Corona-Impfung
Zwischen Hoffnungen und Bedenken

Drei Impfstoffe sind derzeit in Österreich für die Corona-Impfungen zugelassen. | Foto: Apothekerzeitung
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  • Drei Impfstoffe sind derzeit in Österreich für die Corona-Impfungen zugelassen.
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INNSBRUCK. Mit der Corona-Impfung scheint ein kleiner Hoffnungsschimmer für eine Verbesserung in den ISD-Einrichtungen in Sicht zu sein. Bei den Tirol Kliniken haben 1.848 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die erste Teilimpfung erhalten und 1.407 bereits die zweite Teilimpfung. Der Impfstoff von AstraZeneca stößt teilweise aber auf Widerstand. Ein Überblick mit einem Stadtblatt-Interview mit ISD-Geschäftsführer Hubert Innerebner, Einschätzungen von Virologin Dorothee von Laer, Informationen der Tirol Kliniken, der Stellungnahme der Tiroler Ärztekammer und den Vorbereitungen der Stadt Innsbruck.

Interview

Herr Innerebner, die Corona-Impfungen in den städtischen Wohnheimen sind abgeschlossen - eine erste Erleichterung in der schwierigen Coronazeit?
Hubert Innerebner:
Die Impfungen in unseren Wohn- und Pflegeheimen sind in den letzten Zügen. Dies ist natürlich eine große Freude und ein toller Lichtblick nach einem unglaublich schwierigen Jahr.

Wie hat sich der Ablauf der Impfungen organisatorisch dargestellt?
Die Vorbereitung war ein organisatorischer Kraftakt. Immerhin war die erste Impfrunde relativ knapp nach den Weihnachtsfeiertagen angesetzt und es musste im Vorfeld sowohl die Durchführung der Impfung durch Ärzte als auch die Tauglichkeit und die Bereitschaft der zu Impfenden abgeklärt werden. Unsere Bewohnerinnen und Bewohner werden medizinisch durch ihren jeweiligen Hausarzt betreut und sie wurden entweder durch diese geimpft, oder wenn die Hausärzte nicht verfügbar waren, durch von uns aufgebotene Impfärzte. Die Crux liegt ja darin, dass beim verwendeten Impfstoff nach dem Auftauprozess eine sehr schnelle Verarbeitung notwendig ist, weshalb alles sehr zackig funktionieren musste. Aber es ist sehr gut gelaufen.

Bürgermeister Georg Willi, Vizebürgermeister Johannes Anzengruber und Apothekerin Monika Politakis-Mauer mit einer Dose des Impfstoffs von „Pfizer-Biontech“ im Jänner 2021. | Foto: IKM
  • Bürgermeister Georg Willi, Vizebürgermeister Johannes Anzengruber und Apothekerin Monika Politakis-Mauer mit einer Dose des Impfstoffs von „Pfizer-Biontech“ im Jänner 2021.
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Seit März 2020 haben die Einrichtungen der ISD mit strengen Auflagen leben müssen. Hofft man im Frühling, kleine Schritte für eine Verbesserung umsetzen zu können?
Wir wünschen uns, wie wahrscheinlich alle, nichts sehnlicher als eine Rückkehr zur alten Normalität. So wie es aussieht, wird das nicht von heute auf morgen passieren können, sondern nur in sehr sensiblen, wohlüberlegten Schritten. Aber einige wesentliche Verbesserungen zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Besuchswesen und auch mit dem (Unterhaltungs-)Programm sollten jedenfalls möglich sein. Entscheidend wird allerdings auch sein, was in den zukünftigen Verordnungen des Bundes steht.

Die manglende Kommunikation und Kontaktmöglichkeiten sind für viele Menschen im Bereich der ISD enorm belastend, wie hat die ISD darauf reagiert?
Die Bewohnerinnen und Bewohner der Heime sind die wahrscheinlich vulnerabelste Bevölkerungsgruppe, weshalb für sie auch besondere Schutzmaßnahmen erforderlich wurden. Aber die in allen Heimen landauf landab erforderlichen Maßnahmen haben natürlich auch ihre Schattenseiten. Letztlich ist der Mensch ein soziales Wesen und belasten auftretende Defizite in diesem Bereich alt wie jung. Die meisten der harten Maßnahmen waren uns per Verordnung auferlegt und daher ohne wenn und aber einzuhalten. Im Gegenzug haben wir uns sehr bemüht, die Bewohnerinnen und Bewohner beim Verlassen des Hauses zu unterstützen, wenn sie von Angehörigen abgeholt wurden. Weitere Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme bestanden beispielsweise in der Bildtelefonie. Gruppenarbeit durch die Therapeuten war leider die meiste Zeit nicht möglich, Einzelbetreuung beispielsweise durch Therapeuten oder die Seelsorge aber praktisch durchgehend.

Drei Ensembles der Polizeimusik Tirol überraschten im Juni 2020 mit Kurzkonzerten gleichzeitig sechs Wohn- und Pflegeheime in Tirol. | Foto: LPD Tirol
  • Drei Ensembles der Polizeimusik Tirol überraschten im Juni 2020 mit Kurzkonzerten gleichzeitig sechs Wohn- und Pflegeheime in Tirol.
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Hat sich Corona auf das Angebot des Innsbrucker Menu Service ausgewirkt?
Unser- wie ich meine sehr gutes – Angebot hat durch den Wegfall vieler anderer Orte der Verpflegung einen großen Schub an zusätzlicher Nachfrage erfahren dürfen. Ich denke wir haben auch viele ältere Menschen davon überzeugt, bei uns zu bleiben.

Hubert Innerebner (li), setzt gemeinsam mit Bischof Hermann Glettler und Matthias Meraner auch soziale Akzente, so wie hier mit der Gotlpack-Aktion im Oktober 2020. | Foto: Vinzenzgemeinschaft
  • Hubert Innerebner (li), setzt gemeinsam mit Bischof Hermann Glettler und Matthias Meraner auch soziale Akzente, so wie hier mit der Gotlpack-Aktion im Oktober 2020.
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ISD Fakten

Im März 2020 wurden erstmals die Maßnahmen zum Schutz gegen Corona in den ISD-Einrichtungen verschärft. Seitdem leben die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Betreuerinnen und Betreuer der Menschen unter schweren Bedingungen. Rund 1.000 Seniorinnen und Senioren wohnen in den acht Heimen der Innsbrucker Sozialen Dienste (ISD). 

Tirol Kliniken Pflegepersonal mit Bedenken

Beim Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca handle es sich um einen ausgezeichneten Impfstoff, beurteilt der Impfreferent der Ärztekammer für Tirol, Dr. Christian Hilkenmeier, die Einsatzfähigkeit des sogenannten „Vektor-Impfstoffes“. Trotz einer abgeschwächten Wirksamkeit gegen die „Südafrikamutation“ von SARS-CoV-2 lässt sich seine Bedeutung nicht wegdiskutieren. Denn gerade ob seiner einfachen Handhabbarkeit hat er großes Potential in der Pandemiebekämpfung. Auch der hohe Wirkungsgrad von ca. 76%, der drei Wochen nach der Erstimpfung erreicht werden kann und mindestens bis zur Zweitimpfung nach 12 Wochen anhält, wie auch die Verhinderung schwerer Krankheitsverläufe, gehören zu seinen Vorteilen.

Die Mitarbeiter in den Pflegeheimen und Tirol Kliniken stehen teilweise dem Impfstoff skeptisch gegenüber. "Sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Impfung erfreut und dankbar angenommen, andere wollten sich lieber allfällige Impfreaktionen „erste Reihe fußfrei“ ansehen. Insgesamt haben wir da noch Luft nach oben. Natürlich wäre mir lieber gewesen, wenn gleich alle mitgemacht hätten, aber ich habe auch ein gewisses Verständnis für zutiefst menschliche Reaktionen wie: 'Ich muss nicht unbedingt die/der Erste sein bei einem völlig neuen Präparat.' Letztlich orte ich aber ein deutliches Anwachsen der Impfbereitschaft", hält ISD-Geschäftsführer Hubert Innerebner zum Thema Impfen der Mitarbeiter fest.

Corona-Impfungen an den Tirol Kliniken: Erste Teilimpfung: Innsbruck 1.073, Hall 421; Zweite Teilimpfung: Innsbruck 1.008, Hall 216. | Foto: Tirol Kliniken
  • Corona-Impfungen an den Tirol Kliniken: Erste Teilimpfung: Innsbruck 1.073, Hall 421; Zweite Teilimpfung: Innsbruck 1.008, Hall 216.
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Von Seiten der Tirol Kliniken wird mitgeteilt: "Die Vorbehalte gegen den Impfstoff von AstraZeneca sind uns bekannt und wir haben dafür Verständnis. Vor allem die weltweite mediale Berichterstattung zu diesem Impfstoff, hat natürlich das Vertrauen nicht gerade gestärkt." Ab nächster Woche kommen an allen Standorten der Tirol Kliniken nur noch der Impfstoff von AstraZeneca zum Einsatz. "Wir haben ca. 2.000 Dosen erhalten. Es ist der einzige Impfstoff der aktuell geliefert wird. Wir haben außerdem keinen Einfluss darauf, welchen Impfstoff wir bekommen", heißt es von Seiten der Tirol Kliniken. "Von unserer Seite her versuchen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zu informieren. Wir sind der Überzeugung, dass das unsere Aufgabe ist, damit die MA eine fundierte persönliche Entscheidung treffen können. Denn ob ich mich impfen lasse oder nicht ist die persönliche Entscheidung jedes einzelnen. Unter anderem haben wir schon länger FAQs zu diesem Thema online. Diese haben wir zuletzt auch um das Thema AstraZeneca ergänzt", informiert Johannes Schwamberger von den Tirol Kliniken über die Informationsoffensive. 

Impfstrategie

Der Präsident der Ärztekammer für Tirol, Artur Wechselberger, wiederholt seine Forderung an den Bund, alle verfügbaren Impfstoffe, die eine höhere Wirksamkeit gegen das mutierte Virus versprechen, in Tirol einzusetzen. "Niemand in der Tiroler Bevölkerung und besonders auch die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen würden verstehen, dass ihr großer Einsatz gegen die Verbreitung des Virus, keine entsprechende Unterstützung des Bundes erfährt", verleiht Präsident Wechselberger seiner Forderung Nachdruck:

"Auch wenn Menschen das Impfangebot, mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft zu werden annehmen – schließlich sei ein etwas geringerer Impfschutz besser als keiner – entbindet das die Vertreter der Republik Österreich nicht, den der Tiroler Situation am besten angepassten Impfstoff zur Verfügung zu stellen."

Generell ist die Bundesregierung gefordert, eine Strategie zu entwickeln, wie mit dem Österreichischen Impfkonzept umzugehen ist, wenn Mutationen von SARS-CoV-2 die Wirksamkeit von Impfstoffen in Frage stellen, empfiehlt der Ärztekammerpräsident. Schließlich könne die Situation, die derzeit die „Südafrikamutation“ und AstraZeneca betreffe, sich jederzeit in einem anderen Bundesland Österreichs und bei einem der anderen Impfstoffe wiederholen.

Corona-Impfungen in Innsbruck

Herr Vizebürgermeister und Gesundheitsstadtrat Johannes Anzengruber, wie sieht die Situation bei den Corona-Impfungen in Innsbruck aus?
Johannes Anzengruber:
Die Impfstation Messe ist bereit, die Impfungen durchzuführen, sobald der Impfstoff geliefert wird. Die 2. Impfung in den Alten- und Pflegeheimen in der Stadt Innsbruck sind nun abgeschlossen.

Das Land hält an einem Drei-Phasen-Plan fest, folgt auch die Stadt Innsbruck diesem Plan?
Die Stadt Innsbruck wird sich dem Impfplan des Landes anschließen. Es ist wichtig, dass die Pandemiebekämpfung im Schulterschluss mit dem Land stattfindet. Alleingänge sind kontraproduktiv. Nur gemeinsam kann man die Krise bewältigen.

Ist der vom Land Tirol angedacht Zeitplan mit Impfungen für Alle ab Mai/Juni auch in der Stadt Innsbruck realistisch?
Die Stadt Innsbruck ist bereit! Sobald vom Bund der Impfstoff geliefert und vom Land zugeteilt wird, können wir mit dem Impfen starten. Wenn im Mai bzw. Juni genügend Impfstoff in Innsbruck ankommt, ist es realistisch mit den Impfungen für Alle zu starten.

Wo liegen derzeit die Herausforderungen und Probleme beim Thema Impfen für die Stadt?
Aktuell ist eine Herausforderung u. a. die Terminvereinbarung mit der Personengruppe 80+. Die Gemeinden haben im Jänner die Impfbereitschaft abgefragt, im nächsten Schritt geht es um die Terminvereinbarung. Sobald der Impfstoff für diese Personengruppe zugesichert ist, werden wir die Personen telefonisch und per Brief kontaktieren, um einen Impftermin zu vereinbaren. 

Aktuell werden entsprechend dem Impfplan des Landes 188 Ärzte und 110 Zahnärzte aus dem Ballungsraum Innsbruck am Wochenende geimpft. "Bis jetzt erhielten 524 Personen im Impfzentrum eine CoV-Impfung“, informiert der für das Gesundheitswesen zuständige  Johannes Anzengruber. Erfreut zeigt sich Anzengruber über das Infektionsgeschehen in der Tiroler Landeshauptstadt: „Laut der AGES-Morgenauswertung schneidet Innsbruck bei der 7-Tages-Inzidenz mit dem Wert von 39,4 am besten von allen Tiroler Bezirken ab (Vergleichswert Tirol insgesamt: 75,8). Das ist sicher ein sehr erfreulicher Wert, es zeigt, dass die CoV-Präventionsmaßnahmen, das Testen und das Contact Tracing gut ineinandergreifen und wirken. Jetzt dürfen wir in unseren Bestrebungen nicht nachlassen, damit wir bis jeder ein Impfangebot hat, gut durch die Zeit kommen.“ 

Laufende Analysen

"Die impfstoffherstellende Industrie nimmt die derzeit auftretenden Virusmutationen sehr ernst und analysiert diese laufend", betont Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH). „Mit jedem Tag erhalten wir weitere Daten, die uns helfen, Covid-19 besser zu verstehen.“ „"Wichtig ist aber, jene zugelassenen Impfstoffe, die uns derzeit zur Verfügung stehen, auch so rasch wie möglich zu verimpfen"“, bekräftigt auch ÖVIH-Vizepräsidentin Sigrid Haslinger. „Aktuell ist in Österreich noch das ursprüngliche Covid-19-Virus dominant, gegen dieses wirken alle zugelassenen Impfstoffe sehr gut. Erste Ergebnisse zeigen, dass die derzeit verfügbaren Impfstoffe auch einen Schutz vor der UK-Variante bieten.“

Impfstoffe

Aktuell wird weltweit intensiv an Impfstoffen gegen COVID-19 gearbeitet. Es befinden sich zahlreiche Impfstoffkandidaten in klinischer Entwicklung. Zurzeit sind in Österreich drei Impfstoffe zugelassen: BioNTech/Pfizer „BNT162b2“, Moderna „mRNA-1273“ und der Vektorimpftstoff von AstraZeneca „ChAdOX1 S“. Ein Überblick über den aktuellen Stand der Impfstoffentwicklung wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter https://www.who.int/publications/m/item/draft-landscape-of-covid-19-candidate-vaccines zur Verfügung gestellt. Eine Auflistung der in Österreich zugelassenen Impfstoffe bietet das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen: https://www.basg.gv.at/konsumentinnen/wissenswertes-ueber-arzneimittel/arzneimittel/impfstoffe

Die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer „BNT162b2“ und Moderna „mRNA-1273“ wurden in den groß angelegten Studien in zwei Impfdosen mit einem Abstand von 21 Tagen (BioNTech/Pfizer) bzw. 28 Tagen (Moderna) verabreicht. Wie lange der Schutz nach diesen zwei Impfungen besteht und ob und wann Auffrischungsimpfungen notwendig sind, ist derzeit noch nicht bekannt. Da jedoch die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer der Zulassungsstudien beider Hersteller auch nach Zulassung weiterbeobachtet werden, sind Ergebnisse zur Schutzdauer zu erwarten. Damit kann auf eventuelle Auffrischungserfordernisse reagiert werden. Auch die Schutzdauer des Vektorimpfstoffs von AstraZeneca „ChAdOX1 S“ ist noch nicht bekannt. Demnach ist auch noch nicht klar, wann und ob Auffrischungsimpfungen notwendig sind. Entsprechende Empfehlungen werden sich aus den weiteren Ergebnissen der laufenden Phase III-Studien ergeben. Schon bekannt ist, dass die Antikörpertiter vier Monate nach der Impfung mit dem Impfstoff Moderna „mRNA-1273“ stabil sind.

Impfstoff von AstraZeneca: An allen Standorten der Tirol Kliniken im Einsatz. "Wir haben ca. 2.000 Dosen erhalten. Es ist der einzige Impfstoff der aktuell geliefert wird", teilen die Tirl Kliniken mit.  | Foto: Ärzteblatt
  • Impfstoff von AstraZeneca: An allen Standorten der Tirol Kliniken im Einsatz. "Wir haben ca. 2.000 Dosen erhalten. Es ist der einzige Impfstoff der aktuell geliefert wird", teilen die Tirl Kliniken mit.
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AstraZeneca

Beim Impfstoff von AstraZeneca „ChAdOX1 S“, entwickelt von der Universität Oxford und dem Pharma-Unternehmen AstraZeneca, handelt es sich um einen sogenannten Vektorimpfstoff. Er besteht aus einem harmlosen, bei Menschen nicht vermehrungsfähigen, Virus aus der Familie der Adenoviren (Erkältungsviren) von Schimpansen, das so modifiziert wurde, dass es das Gen mit dem Bauplan für die Herstellung eines optimierten Oberflächenproteins des Coronavirus (SARS-CoV-2-Spike-Proteins) enthält. Das Adenovirus selbst kann sich nicht vermehren und verursacht keine Krankheit. Nach der Impfung gelangt das Impfvirus mit dem SARS-CoV-2-Gen in einige wenige menschliche Körperzellen. Die Zellen verwenden das Gen zur Herstellung des Spike-Proteins. Das Immunsystem erkennt das Spike-Protein als fremd an und bildet als Reaktion des Immunsystems Antikörper und T-Zellen, die im Idealfall vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 schützen. Die Funktionsweise von Vektorimpfstoffen:

Nutzen und Risiko

COVID-19-Schutzimpfungen schützen mit hoher Effizienz vor symptomatischen Erkrankungen (inkl. schwerer Erkrankungen). Weiters kommt es vermutlich zu einer Reduktion von asymptomatischen Infektionen und damit zu einer Einschränkung der Viruszirkulation in der Bevölkerung. In den publizierten Ergebnissen der Zulassungsstudien der mRNA-Impfstoffe betrug die Wirksamkeit in der Verhinderung symptomatischer COVID-19-Erkrankungen nach der zweiten Dosis mehr als 90 % im Vergleich zu Placebo. Ähnlich sind die Werte beim Impfstoff BIONTech/Pfizer „BNT162b2“: Das „New England Journal of Medicine” vom 31.12.2020 spricht von einer Wirksamkeit von 95 % – siehe auch https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2034577.

Die Wirksamkeit zur Verhinderung symptomatischer, laborbestätigter Erkrankungen lag beim Vektorimpfstoff von AstraZeneca „ChAdOX1 S“ bei ca. 60 %. Die Verhinderung von schweren Fällen (Pneumonien, Hospitalisierung, ICU, Tod) lag bei 100 %, wenngleich nur acht Fälle in der Kontrollgruppe aufgetreten sind. Bereits drei Wochen nach der ersten Dosis beginnt die Schutzwirkung. Für einen vollen, anhaltenden Schutz ist die zweite Dosis notwendig. Eine bessere Immunogenität und Schutzwirkung zeigte sich bei längeren Impfabständen zwischen der ersten und der zweiten Dosis. Das Nationale Impfgremium empfiehlt daher einen bevorzugten Impfabstand von elf bis zwölf Wochen. Die Wirksamkeitsdaten bei Personen mit Co-Morbiditäten, insbesondere Herz-Kreislauferkrankungen, Lungenerkrankungen, Adipositas und Diabetes, sind vergleichbar hoch wie bei Personen ohne Vorerkrankungen. Für Hochrisikopatientinnen und -patienten gemäß Priorisierungsliste wird bevorzugt ein mRNA-Impfstoff empfohlen.

Hintergrund

Die Virologin Dorothee von Laer (Medizinische Universität Innsbruck) informiert im Interview über Fragen rund um die Corona-Imfpung. Wie wirkt die Impfung mittels mRNA (messengerRNA, Boten-Ribonucleinsäure)?
Dorothee von Laer:
"Die Impfung enthält den Bauplan für das Virus-Hüllprotein, das Spikeprotein, also für einen Teil des Virus, der ungefährlich ist, der das Immunsystem aktiviert; diesen genetischen Code bringt die BotenRNA mit, der dann abgelesen wird; so funktioniert das mit allen Proteinen. Unsere Zellen sind praktisch voll von mRNA; anstatt also das Protein selbst in die Zelle zu bringen, bekommt die Zelle die Bauanleitung dafür. Das Spikeprotein wird damit für das Immunsystem sichtbarer gemacht; daraufhin werden primär Antikörper gegen das Hüllprotein gebildet, diese binden außen an das Virus und verhindern, dass das Virus in die Zelle eindringen kann. Es handelt sich dabei um neutralisierende, also schützende Antikörper. Auch T-Zellen werden mit der Impfung aktiviert und tragen auch zum Schutz bei indem sie infizierte Zellen abtöten. Wenn beide Arme des Immunsystems, also der humorale und der zelluläre Weg, aktiviert werden, ist der Schutz sicher gut; dann sprechen wir von einer sterilen Immunität."

Neben diesen genbasierten Impfstoffen werden auch sogenannte Vektorviren als Impfstoff eingesetzt. Wie funktioniert dieses Prinzip?
Grundsätzlich muss man wissen, dass sich Viren in ihrer Geschichte darauf spezialisiert haben, ihr Erbgut in Zellen einzuschleusen; nur so können sie sich vermehren. Wir haben ständig Viren in unseren Zellen, darunter sind auch stille Begleiter, die nicht mehr aktiv sind, wir haben auch Infektionen, von denen wir nichts oder nur ein bisschen merken. Ein Virus allein kann sich nicht vermehren, auf einer Tischplatte oder auf dem Erdboden ist es irgendwann tot, im Gegensatz zum Bakterium. Dieses Merkmal kann man ausnutzen, indem man das Virus manipuliert, sodass es in die Zelle reinkommt, sich aber nicht mehr vermehren kann. Mit solchen vermehrungsunfähigen Adenoviren, die man Adenovirus Vektoren nennt, funktioniert das gut. In einen solchen Adenovirus Vektor wurde die Information für das Spikeprotein eingebracht, das Protein wird dadurch von der Zelle produziert und das Immunsystem damit aktiviert. Das Impfprinzip mit Adenoviren ist ein alt bewährtes, das bereits beim HI-Virus breit getestet wurde und auch bei Krebs eingesetzt wird. Hier kennt man natürlich auch die Langzeitnebenwirkungen, hier hat sich in den vergangenen 20 bis 25 Jahren die Sicherheit der Adenovirus Vektorimpfstoffe eindeutig gezeigt.

Beide Impfprinzipien zielen auf die Antwort des Immunsystems durch die körpereigene Produktion des virusspezifischen Spikeproteins. Hat eines dieser Prinzipien besondere Vorteile?

Ich denke, dass die Adenovirus-Impfung bezüglich Transport und Logistik einfacher zu handhaben ist, was bei Massenimpfungen durchaus vorteilhaft ist. Der mRNA-Wirkstoff ist instabiler und muss ja bei minus 70 Grad gelagert werden, das macht die Sache komplizierter. Allerdings scheinen nach den Ergebnissen der großen Impfstudien, die mRNA-Impfstoffe, wie z.B. der Pfizer/BioNTech und der Moderna Impfstoff, deutlich wirksamer als der Adenovirus Vektorimpfstoff zu sein. Je nach Verfügbarkeit würde ich mich mit dem einen wie auch mit dem anderen Wirkstoff impfen lassen.

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