Lehrstellen: Mehr Gas geben
Der Gewerkschaftsbund will eine neue Politik: Die Lehre wird jetzt besonders aktiv aufs Tapet gebracht.
INNSBRUCK. Egal, was man macht, scheinbar will die Lehre nicht attraktiv genug für die Jugendlichen werden. Der ÖGB (Österreichische Gewerkschaftsbund) will das in Zukunft ändern und stellt ein Zehn-Punkte-Paket mit insgesamt sechzehn Forderungen vor. Mit diesen Forderungen geht man in die Offensive in Tirol: Die Politik soll aufgerüttelt werden (das Punkteprogramm wird den zuständigen Landesräten vorgelegt), die Lehre soll sich endlich wirklich lohnen. Es gibt über tausend offene Lehrstellen in Tirol. Dem gegenüber stehen etwas mehr als 400 Suchende – so die Statistik vom Arbeitsmarktservice (AMS) vom August des heurigen Jahres.
Berufswünsche "biegen"
Philip Wohlgemuth (Landesvorsitzender des ÖGB Tirol) erklärt: "Das duale Ausbildungssystem ist eines der besten der Welt. Elftausend Jugendliche sind zurzeit in Lehrausbildung. Das ist sehr wenig. Die Berufswünsche stimmen meistens nicht mit dem Angebot an freien Lehrstellen überein." Dabei gäbe es 230 Lehrberufe zur Auswahl. Die Jugendlichen entscheiden sich zum Schluss immer für die gleichen Berufe: Friseure bei den Mädchen, Elektriker bei den Buben. Der ÖGB will daher mehr Bewusstseinsbildung schaffen und erkor die Berufs- und Bildungsorientierung zu einem der wichtigsten Punkte seiner Forderungen. Angedacht ist zum Beispiel eine Art "Kinderstadt", in der sich Jugendliche in unterschiedlichen Berufen ausprobieren können und dadurch ihre Stärken und Schwächen kennenlernen.
Kostenloser Führerschein
Mit ganz konkreten Anreizen wie etwa einem kostenlosen B-Führerschein, kostenlosen öffentlichen Verkehrsmitteln, leistbaren P+R-Möglichkeiten und einer kollektivvertraglichen Mindestlehrlingsentschädigung von 700 Euro Brutto würde die Lehrausbildung – nach Meinung des ÖGB – endlich attraktiv werden. Eine Forderung des ÖGB ist schon erreicht worden: Berufsschulinternate sind für Lehrlinge kostenlos. Aufholbedarf sieht der ÖGB auch bei Lehrstellen in landesnahen und landeseigenen Einrichtungen: "Das Land Tirol sollte mit gutem Vorbild vorangehen. Zurzeit gibt es 40 Ausbildungsplätze und damit genug Luft nach oben", kritisiert Benjamin Praxmarer (ÖGB-Landessekretär). Wohlgemuth ergänzt: "Wir fordern weitere 50 Lehrstellen in diesen Institutionen". Des Weiteren steht auf der ÖGB-Liste noch die Verkürzung der Probezeit auf ein Monat (von aktuell drei Monaten), eine freiwillige Zwischenprüfung während der Lehrausbildung und die Verlagerung der Lehrabschlussprüfung in die Berufsschulen.
Wie die Politik auf diese Wunschliste reagieren wird, steht in den Sternen: Der ÖGB zumindest will in den nächsten Monaten auf allen Plattformen eine Aktiv-Kampagne fahren.
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