Mobiles Bethaus
Vandalenakt 24 Stunde nach der Eröffnung wird scharf verurteilt

Das "Mobile Bethaus" am Landestheatervorplatz ist nach knapp 24 Stunden erstmals Oper eines Vandalenaktes geworden. | Foto: Pock
  • Das "Mobile Bethaus" am Landestheatervorplatz ist nach knapp 24 Stunden erstmals Oper eines Vandalenaktes geworden.
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INNSBRUCK. "Erschütternd, unglaublich, unakzeptabel". Nach rund 24 Stunden war das Mobile Bethaus Ziel eines Vandalenaktes. Das Mobile Bethaus bleibt ist bis einschließlich Donnerstag, 25. November in Innsbruck zu Gast. Zahlreiche Reaktionen zeigen Bestürzung und Betroffenheit. Der Vandalenakt wird scharf verureilt.

Kunstinstalation

"Wie reagieren auf antisemitische Äußerungen? Wie umgehen mit menschverachtenden Beleidigungen? Es gibt sie überall im Alltag: antisemitische Vorfälle und Ausgrenzungen. Ob in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Politik oder im öffentlichen Leben und vor allem in den sozialen Netzwerken. Immer wieder begegnen Mitbürger jüdischen Glaubens Anfeindungen und Übergriffen, direkt oder indirekt. Dazu zählen auch Verunglimpfungen gegen Israel. Ein klassisches Vorurteil für Antisemitismus ist „Alle Juden sind reich“. Es hält sich bis heute, auch wenn es nicht stimmt." Dieser Text findet sich als Erklärung zur Präsentation des Mobilen Bethauses im Rahmen des Kulturjahres im Juli 2021 in Graz. Am 9. November hat die Israelitische Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg die von Oskar Stocker und Luis Rivera geschaffene Kunstinstallation am Landestheatervorplatz präsentiert. Neben IKG-Präsident Günter Lieder waren Bgm. Georg Willi und NR Alexandra Tanda und auch die Künstler Oskar Stocker und Luis Rivera vor Ort.

Vandalenakt

Knapp 24 Stunde nach der Präsentation, wurde ein Vandalenakt an der Kunstinstallation entdeckt. Eine aufgebrochene Türe, die zentrale Säule im Bethaus stand schief, eines der Seile lag am Boden. Ein Schaden der durchaus repariert werden kann. EinSchaden, der aber auch große Sorgen bereitet. War es eine bewußte und gewollte Zerstörung einer Kunstinstallation, einer Glaubenseinrichtung, einer jüdischen Gedenkstätte? Welche Geisteshaltung spiegeln die Täterinnen und Täter wider? Neben dem "überschaubaren" materiellen Schaden geht es um Schaden am gesellschaftlichen, sozialen und politischen Miteinander. Vandalenakte sind schon lange keine Kinderstreiche oder Kavaliersdelikte mehr.

Polizeimeldung

Ein bisher unbekannter Täter betrat in der Nacht auf den 11.11.2021 die am Vorplatz des Landestheaters in Innsbruck aufgestellte Kunstinstallation, verknüpfte die zur Installation gehörigen Seile und beschädigte dadurch das Kunstobjekt. Es entstand ein Schaden in bisher unbekannter Höhe.

Rasche Aufklärung

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich und Präsident der IKG Wienauf Twitter: "In Innsbruck wurde ein mobiles jüdisches Bethaus beschädigt, keine zwei Tage nachdem es aufgestellt wurde. Ein Angriff auf eine Synagoge oder jüdische Ausstellung ist ein Angriff auf das Judentum und ich hoffe auf eine rasche Aufklärung dieses Vorfalls durch die Behörden."

Angriff auf Erinnerungskultur

In einer gemeinsamen Stellungnahme verurteilen Bischof Hermann Glettler, Superintendent Olivier Dantine und Univ. Prof. Roman Siebenrock vom christlich-jüdischen Lokalkomitee Tirol die Zerstörung: „Wir sind erschüttert über die Beschädigung des als Mahnmal für die Opfer der Novemberpogrome errichteten ‚Mobilen Bethauses‘ in Innsbruck. Auch wenn das Tatmotiv noch im Dunkeln liegt, können wir den Schrecken, den diese Tat in der jüdischen Gemeinde auslöst, gut nachvollziehen, liegt doch die Erinnerung an antisemitische Vorfälle, die sich in den letzten Jahren in Österreich ereignet haben, nahe.“ Weiter heißt es: „Unsere Solidarität gilt der jüdischen Gemeinde in Innsbruck. Wo auch immer das Motiv für diese Tat liegt, sie ist ein Angriff auf ein wichtiges Zeichen der Erinnerung an die Shoah, das erst vor wenigen Tagen errichtet wurde. Diese Erinnerung aufrecht zu erhalten, die Opfer der Shoah zu ehren und jeglichem Antisemitismus zu wehren, ist ein wichtiges gemeinsames Ziel von Christen und Juden in unserem Land.“

Widerwärtiger Angriff

Mit großem Bestürzen reagieren die Innsbrucker Grünen auf den Angriff gegen das mobile Bethaus am Vorplatz des Landestheaters, welches erst vor zwei Tagen zum Gedenktag an die 83. Jährung der Novemberpogrome in einem würdigen Akt eröffnet wurde. "Das Bethaus mahnt an dieser zentralen Stelle an die Vergangenheit und dient dazu die Erinnerung an die Opfer des Pogroms aufrecht zu erhalten. Dass diese Einrichtung nun attackiert wurde ist ein widerwärtiger Angriff auf das jüdische Leben in Innsbruck, der mit aller Schärfe zurückzuweisen ist", finden Bürgermeister Georg Willi und Kulturstadträtin Uschi Schwarzl klare Worte zu dieser feigen Tat. Die Innsbrucker Grünen hoffen nun stark, dass die Ermittlungsarbeiten der Polizei die Täter ausfindig machen können. Weiters nehmen die Innsbrucker Grünen diesen Angriff als Anlass, die Bemühungen rund um die Unterstützung der jüdischen Gemeinde in Innsbruck weiter voranzutreiben, wie beide abschließend feststellen: "Innsbruck war einer der brutalsten Schauplätze des Novemberpogromes und hat eine besondere historische Verantwortung gegen jede Form des Antisemitismus vorzugehen. Wir stehen daher hinter der jüdischen Gemeinschaft in Innsbruck und wir werden weiterhin stark mit dieser Zusammenarbeiten, damit es in Zukunft nicht mehr zu solchen Taten kommen kann."

Trauigkeit und Empörung

„Dieser Akt der Barbarei ist auf das Schärfste zu verurteilen“, sagt die Vorsitzende des gemeinderätlichen Kulturausschusses, GR Irene Heisz. „Die beiden Künstler Oskar Stocker und Luis Rivera haben der Stadt Innsbruck mit ihrer Installation ein wunderbares Geschenk gemacht. Dass dieses Werk gerade einmal zwei Tage nach seiner Eröffnung am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, beschädigtwurde, erfüllt mich mit tiefer Traurigkeit und Empörung gleichermaßen.“ Unabhängig davon, ob das „Mobile Bethaus“ antijüdischen Ressentiments oder reiner, dummer Zerstörungswut zum Opfer gefallen ist - „für so eine Tat gibt es keine Entschuldigung“, schließt Heisz. 

Zutiefst erschüttert

„Das Mobile Bethaus ist eine wertvolle Initiative, um insbesondere auf heutigen Antisemitismus aufmerksam zu machen, und wir haben es sehr begrüßt, dass diese Kunstinstallation auf Initiative der Israelitischen Kultusgemeinde auch in Innsbruck zu sehen ist. Wir sind zutiefst erschüttert über diesen anonymen Gewaltakt und fordern eine rasche und lückenlose Aufklärung. Dieses Thema muss mit Aufmerksamkeit behandelt werden und wir werden uns damit befassen müssen, wie solche unfassbaren Vandalenakte in Zukunft verhindert werden könnten“, verurteilen Stadträtin Christine Oppitz-Plörer und Für Innsbruck Kultursprecherin Theresa Ringler den unfassbaren Vandalenakt unisono.

Untolerierbar

Schockiert zeigt sich der Tiroler FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger über die Beschädigung des mobilen jüdischen Bethauses in Innsbruck: „Diese Installation war nur wenige Tage begehbar, gerade in der Woche wo die Welt den Opfern der Novemberpogrome des Jahres 1938 gedenkt“, äußert sich Abwerzger in einer Stellungnahme. Die vorsätzliche Handlung ist untolerierbar und ein Affront gegen die Angehörigen der jüdischen Kultusgemeinde und den jüdischen Glauben.“ Abwerzger fordert die Exekutive auf, alles zu unternehmen, damit der oder die Täter gefasst werden können. 

Dauerhafter Standort

„Das Gerechte Innsbruck verurteilt den Vandalenakt beim Bethaus am Vorplatz des Landestheaters auf das Schärfste. Sollte es sich bewahrheiten, dass der Vandalenakt einen antisemitischen Hintergund hat, sind der oder die Täter selbstverständlich mit aller Härte des Gesetzes zu bestrafen. Die Pogromnacht vom 9. auf den 10. Jänner 1938 darf niemals vergessen werden! Ebenso nicht das Leid, welches der jüdischen Gemeinschaft von den Nationalsozialisten auch in Innsbruck zugefügt wurde. Die Kosten für die Reparatur des Bethauses soll selbstverständlich die Stadt Innsbruck übernehmen. Vielleicht sollte man grundsätzlich über einen dauerhaften Standort für die Skulptur in Innsbruck nachdenken, nicht nur als Mahnmal, sondern auch als Zeichen, um jüdisches Leben 365 Tage im Jahr mehr sichtbar zu machen“, teilt GR Gerald Depaoli mit. 

Temporäre Installation

Das Mobile Bethaus besteht aus insgesamt 18 Bauteilen. Die Module sind in ihren Abmessungen so konzipiert, dass das Gesamtpaket an Teilen in einen genormten Seecontainer verstaut werden kann. Dadurch ist das in Graz vorgestellte Bethaus mobil und kann auf Tournee gehen – ein Hinweis auf die Diaspora, das immerwährende Schicksal des Judentums und vieler auf der Flucht befindlicher Menschen.

Der Raum

Aufbauend auf dem sechseckigen Grundriss des Davidsterns, auf einer Grundfläche von 14,5 m2, ist der Stern von außen kaum ablesbar. Erst im Innenraum der Installation wird er besonders an der Decke sichtbar. Beim Betreten des Mobilen Bethauses findet der Besucher einen nahezu leeren, hellen Raum vor. Durch das transluzente Material der Decke fällt natürliches Licht diffus in den weiß gefärbten Innenraum. Im Zentrum des Raumes scheint eine in Augenhöhe verspiegelte Säule zu schweben – ein Verweis auf die biblische Geschichte von Moses, der sein Volk der Israeliten aus Ägypten führt. Die Wolken- und Feuersäulen weisen ihm dabei den Weg. Beim Blick in den Spiegel sieht sich der Besucher selbst in die Augen. Trotz der symbolträchtigen Form des Hexagramms, dessen Zacken den Innenraum stark strukturieren, obliegt dem Besucher die freie Interpretation der Installation. Eine begehbare Skulptur, deren Innenraum einerseits durch die gezackte Form und die zentral im Raum schwebende Säule Spannung erzeugt, andererseits durch die Leere des Raumes Entspannung in sich birgt. Ein Raum, der neugierig macht, zum Innehalten, Reflektieren, Meditieren einlädt oder auch dazu, kurzfristig dem Stadtgeschehen zu entfliehen. Nutzung und Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk werden dem Betrachter überlassen.

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