Völserstraße
Mieter landen ohne Aussicht auf Unterkunft auf der Straße

Völserstraße: Die Stadt Innsbruck zieht die Notbremse und untersagte die Benützung des Gebäudes. (Symbolfoto) | Foto: Brainpower
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INNSBRUCK. Seit Jahren werden zwei Wohngebäude in der Innsbrucker Völserstraße widmungswidrig genutzt: Die in den 1990er Jahren bewilligten Einfamilienhäuser hat der Eigentümer ohne Bewilligung in Mehrparteienhäuser umgebaut und teuer vermietet. Nun zieht die Stadt Innsbruck die Notbremse und untersagte die Benützung des Gebäudes. Leidtragende sind die 20 Mieterinnen und Mieter, unter ihnen minderjährige Kinder, die ihre Wohnungen nun in den kommenden Wochen verlassen müssen", teilt die AK-Tirol in einer Aussendung mit. Die Stadt Innsbruck nimmt dazu Stellung.

Untersagung durch die Stadt

"Es ist wieder eine jener Geschichten, die einen mit Kopfschütteln zurücklassen und die letztendlich auf dem Rücken derjenigen ausgetragen werden, die am wenigsten dafür können", lautet der Anfang der Aussendung der AK-Tirol. Die Rede ist von den Mieterinnen und Mietern zweier Häuser in der Innsbrucker Völserstraße. Der 1994 bewilligte Baubescheid weist die Objekte als Einfamilienhäuser aus, genutzt wurden sie jedoch als Mehrparteienhäuser – der Umbau erfolgte dabei ohne behördliche Bewilligung. Als 2013 im Zuge einer behördlichen Kontrolle dieser Missstand bekannt wurde, begann ein lang andauerndes Behördenverfahren, das vor Weihnachten (!) 2020 seinen unrühmlichen Höhepunkt fand: Den Mieterinnen und Mietern, die für die insgesamt 12 Wohneinheiten teuer bezahlten (etwa um die 550 Euro für eine 24 m2 große Einheit), wurde die Benützung des Gebäudes durch die Stadt Innsbruck untersagt.

Tragödie

"Und während sich die Stadt auf die durch die Tiroler Bauordnung gegebene Rechtmäßigkeit ihres Handelns beruft und auf die Möglichkeit einer Vormerkung für eine städtische Mietwohnung verweist, zeigt auch der Vermieter, der seit Jahren von den teuren Mieten profitierte, keine Ambitionen, den Menschen mitten im Winter zu helfen." Für AK Präsident Zangerl ist der Fall eine menschliche Tragödie: „Dass die Mieterinnen und Mieter in kurzer Zeit eine Wohnung bekommen, ist fast aussichtslos, damit droht ihnen die Obdachlosigkeit."

"Weder von Seiten des Vermieters, noch von der Stadt Innsbruck gibt es hier Lösungsvorschläge, die die Notlage der Mieterinnen und Mieter berücksichtigen."
AK-Präsident Erwin Zangerl

"Das ist, noch dazu in Zeiten wie diesen, zutiefst unmenschlich“, so Zangerl. Deshalb fordert Zangerl eine Übergangslösung bzw. Fristerstreckung zumindest bis Herbst, damit die Mieterinnen und Mieter mehr Zeit bekommen, um sich neue Wohnmöglichkeiten zu suchen.

„Die Behörden sind hier ihrer Pflicht nachgekommen, es ist am Vermieter einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Die MieterInnen müssen trotzdem nicht befürchten, dass sie von heute auf morgen vor die Türe gesetzt werden, die Benützungsuntersagung ist noch nicht rechtskräftig. Ich vertraue auch darauf, dass die AK den Mieterinnen und Mieter in dieser Situation mit rechtlicher Beratung zur Seite stehen wird.“
Bürgermeister Georg Willi

Stellungnahme der Stadt

Baurechtlich wurde die Errichtung eines Doppelwohnhauses auf dem gegenständlichen Grundstück bewilligt. Baupolizeilich wurde festgestellt, dass die Objekte entgegen dem Baubescheid nicht als zwei Einfamilienhäuser genutzt werden, sondern sich in den beiden Anwesen jeweils sechs getrennte Einheiten befinden. Es wurde daher dem Eigentümer die Wiederherstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes (=Verwendung als Doppelwohnhaus und nicht als Wohnanlage) aufgetragen. Ein solcher Auftrag hat entsprechend den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung an den Eigentümer (und nicht an die Mieter) zu ergehen. Der entsprechende Bescheid wurde sowohl vom Landesverwaltungsgericht Tirol als auch in weiterer Folge vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt und ist somit rechtskräftig. Zwischenzeitlich durchgeführte baupolizeiliche Lokalaugenscheine haben ergeben, dass die gegenständlichen Gebäude nach wie vor konsenswidrig genutzt werden. Gemäß § 46 Abs. 6 Tiroler Bauordnung 2018 hat die Behörde unter anderem in einem solchen Fall (konsenswidrige Nutzung einer baulichen Anlage) dem Eigentümer der baulichen Anlage oder, wenn diese durch einen Dritten benützt wird, diesem deren weitere Benützung ganz oder teilweise zu untersagen. Die Benützungsuntersagung hat sich somit an die tatsächlichen Nutzer zu richten, während ein Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes an den Eigentümer einer baulichen Anlage zu ergehen hat. Es wurde daher den Bewohnern (somit den Nutzern) der gegenständlichen Anwesen die weitere Benützung untersagt.

Die Wortfolge „die Behörde hat“ lässt erkennen, dass der Behörde bei der Untersagung der weiteren Benützung kein Ermessen zukommt, sondern dass die Behörde bei Vorliegen eines der in § 46 Abs. 6 TBO 20189 taxativ aufgezählten Tatbestände eine Benützungsuntersagung zu erlassen hat (der Behörde somit kein Wahlrecht zukommt, die Benützung zu untersagen oder eben nicht).

Gegen den Bescheid, mit welchem die Benützung untersagt wurde, wurden mehrere Beschwerden eingebracht, welche dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt wurden. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerden ist die Benützungsuntersagung noch nicht rechtskräftig. Sollte das LVwG Tirol die baubehördliche Entscheidung allerdings bestätigen, ist jede weitere konsenswidrige Nutzung des Anwesens unzulässig, baurechtlich strafbar und das Benützungsverbot vollstreckbar.

Dem Eigentümer bleibt es nach wie vor unbenommen, für die Änderung des Verwendungszweckes (Verwendung als Wohnanlage mit 12 Einheiten anstelle der Verwendung als Zweifamilienwohnhaus) um baurechtliche Bewilligung anzusuchen. Inwieweit ein solches Bauansuchen genehmigt werden kann, kann ohne Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens nicht beurteilt werden.

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