Polit-Ticker
Zahlen und Fakten zur Strompreisdiskussion

Strompreisentwicklung, die Politik hat Handlungsbedarf, argumentiert aber nicht immer mit richtigen Zahlen.  | Foto: BezirksBlätter
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Die Strompreise bewegen die Gemüter. Lösungen werden von der Politik dringend gesucht. In der Diskussion wird aber nicht immer mit richtigen Zahlen und Fakten argumentiert. 

INNSBRUCK. Nachdem das politische Frühwarnsystem in Sachen Strompreiserhöhungen nicht richtig angeschlagen hat, im Frühjahr 2022 wurde auf die Erhöhung hingewiesen, sind die Politdiskussionen jetzt entsprechend emotional. Dabei wird nicht immer mit richtigen Fakten argumentiert. Eine Aufstellung von zehn Elektrizitätsunternehmen mit einer "Gewinnangabe" für das Jahr 2022 entspricht nicht den Tatsachen. Trotzdem wird die Liste, tituliert als Netzfund, in den sozialen Medien als Argumentationsgrundlage verwendet.

Die Gewinnsummen

Auch im Ausgangstweet der Liste wurde die Genauigkeiten der Zahlen kritisch hinterfragt. Für die Energie Salzburg (Anmerk. der Redaktion: die Salzburg AG) wurde ein Gewinn von 339 Mio. euro angegeben. Dem Geschäftsbericht folgend, liegt das Betriebsergebnis vor Steuern bei 16,9 Mio. Euro, der Bilanzgewinn für 2022 liegt bei 339.100 Euro. Für die EVN wird Gewinn von 217,4 Millionen Euro angegeben.

Aktuelles aus der Stadtpolitik im Polit-Ticker der BezirksBlätter

TIWAG und IKB

Für die TIWAG (Tiroler Wasser Kraft AG) steht in dieser Liste ein Gewinn von 353,7 Mio. Euro. Laut Geschäftsbericht der TIWAG hat das Unternehmen ein operatives Betriebsergebnis (EBIT) im Konzern mit 127,8 Mio. Euro erwirtschaftet. "Mit der Genehmigung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2022 wird an das Land Tirol als TIWAG-Eigentümer auch eine erhöhte Dividende von 30 Mio. Euro ausbezahlt. Zudem wurde in der Aufsichtsratssitzung der Baubeschluss für das neue Ausleitungskraftwerk Tauernbach-Gruben in Osttirol gefällt. Im Herbst 2023 erfolgt der Baustart. Die Investitionssumme beträgt rund 163 Mio. Euro. „Auch im Bereich der Photovoltaik und der Netze sind beträchtliche Investitionen vorgesehen. Die Energiewende erfordert einen massiven Um- und Ausbau der Infrastruktur. Allein im letzten Jahr wurden dafür rund 330 Mio. Euro investiert. Bis 2027 wird der Konzern insgesamt rund 2,1 Mrd. investieren, davon rd. 1,3 Mrd. in den Wasserkraftausbau, 470 Mio. in die Strom-, Gas- und Wärmenetze sowie 90 Mio. in eigene PV- und Wärmeproduktionsanlagen“, erklärt TIWAG Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser. Die IKB wird in der mehrfach geteilten Liste nicht angeführt. Laut Geschäftsbericht der IKB liegt der Jahresüberschuss im Jahr 2022 bei 24,6 Millionen Euro.


Vorstandsgagen

Im Rahmen der Politdiskussion wurden auch die Gehälter der Vorstandsmitglieder in das Rampenlicht gestellt. Die drei Vorstandsmitglieder der IKB haben im Geschäftsjahr 2022 für die Tätigkeit 816.851,33 Euro bekommen, durchschnittlich 10.380 Euro monatlich netto, (Corporate-Governance-Bericht der IKB 2022). Der Gesamtvorstand der TIWAG (drei Personen) hat im Berichtsjahr 2022 1.247.677,36 Euro bezogen, durchschnittlich 15.300 Euro monatlich netto, (Bericht über das 99. Geschäftsjahr der TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG 2022).

Politische Herausforderungen

Die unterschiedlichen politischen Ebenen auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene sind in Sachen Strompreiserhöhung intensiv gefordert. Im Rahmen einer Sondergemeinderatssitzung wurde u. a. vorgeschlagen, in Innsbruck auf die Gebrauchsabgabe der IKB übergangsmäßig zu verzichten, um den Strompreis zu senken. Auch über den Umgang mit dem jeweiligen Gewinn gibt es politische Diskussionen, die durch das rechtliche System der Betriebsform, die TIWAG und die IKB sind Aktiengesellschaften, aber teilweise eingeschränkt sind. 

Bürgermeister Georg Willi (r.) hatte die Studie bei Univ.-Prof. Dr. Leonhard Dobusch von der Universität Innsbruck in Auftrag gegeben. | Foto: Freinhofer
  • Bürgermeister Georg Willi (r.) hatte die Studie bei Univ.-Prof. Dr. Leonhard Dobusch von der Universität Innsbruck in Auftrag gegeben.
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Antiteuerungsstudie

Bürgermeister Georg Willi hat die Studie „Innsbruck Aktiv gegen Teuerung“ bei Leonhard Dobusch (Institut für Organisation und Lernen ) in Auftrag gegeben: „Ziel war es herauszuarbeiten, wo wir auf kommunaler Ebene in Ergänzungen zu den Hilfen von Bund und Land weitere gezielte Unterstützungsmöglichkeiten anbieten können.“ Diese Prämisse war auch Ausgangspunkt der Überlegungen für die nun präsentierte Studie: „Klar ist, Kommunen alleine können die Teuerungen nicht zur Gänze abfedern. Aber sie können zusätzliche Unterstützungen anbieten – akut wie potenziell längerfristig“, erklärt Dobusch bei der Präsentation im Feber 2023. Zur Ausgangslage hält due Studie fest: Die Inflationsrate für Oktober 2022 lag laut Statistik Austria bei 11 %. Die Teuerungen beim täglichen Einkauf lagen aber sogar über dem Inflationswert: das Preisniveau des Mikrowarenkorbs, der überwiegend Nahrungsmittel enthält und den täglichen Einkauf widerspiegelt, stieg im Jahresabstand um 12,2 %. Das Preisniveau des Miniwarenkorbs, der einen wöchentlichen Einkauf abbildet und neben Nahrungsmitteln und Dienstleistungen auch Treibstoffe enthält, stieg im Jahresvergleich um 15,5 %. Die Preise für Wohnung, Wasser und Energie stiegen im Oktober durchschnittlich sogar um 19,2 %. Der Anstieg bei Haushaltsenergie lag bei 58,8 %. Auch bei den Strompreisen ist eine deutliche Verteuerung zu erkennen (+24,6 %). Damit einher gehen Verteuerungen im Verkehr (+16,6 %), bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränke (+14,4 %), beim Hausrat und bei der laufenden Instandhaltung des Hauses (+11,8 %) sowie bei Bekleidung und Schuhen (+3,8 %). Die Aufzählung fasst Kosten zusammen, die zwingend für den Lebensunterhalt anfallen, damit gar nicht oder kaum vermieden werden können und somit jeden Haushalt treffen.

Verdienst und Ausgabe

Betrachtet man das durchschnittliche jährliche Bruttoeinkommen in Innsbruck im Jahr 2019, so lag dies bei 29.546 €. Damit bildete Innsbruck das Schlusslicht unter den österreichischen Landeshauptstädten. Gleichzeitig weist Innsbruck in Österreich, verglichen mit den größeren Städten Graz, Salzburg, Linz und Wien, aber die zweithöchsten Lebenshaltungskosten auf. Im internationalen Lebenskostenhaltungs-Index 2022 von Numbeo belegt Innsbruck im internationalen Vergleich Platz 145 von 546. Dies hängt auch damit zusammen, dass Wohnkosten stetig steigen. Die Miete im freien Markt pro Quadratmeter in Innsbruck ist seit 2002 unter 60 m2 um 53 % und über 60 m2 um 58 % gestiegen. Laut dem Statistischen Amt der Stadt Innsbruck ist eine Folge dieser Kombination aus relativ niedrigen Einkommen und relativ hohen Lebenshaltungskosten, dass es vermehrt Binnenwanderung aus der Stadt in das Umland gibt.

Lösungsansatz

Als Lösungsansatz sieht die Studie vor: Um Menschen mit niedrigen Einkommen strukturell und effizient zu entlasten, könnte eine Innsbruck-Aktiv-Karte eingeführt werden. Diese wird zunächst an Einzelpersonen vergeben, die aufgrund Ihres Nettoeinkommens anspruchsberechtigt sind, und beinhaltet ein Bündel an Unterstützungsleistungen und Ermäßigungen. Nach Einführung des Unterstützungsankers sind zwei Ausbaustufen geplant: Die erste Ausbaustufe sieht eine Erweiterung um haushalts- und kinderbezogene Maßnahmen vor. Hierfür soll es eine Innsbruck-Aktiv-Family-Karte geben, die nach Prüfung des Haushaltseinkommens an den Haushalt gegeben wird. Die Aktiv-Karte würde akute Teuerungshilfen wie Ermäßigung Monatsticket öffentliche Verkehrsmittel und Ermäßigung bei der Reparatur von Elektrogeräten sowie eine nachhaltige Stärkung der Teilhabe mit Ermäßigung Jahrestarif Stadtrad, Ermäßigung Benutzung Frauen-Nachttaxi, Ermäßigung Eintritt Hallenbäder, Freibad und Baggersee, Ermäßigung Eintritt Eishalle, Ermäßigung Eintritt Museen, Ermäßigung Eintritt Theater, Ermäßigung Jahreskarte Stadtbibliothek, Ermäßigung Druckkosten, Ermäßigung Kurse der Volkshochschule Tirol oder auch Ermäßigung beim Jahresbeitrag von Sportvereinen beinhalten.

Eine Liste mit falschen Zahlen. | Foto: BezirksBlätter
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