Kultur
Es ist wieder Zeit für die Beichte

- Francesco Cirolini, Schauspieler und Regisseur über Kunst in der Krise und Beichtpläne.
- Foto: Tommy Seiter
- hochgeladen von Georg Herrmann
INNSBRUCK. Don Camillo ist legendär. Die schwarz-weis Verfilmung zwischen 1952 und 1965 mit Fernando als Don Camillo und Gino Cervix als Peppone haben längst Kultstatus. Aber auch in der Tiroler Landeshauptstadt hat Don Camillo für Furore gesorgt. Mit der Beichte bei Don Camilo hat Francesco Cirolini als Beichtvater mit seinem Gehilfen Florian Adamski für Begeisterung gesorgt. Prominente Tiroler Persönlichkeiten wurden mit viel Humor zu ihren Leben befragt. Ein Erfolgskonzept, das eigentlich im Jahr 2020 wieder für beste Unterhaltungen sorgen sollte. Wäre da nicht die Corona-Krise. Das Stadtblatt hat beim bekannten Schauspieler nachgefragt.
Stadtblatt: Herr Cirolini, die „Beichte bei Don Camillo“ würde in den Startlöchern stehen, wie ist der aktuelle Stand?
Francesco Cirolini: Naja, grundsätzlich warten ALLE auf Kultur, vor und hinter den Kulissen. Im Augenblick ist es wahnsinnig schwierig, eine Prognose abzugeben, wann und wie das Ganze weitergehen soll. Es gäbe zurzeit Lawinen von Themen, die nur darauf warten, losgetreten zu werden. An uns liegt es jedenfalls nicht. Ich hoffe innig, die Politik begreift baldigst, dass es so nicht geht!
Florian Adamski und Du hatten zahlreiche Tiroler Persönlichkeiten zu Gast, mit einem Blick zurück, was waren die Highlights vor 10 Jahren?
Francesco Cirolini: Buh, da gäb’s wirklich unzählige… zu meinen persönlichen gehören bestimmt unsere Kulturlandesrätin Beate Palfrader und LH Stv. Hannes Gschwentner aus der Politik, mein leider viel zu früh verstorbener Freund Gischi Westerthaler aus der Abteilung Sport, aus kultureller Sicht Markus Koschuh sowie Hubsi Trenkwalder, und aus der Wirtschaft Erich Pechlaner und Helmut Lutz, uvm.
Mit einem Blick nach vorne, wer wären die ersten Gäste zur Beichte?
Francesco Cirolini: (Lacht) Mit Sicherheit wäre es von politischer Seite her spannend, den Bürgermeister Georg Willi und Gemeinderat Gerald Depaoli auf den Beichtstuhl zu bekommen. Da wir aber Politik, Kultur, Sport und Wirtschaft immer schon mischen wollten, gäbe es für die nächsten 10 Staffeln jedenfalls eine ganze Reihe an „Engeln & Sündern“…
Die Konzeption steht, der erfolgreiche damalige Weg wird nicht nur fortgesetzt, sondern mit neuen Facetten bereichert, fehlend ist aber noch der geeignete Ort für die Beichte?
Francesco Cirolini: Tja, bedauernswerterweise. Der damalige Spielort im Stiftskeller bei Burkhard Pederiva war schon ein ganz besonderer und natürlich wäre es für uns ein Meilenstein, würde uns dieser wieder zur Verfügung gestellt werden. Prinzipiell gäbe es viele mögliche Spielorte, aber das Flair im Stiftskeller passte zu Don Camillo einfach wie die Faust auf’s Auge. Wir hoffen!
Schauspieler und Corona-Krise – wie geht es Dir persönlich in diesen Tagen?
Francesco Cirolini: Ich bin traurig. Aber auch enttäuscht. Und auch ein wenig glücklich. Traurig, weil mir die Kultur, das Theater einfach unglaublich fehlt. Traurig, dass die Tiroler Volksschauspiele in diesem Sommer nicht stattfinden. Die „Verkaufte Heimat – Feuernacht“ wird es dann an diesem so eindrucksvollen Spielort wohl nie wieder geben. Enttäuscht, über so manche politischen Ansichten und Entscheidungen… Enttäuscht aber vor allem, dass kein Weg nach vorn gesucht wird. Glücklich, weil ich die Hoffnung nie aufgebe. Und aus diesem ganzen Chaos vielleicht auch Gutes entspringen kann.
Auf die Probleme der Kunstszene ist mehrfach hingewiesen worden. Keine Veranstaltungen, keine Planung, keine Proben und natürlich auch kein Engagement in der Zukunft. Wie eng arbeitet die Kunstszene zusammen, um Lösungen zu finden?
Francesco Cirolini: „In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen.“ Loriot. Natürlich versucht die Szene zusammen Wege und Möglichkeiten zu finden, allerdings kommt man hier nicht wirklich weiter. Diese Abstandsvorschriften und begrenzten Zuschauermöglichkeiten sind so nicht durchführbar! Auch eine mögliche Probensituation: Man stelle sich vor, dass Schauspieler auf einer Probe mit Abstandsregelung und Maske eine Liebesszene oder ähnliches zum Besten geben sollen. Mit einer Maske? Really? Ein Schauspieler ohne Mimik. Tot. Das Schauspiel lebt doch genau davon. Wichtig ist (sarkastisch), dass bei einem schwedischen Möbelhaus 100erte Wahnsinnige Schlange stehen dürfen, aber im Theater der Zuschauerraum zum Alptraum wird. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen stehen derzeit nackt da und stehen nicht vor dem Existenzminimum, sondern vor dem Aus. Lücken von Produktionen und Drehtagen übers ganze Jahr verteilt. Kunst? Die Kunst ist tot. Lang lebe die Kunst.
Mit dem Konzept „Theater ohne Bühne“ hast Du ja schon einmal den Weg eingeschlagen die Kunst und Kultur zu den Menschen in ihre Lebensräume zu bringen. Arbeitest Du an einer Neuauflage dieser Idee, damit Kunst und Kultur auch außerhalb der ihnen angestammten Räume präsentiert werden kann?
Francesco Cirolini: Konzepte sind längst überflüssig. Es reichen: „Idee und Budget!“ Die Mühlen drehen sich zugegeben in unserem „Heiligen Land Tirol“ nicht nur sehr mühsam, sondern auch in die falsche Richtung, um es mit den Worten von Don Camillo zu beschreiben. Wir haben es damals mit „Gefangen am Sessellift“ geschafft in nur einem Jahr mehr als 20.000 Zuschauer auf die Berge zu bekommen. Projekte sind geplant, geplatzt, neu geplant und neu geplatzt… Auf sich aufmerksam zu machen ist die eine Seite der Medaille, die andere ist auch gehört zu werden. Was an dieser Stelle mal gesagt werden muss: Seit Jahren versuchen wir vergeblich den Bergisel zu bespielen. Kläglich gescheitert an Stadt, Land, Bund. Ferner die richtigen Sponsoren auch mit an Bord gewesen wären, aber der Prophet im eigenen Land ist ja offenbar nix wert. Mal schauen, bekanntlich sind ja die Wege des Herren unergründlich. Leider reicht so ein kurzes Interview nicht aus, alles hineinzupacken, was gesagt werden muss. Ich danke trotzdem fürs Interview und hoffentlich auf bald in IRGENDEINEM THEATER! Euer Don Camillo – Francesco Cirolini
In Erinnerung an einen ganz besonderen Freund, Danke Gischi
LA Gebi Mair bei der Beichte
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