Streit um Namen
Köln packt den Markenknüppel aus
INNSBRUCK. Sölsch: "Unser schlankes, süffiges Sölsch - gebraut auf 1.400 Meter in der Bäckelar Brewery in Sölden", lautet die Devise der kleinen Tiroler Biermarke. Dank Popup-Store und zahlreichen Aufstellern im Handel , wie beispielsweise beim Hörtnagl, ist das Bier auch in Innsbruck bestens bekannt. Die Werbewelle scheint sich bis Köln durchgesetzt zu haben, der Brauerei-Verband der rheinischen Karnevalsstadt will gegen Sölsch vorgehen.
Sölsch vs. Kölsch
Köln ist durchaus bekannt, immerhin hat die deutsche Stadt eine 2000-jährige Geschichte. Neben dem Karneval, gilt der Kölner Dom gilt Anziehungspunkt, an der Hohenzollernbrücke hängen tausende Liebesschlösser. Der 1. EFFZEH, der im Abstiegskampf steckt, das FC-Maskottchen Hennes, ein Geisbock und natürlich das Kölsch. "Kölsch ist ein helles, blankes (gefiltertes) und obergäriges Vollbier mit einer durchschnittlichen Stammwürze von 11,3 °P und einem Alkoholgehalt von durchschnittlich 4,8 %. Welches Bier sich Kölsch nennen darf, regelt die Kölsch-Konvention von 1985." Diese Konvention scheint für den Brauerei-Verband jetzt im Kampf gegen Sölsch eine Rolle zu spielen.
Zapfhahn zu
Die BILD-Zeitung berichtet groß über den Frontalangriff und die Markenkeule des Kölner Brauerei-Verbandes gegen die 800 Quadratmeter große Brauerei in Sölden. Immerhin 16 Kölsch-Marken werden vom Verband vertreten. Das Kölsch ist auf europäischer Ebene eine "geschützte geographische Angabe". Nur zwei Orten haben eine Ausnahmegenehmigung entsprechend der Kölsch-Konvention. Laut BILD-Zeitung wurde das Landesamt für Natur- und Verbraucherschutz eingeschalten. Eine Abmahnungs- und Unterlassungserklärung gegen die Tirol soll vom Kölner Verband vorbereitet werden. Die Marke Sölsch wurde am 11.8.2020 sowohl für den europäischen als auch den UK-Markt eingetragen.
Sölsch-Verkostung
Für Patrick Liebhart (Verkauf, Gastronom und Markenbotschafter) war das Kesselhaus in Innsbruck mit Hausherrin Bettina Kantner die geeignete Lokation dafür. Den beiden Ötztaler Jungunternehmern Simon Gstrein und Florian Schmisl ist es gelungen, bei ihrer Bierkreation zwar über den "Flaschenrand zu blicken, dabei aber trotzdem regional und nachhaltig zu arbeiten", wie sie ihr Bier bewerben. Vom Geschmack des Ötztaler Bier-Kunstwerkes "Sölsch" können sich nun viele Käufer zu Hause überzeugen – natürlich unter Corona-Auflagen (für die Fotos kurz abgenommen). Zu ihnen zählten u.a. Karl Wendlinger (Instructor Mercedes AMG), Christoph Loreck (Econova), Karin Winkler-Fluckinger (Comma), Klaus Plank (Weißes Rössl), Chris Burkia (Burkia Restaurant), Alexander Sterchele (Centrale), Monika Bodenseer, Thomas Schneider (Gottardi) sowie Emanuel Jahn (Autohaus Dosenberger), Andreas Resch (Unterberger).
Das Kölsch
Das erste Kölsch im heutigen Sinne braut seit 1906 die Brauerei Sünner, die erstmals 1918 mit dem Begriff „Kölsch“ für das helle, obergärige Bier warb. Der Zweite Weltkrieg brachte dem Bierkonsum eine Zäsur. 1946 gab es nur noch zwei Brauereien in Köln, nämlich Dom und Sünner. Die Zutaten Malz und Hefe waren nicht oder nur in schlechter Qualität oder illegal zu bekommen. Die erste reine obergärige Bierhefe musste aus Kopenhagen durch Beziehungen von Hans Sion aus der Carlsberg Brauerei beschafft werden. Danach wuchs die Zahl der Kölsch-Brauereien wieder auf 24 an. Sion war es auch, der schon 1945 die Marke Kölsch in Köln propagierte. 1960 wurden in Köln rund 500.000 Hektoliter Kölsch gebraut. 1963 entschied das Landgericht Köln, dass Kölsch nicht nur den Biertyp, sondern auch das Herkunftsgebiet ausweise. Erst im Juli 1977 wurde dieses Urteil vom Oberlandesgericht Köln bestätigt mit der Folge, dass Kölsch nicht außerhalb der Region hergestellt werden darf. Die Brauereien unterzeichneten am 6. März 1986 eine vom Kölner Brauereiverband ausgearbeitete freiwillige Übereinkunft, die 16 Paragraphen umfassende Kölsch-Konvention. Danach darf diese Bierspezialität nur in Köln und der näheren Umgebung hergestellt werden. Das obergärige helle, hochvergorene, hopfenbetonte, blanke (klare) Vollbier darf nur in der Kölner Stange serviert werden. Über die Einhaltung der Konvention wacht ein Ausschuss, in Streitfragen entscheidet ein Schiedsgericht. Am 29. Januar 1986 wurde die Kölsch-Konvention vom Bundeskartellamt anerkannt.
Preisabsprache
Mit dem Verdacht auf Preisabsprachen ermittelte zwischen 2011 und 2014 das Bundeskartellamt gegen mehrere Kölsch-Brauereien. Dieser Verdacht hatte sich bis April 2014 insoweit bestätigt, als das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von 338 Millionen Euro gegen die Brauereien Gaffel, Früh und Zunft verhängte. Diese Preisabsprachen betrafen auch Pils-Brauereien (Carlsberg und Radeberger), so dass das für Kartellsachen zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf im Juni 2019 die Verfahren abtrennte, weil ein anderer Sachverhalt vorliege. Eine Entscheidung steht noch aus.
Kölsch-Card
Seit September 2014 gibt es in Köln die so genannte „Kölsch-Card“, eine Prepaid-Karte für Kölsch. Mit dieser Karte kauft der Endverbraucher für 25 € das Recht, bei angeschlossenen Gaststätten 22 Glas Kölsch bzw. eine Auswahl an Softdrinks bargeldlos zu bezahlen. Das entspricht einem Bruttopreis von 1,14 € pro ausgegebenem Kölsch oder Softdrink. Die Kölsch-Card wurde bereits kurz nach ihrem Erscheinen von der Gaffel-Brauerei kritisiert, da sie es langfristig erschweren werde, „einen wirtschaftlichen Preis für Kölsch aufrechtzuerhalten.“
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