Trafik am Rand von Innsbruck
"Einmal zwei Tipps ohne, bitte"

Weder im Industriegebiet, noch mitten in der Stadt: Diese Trafik in der Nähe einer Autobahnauffahrt in Wilten ist trotzdem immer gut besucht. Das Geheimnis: Eine flotte Trafikantin, viel Schmäh und die Möglichkeit direkt vor der Trafik zu parken.
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  • Weder im Industriegebiet, noch mitten in der Stadt: Diese Trafik in der Nähe einer Autobahnauffahrt in Wilten ist trotzdem immer gut besucht. Das Geheimnis: Eine flotte Trafikantin, viel Schmäh und die Möglichkeit direkt vor der Trafik zu parken.
  • hochgeladen von Agnes Czingulszki (acz)

Diese Trafik ist wirklich außergewöhnlich: Sie liegt am Rand der Stadt, in der Nähe einer Autobahnauffahrt und ist trotzdem immer gut besucht – eine Reportage.

INNSBRUCK. Eigentlich darf man nicht über eine Trafik schreiben. Weder der Name der Trafikantin, das Bild der Trafik oder der genaue Standort darf genannt werden. Grund ist die Monopolverordnung, die jegliche Werbung – darunter fällt auch dieser redaktionelle Beitrag – für Trafiken verbietet. Trotzdem wollen wir über diese Trafik berichten, da die Abgelegenheit – am Rande der Stadt – zu einem interessanten Thema macht. Am Fuße des Bergisels, bei einer Autobahnauffahrt steht sie so gut wie mutterseelenallein da.

Ein Lokalaugenschein in der Trafik

Bei unserem Lokalaugenschein an einem Freitagnachmittag ist sie trotzdem rege besucht. Die Trafikantin – wir nennen sie einfachheitshalber Miriam – kann nur in Stichwörtern erzählen, ständig hüpft sie Mitten im Satz von der Straße wieder zurück zur Kassa, da wieder ein Kunde vor dem Fenster steht. Einmal zwei Tipps ohne, bitte. Eine Stange Marlboro. Ein Kaffee mit Zucker und Milch. Mit einem freundlichen Lächeln und einem lauten "Griaß di", nimmt sie die Bestellungen entgegen. Neben ihr auf dem Tresen nicht nur die Kassa, eine Lottomaschine, in die sie die Scheine auf ihren Gewinn prüft, sondern auch ein Teller mit hausgemachten Keksen. "Ständig werde ich von den Stammkunden verwöhnt. Greif zu!", meint sie während sie Geld zurück gibt. Das ist ihr Reich: Hinter ihr Zigaretten und Zeitschriften, versteckt eine Kaffeemaschine in der Ecke, Postkarten, Fotos von früheren Zeiten an einer Pinwand und sie, wie sie in Blitzgeschwindigkeit und fast ohne hinzusehen Zigaretten vom Regal nimmt und gleichzeitig die Kaffeemaschine einschaltet. 

Die Geschichte der Trafik

Sie hat die Trafik vor gut 20 Jahren von ihrer Großmutter übernommen, die ebenfalls eine legendäre Trafikantin war. Besonders ihr bissiger Schmäh, den sie als Frau eher kleiner Statur gegenüber Bauarbeitern und Co. hatte, ist den Stammkunden in Erinnerung geblieben. "Es gab immer ein Glachter", wie auch eine bereits pensionierte Mitarbeiterin der Trafik erzählt. Die Großmutter wiederum hat die Trafik von ihrem Mann übernommen, der sie 1948 gründete. Er verlor im zweiten Weltkrieg sein Bein und war Kriegsinvalide und Kriegsinvalide hatten – so war es gesetzlich geregelt – das Monopol auf Trafiken. Als Miriam vor 21 Jahren anfing in der Trafik zu arbeiten, war der gelernten Floristin ziemlich klar: Das ist eine lässige Gschicht. Und so ist die "Übergangsarbeit" bei der Oma zu einer absoluten Leidenschaft geworden. "Ich würde nicht tauschen wollen."
Die Trafik hat sich seit 1948  bemerkenswert entwickelt. Lange Zeit war es wirklich nur ein kleines Häuschen ohne Wasseranschluss oder Toilette, wo man Zigaretten Stückweise verkaufte. 2005 kam dann der große Umbau, die Trafik wurde größer und hat nun beides, Toilette und Wasseranschluss. Nur die Zigaretten bekommt man nicht mehr Stückweise. 

Überfälle und Stammkunden

Auch, wenn das Trafikantenleben sich verlockend einfach anhört, hat man nicht nur Spaß. Häufig ist man auch Zielscheibe von Überfällen. Konkrete Fälle nennt Miriam lieber nicht, man merkt, das ist eher eine heikle Angelegenheit, daher bleibt sie lieber allgemein: "Trafiken, Tankstellen und Restaurants werden eben immer sehr gerne ausgeraubt".
Aber mittlerweile fühlt sich Miriam sicher. Wenn sie in ihrem Häuschen ist, sperrt sie die Tür zu, alles ist videoüberwacht und es gibt immer wieder viele Stammkunden, die ihr auch eine Art Sicherheit vermitteln. Viele von ihnen kommen übrigens aus der Baubranche oder sind Busfahrer, denn ein großer Vorteil ist, dass man bei ihr direkt vor der Tür parken kann. Auch während unseres Gesprächs kommen zahlreiche Lkws auf einen Sprung vorbei. Sonst ist ihr Publikum auch bunt gemischt:  Spaziergänger mit Hund, Volksschulkinder mit ihrem Vater oder zwei ältere Damen beim Lotto kaufen und tratschen. Im Verhältnis zum öden Corona-Alltag mit wenig Kontakt und Abstandhalten, ist bei Miriam richtig viel los.

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