltssperre von 50 Prozent scheint nicht verhältnismäßig, weil dadurch der Budgetvollzug über das gesamte Finanzjahr gesehen, für das der Voranschlag ja erstellt wird, gefährdet ist.“

Was soll das? Eine 50-prozentige Haushaltssperre für alles, wo es keine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen gibt? Das ist ein stattlicher Teil. Da gefährdet eine Gruppe von Mitgliedern des Gemeinderates willkürlich den Budgetvollzug! Ich habe mir angeschaut, wie viele Subventionen wir im heurigen Jahr an Vereine, Institutionen und Initiativen ausbezahlt haben, die keine Drei-Jahresverträge haben: Es sind 1.071 Subventionsfälle, 867 fielen dabei auf die erste Jahreshälfte.
Was sagen Sie den zahlreichen privaten Kinderbetreuungseinrichtungen, die Budgetsicherheit für 2024 brauchen? Wieso bekommen die Pfadfinder, die vielen karitativen und pfarrlichen Gruppen, die große Zahl an Sozial-, Kultur- oder Sportvereinen bis hin zum Vinzibus zunächst nur 50 Prozent der Subvention? Wie sollen die Innsbrucker Festwochen planen, wie Stadtteilvereine ihre Jahresarbeit mit der Unsicherheit einer 50-prozentige Haushaltssperre gestalten?
Was das neue Innsbruck zusammen mit der FPÖ, sozusagen die neue türkis-blaue Achse, hier anrichtet, ist ein Vertrauensbruch. Sie gefährden die Verlässlichkeit der Stadt Innsbruck gegenüber diesen vielen engagierten, vielfach ehrenamtlich arbeitenden Menschen gegenüber. Diese Menschen stehen für Zusammenhalt in der Gesellschaft, für ein vielfältiges Kultur- und Sportangebot, für gesellschaftliche Teilhabe, für Unterstützung von Schwächeren oder von Frauen in Notlagen. Ist Ihnen das alles egal? Heiligt der Zweck die Mittel?
Ich weiß nicht, was die türkis-blaue Achse heute noch alles beschließt. Ich stehe als Bürgermeister dafür ein, dass die Stadt ein berechenbarer und verlässlicher Partner bleibt, der das anvertraute Steuergeld mit möglichst großer Gemeinwohlwirkung einsetzt. Ich bin für politische Spielchen nicht zu haben und werde alles in meiner Macht Stehende tun, um für Stabilität zu sorgen. Ich ersuche Sie, den jetzt vorliegenden Budgetentwurf zu beschließen!

Budgetrede GR Markus Stoll

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Innsbrucker Gemeinderat, sehr geschätzte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Innsbrucker Stadtmagistrat, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Beteiligungen der Stadt Innsbruck, welche die ganz vielen und tagtäglichen Dienstleistungen für die Menschen in dieser Stadt erbringen, sehr geehrte Damen und Herren, welche den Innsbrucker Budgetgemeinderat entweder hier vor Ort oder über den Livestream verfolgen!
Wir werden in den nächsten Stunden – wohl nicht Tagen, obwohl es ein Budget von über 500 Mio. Euro oder über einer halben Milliarde Euro auch verdienen würde – über das Budget 2024 für die Landeshauptstadt Innsbruck beraten. Ein Budget für die Landeshauptstadt von Tirol, einer wunderbaren Stadt im Zentrum der Alpen, mit Lebensqualität, mit rund 130.00 EinwohnerInnen, mit nicht ganz 100.000 ArbeitnehmerInnen in tausenden kleinen, mittleren und Großbetrieben, mit Gesundheitseinrichtungen in allen Ebenen und einer Uniklinik an der Spitze, mit Bildungseinrichtungen von Kindergärten bis zu den berufsbildenden Schulen und Hochschulen, was bedeutet, dass bald jeder dritte Innsbrucker mit diesem Bildungswesen zu tun hat, mit einer Umgebung und einem Freizeitangebot das viele gemeinsam entwickelt hatten.
An den Beginn meiner Ausführungen stelle ich den Dank an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Finanzabteilung des Stadtmagistrats, die im Detail und in sehr großer Sachkenntnis wirklich ihr Bestes geben, um einen Budgetentwurf mit über 800 Seiten dem zuständigen Ausschuss für die notwendigen Lesungen, den Mitgliedern des Gemeinderates und letztlich auch den Bürgern (so wie es das Stadtrecht vorsieht) vorzulegen.
Das sind: Darko Zdravkovic, Thomas Jakomet und Sasa Novakovic
Meine Damen und Herren,
auch als langjähriger Gemeinderat, politisch sehr interessierter Mensch und jetzt als Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen erlebt man immer wieder wirkliche Überraschungen …… und kann das tun, was ja Kinder gerne vor dem Christbaum tun: große Augen bekommen und staunen!! Und – das Staunen ist in diesem Jahr besonders ausgeprägt, haben Sie doch einen Budgetentwurf vorliegen, der ohne jegliche politischen Verhandlungen mit den Fraktionen des Innsbrucker Gemeinderates entstanden ist!! Dies ist doch tatsächlich ein wirkliches Novum im Innsbrucker Gemeinderat. Mir stellt sich die Genese des Ihnen vorliegenden Entwurfes so dar, dass der Finanzreferent nach seinen eigenen Aussendungen die „Bedarfe und Anmeldungen der Ämter gesammelt hat“ (Kopie ROT 1). Das ist ein bissl so, wie andere - wenn sie tatsächlich in politische Verantwortung kommen würden - die Wünsche der Stadtteile sammeln und einsammeln.
Dazu möchte ich gerne den wirklich klugen und fundierten politischen Kopf Wolfgang Schäuble, ehemaliger Finanz- und Innenminister, Präsident des Deutschen Bundestages, zitieren, der gemeint hat: „Repräsentatives Prinzip heißt auch, dass die Repräsentanten vorangehen müssen. Und nicht immer nur fragen: Wo wollen wir hin? Ich bin schon dafür, dass man alle Menschen ernst nimmt und zuhört. Aber ZUHÖREN ist noch keine politische Lösung.“
Dies bedeutet auf unsere Situation umgelegt, dass durch das Sammeln von Bedarfen von Ämtern noch keine politische Lösung für ein Budget entsteht und vorliegt. Dann hat es wohl mit den ressortführenden Stadtsenatsmitgliedern einzelne Gespräche mit einzelnen Zahlen das jeweilige einzelne Ressort betreffend gegeben, das Gesamtbudget und der gesamte Zahlenkuchen wurde aber im Hinterzimmer – oder richtigerweise eher im Hinterstübchen – des Bürgermeisters geparkt.
Das wäre so, meine Damen und Herren und ich darf Ihnen das anschaulich zeigen: wenn wir einzelne Kuchenstücke zusammensetzen, wo aber keiner vom anderen weiß, dann sieht das in etwa so aus bzw. könnte so aussehen……jedes einzelne Stück für sich wird ja wunderbar schmecken, nur gesamthaft gesehen gibt es halt keinen stimmigen Gesamtkuchen….
Sie kennen ja dies mit dem Kuchen und dem Kuchenstück, das der Bürgermeister vor zwei Jahren allen zurückgeben wollte. Im Übrigen aber bitte keine Sorge, ich nehme diese Kuchen nicht mit in das Büro wie der Bürgermeister, sondern lade Sie ein, sich mit diesen zu stärken. Wir werden das noch brauchen können. Was der ressortführende Finanzreferent Willi dann unter die von ihm immer wieder zitierte Transparenz und Offenheit versteht, konnten wir dann wieder mit großen Augen und Staunen lesen: es gab dann mit den ressortführenden
Stadtsenatsmitgliedern immer wieder einzelne Vorstellungen der Ressortbudgets …heißt der einzelnen Kuchenstücke. Es hat sich dann für viele Gemeinderäte (also jedenfalls für 29 von 40) die Frage gestellt, wie diejenigen ressortführenden Stadtsenatsmitglieder, die gemeinsam mit dem Bürgermeister so quasi das Budget 2024 in der Öffentlichkeit vor den Medien vorgestellt haben, dann eine Mehrheit im Gemeinderat – der den Entwurf zu diesem Zeitpunkt ja nicht kannte - dafür finden wollen?!?!?
….weil … diese ressortführenden StadtsenatskollegInnen repräsentieren eine „Mehrheit“ von 11 von 40 des Gemeinderates: also eher eine Minderheit richtigerweise.
Und dieses kindliche Staunen meinerseits führt mich in Anlehnung an einen derzeit total trendigen Fernsehspot in der Weihnachtszeit zu einer Frage an den Bürgermeister: „Bist du glücklich?“ Ich ergänze es um den Satzteil „Bist du glücklich -----mit dieser Budgetgenese, wo du sehenden Auges in eine Ablehnung schlitterst?“
Ich erinnere an das Zitat des Bundespräsidenten van der Bellen in Richtung Altkanzler Kurz, der gemeint hatte man müsse mit den Partnern auch während der Zeit reden und nicht nur, wenn man sie dann grad dringend braucht. Dieses „Reden“ in den Augen des Bürgermeisters und seines Beraterinnenteams war dann wohl die Einladung am Montag dieser Woche an die Mitglieder des gesamten Gemeinderates - die vorher ja nie in die Budgetverhandlungen eingebunden waren - auf den letzten Abdruck gewesen, um ca. 72 Stunden vor Beginn des Budgetgemeinderats noch schnell eine Änderung und Korrektur der Beschlüsse des Finanzausschusses zu erzielen.
Das hat manche irgendwie an die eigentlich sehr vernünftige und vorbildliche Aktion „72 Stunden ohne Kompromiss“ der jungen Caritas erinnert …. nur dass dies eine Aktion ist, bei der tausende Jugendliche sich für soziale Zwecke engagieren und neue Erfahrungen und Leistungen erleben. Die Aktion fördert die soziale Kompetenz und das gemeinschaftliche Zustandebringen einer guten Sache. Und nicht eine Aktion, bei der ein zuständiger und gut bezahlter ressortführender Finanzreferent sehenden Auges und in vollem Bewusstsein
versucht, ein drohendes und selbst im Hinterstübchen entstandenes Schlamassel zu verhindern. Deswegen nochmals die Frage an dich, Herr Bürgermeister: „Bist du glücklich (und zufrieden mit deiner Geheimaktion)?“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf festhalten, dass bis wenige Wochen keine der Fraktionen einen GESAMTÜBERBLICK über das Budget erhalten hatte. Die Frage stellt sich nicht nur, wo war die Leistung (wohl im Hinterzimmer) sondern „Wo waren die Verhandlungen?“, „Wo waren die politischen Diskussionen über eine Gesamtbudget“? Eine gelungene und alle dann bei einem Beschluss glücklich machende Budgeterstellung ist eben nicht die Addition von einzelnen Stücken, sondern natürlich eine gemeinsame Entscheidung welchen Kuchen wollen wir machen. Es wird eine Linzer Torte gleich gut sein wie eine Fruchttorte oder Schokoladentorte, nur muss vorher eine gemeinsame Entscheidung verhandelt und gefunden werden. Wöchentliche Aussendungen, mit denen man unter dem Deckmantel einer angeblichen Transparenz wieder einmal mit dem Kopf durch die Wand will ohne Mehrheiten zu haben, geschweige denn Mehrheiten zu suchen, ist ein Scheitern im vollen Bewusstsein und mit Ansage. „Mehr zu hören als zu reden – solches lehrt uns die Natur. Sie versah uns mit zwei Ohren, doch mit einer Zunge nur.“ (Gottfried Keller)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der doch notwenigen Erklärung der Genese des Budgetentwurfs und warum ich als Finanzausschussvorsitzender dann selbst politische Gespräche geführt habe, werde ich auf einige wenige Zahlen und Punkte im Budget 2024 näher eingehen.
1. Zum bereits in „Rundfunk, Film und Fernsehen“ (inklusive Facebook) kolportiertem und viel strapazierten Sicherheitsnetz durch die Ausgabensperre - um nicht zu sagen „Unfugverhinderungsschranke“ führe ich nochmals erklärend aus: es handelt sich um eine 5 %ige Ausgabensperre bezogen auf das Gesamtbudget - und dies ist jedenfalls verhältnismäßig.
Wir hatten in vergangenen Budgets, wenn es die wirtschaftliche und budgetäre Situation erfordert hatte, auch schon 10 %ige Sperren der Haushaltsansätze. Die dann je nach Entwicklung der Einnahmen jederzeit aufgehoben werden konnten. Die Verhältnismäßigkeit ist im Lichte der neuen politischen Situation nochmals zu hinterfragen: wissen wir doch alle nicht, wann der Bürgermeister gedenkt, von seinen wohl fast mehr als 90 Prozent umfassenden Ressorts eine Neuverteilung zu machen: dies bedeutet einfach ausgedrückt: derzeit hat eine Fraktion von 7 GemeinderätInnen Zugriff und Ausgabenhoheit über wohl 90 Prozent der Mittel. Das ist eher unverhältnismäßig und es ist jetzt sonnenklar, warum der Bürgermeister diese Sperre mit allen Mitteln vehement verhindert wollte. Die Enttarnung ist gelungen und es erübrigt sich in diesem Falle die Frage an den Bürgermister: Bist du glücklich?
2. Im Budget war bis zur Finanzaussschussitzung am 4. Dezember eine Einnahme von 3 Millionen enthalten, die als Gewinnausschüttung der IIG eingeordnet wurde. Begründet wurde es damit, dass die IKB weniger an Dividenden an die Stadt ausschütten wird. WER mit so einem Vehikel ein Budget vorlegt - das im Übrigen vom damaligen VBGM Anzengruber und STRin Mayr ja inhaltlich abgesegnet wurde - . ……….lässt für mich nur einen Schluss zu: Nicht nur diese finanzwirtschaftliche Begründung hat mich mit wiederum großen Augen und Staunen zurückgelassen, der Bürgermister ist mit der Finanz – Bilanz – Wirtschaftsmaterie
thematisch komplett überfordert. Erinnern möchte ich auch noch daran, dass seine Begründung für die „Gewinnentnahme“ war, dass es sich bei der IIG um ein Unternehmen mit einer Bilanzsumme von über einer Milliarde handelt. Der Kontext erschließt sich mir hier nicht, dass eine große Bilanzsumme der Garant für große Gewinne wäre…
3. Der Bereich der Freizeitpädagogik ist vom Rechnungsabschluss 2022 von 1,96 Mio. auf 4,2 Mio. im Voranschlag für 2024 gestiegen: mehr als verdoppelt (114 %)
4. Der Bereich der Schulassistenz ist vom Rechnungsabschluss 2022 von 5,04 Mio. auf 7,09 Mio. im Voranschlag für 2024 gestiegen: (41 %)
5. Der Bereich Personal Kindergärten ist vom Rechnungsabschluss 2022 von 11,8 Mio. auf 15,8 Mio. im Voranschlag für 2024 gestiegen: (34 %)
6. Der Bereich der öffentlichen Beleuchtung ist vom Rechnungsabschluss 2022 von 3,2 Mio. auf 4,01 Mio. im Voranschlag für 2024 gestiegen: (25%)
7. Der Bereich der Abfallgebühren der IKB ist vom Rechnungsabschluss 2022 von 15,88 Mio. auf 24,18 Mio. im Voranschlag für 2024 gestiegen: (52 %).
Dieses Thema ist natürlich im Zusammenhang mit den Betriebskosten und dem Gesichtspunkt leistbares Wohnen nicht verständlich. Hier verstecken sich Willis Gewinnrücklagen. Wein trinken + Wasser predigen! Und das Wohnen wird garantiert teurer….
8. Die Entwicklung der Subventionen ist vom Rechnungsabschluss 2019 von 15,5 Mio. auf 26,2 Mio. im Voranschlag für 2024 gestiegen: ein Plus von fast 70 %.
9. Im Dienstpostenbereich geht es natürlich auch rund, ohne dass es rund läuft: seit 2018 sind es um 492 Dienstposten mehr geworden. Noch nicht eingearbeitet sind die Pflegfondgelder, die sich aufgrund der Bundeszusagen (11 Mrd. Eure in 5 Jahren) von 2,8 Mio. massiv erhöhen werden. Es geht um Gesundheit und Pflege, Sicherheit, Bildung, soziale Gerechtigkeit,
Wirtschaft und Arbeitsplätze.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Im Klartext heißt dies, wenn wir hier nicht steuernd eingreifen, würde ein Budget ohne politische Verhandlungen beschlossen werden und ich darf mit einem Zitat von Ovid schließen: „Die Tat wird vergessen, doch das Ergebnis bleibt bestehen.“ (Ovid)

Statements

Für Liste Fritz Gemeinderat Tom Mayer ist der Budgetvoranschlag für 2024 mutlos und ohne Mehrwert. „Da gibt es nichts mehr schönzureden, das ist ein ‚Murks‘ von Anfang bis Ende. Spätestens jetzt weiß jeder, dass diese Stadtregierung oder das was von ihr übriggeblieben ist, am Ende ist. Dem Budget der Stadt Innsbruck kann NEOS-Gemeinderätin Julia Seidl nicht zustimmen. „Ist dieses Budget geeignet, der Treibstoff für den Motor der Zukunft zu sein? Ist das ein Zukunftsbudget?“, fragt Seidl den Innsbrucker Gemeinderat. Für die NEOS-Mandatarin spiegelt der Haushaltsplan nur die Situation in der Tiroler Landeshauptstadt wider: „Es ist ein Stillstandsbudget! Genau das Gegenteil von einem Zukunftsbudget“, hält Seidl fest.

Am Tag 1 wurde u. a. Johannes Anzengruber als Vizebürgermeister abgewählt, am Tag 2 trifft der Gemeinderat die letzten Entscheidungen im Jahr 2023. | Foto: Kubanda
  • Am Tag 1 wurde u. a. Johannes Anzengruber als Vizebürgermeister abgewählt, am Tag 2 trifft der Gemeinderat die letzten Entscheidungen im Jahr 2023.
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