Zeitzeugengespräch in der LBS Langenlois lässt aufhorchen

1. Reihe von links nach rechts: Sanny, Muhammed, Mario, Maximilian

2. Reihe von links nach rechts: Raphael, Peter Stocker, Esther Dürnberger

3. Reihe von links nach rechts: Ing. Christian Gassner, Fachlehrer Christoph Stich                          

Foto Franz Michael Zagler
  • 1. Reihe von links nach rechts: Sanny, Muhammed, Mario, Maximilian

    2. Reihe von links nach rechts: Raphael, Peter Stocker, Esther Dürnberger

    3. Reihe von links nach rechts: Ing. Christian Gassner, Fachlehrer Christoph Stich

    Foto Franz Michael Zagler
  • hochgeladen von Franz Michael Zagler

Langenlois. Dank der Initiative von Dir. Ing. Rainer Leitgöb und Fachlehrer Christoph Stich bekommen die SchülerInnen der LBS Langenlois mehrmals im Jahr die Gelegenheit, Zeitzeugen der zweiten Generation zu hören. Am Freitag, dem 12. Jänner war der Kärntner Peter Stocker zu Gast, der die bewegende Geschichte seiner Familie erzählte.

Ein folgenschwerer Entschluss

Das unfassbare Leid begann, als der Großvater Gregor Wohlfahrt als 18jähriger in den 1. Weltkrieg einberufen wurde. Er überlebte zwar, schwor sich aber, sich nie mehr an einem Krieg zu beteiligen, weil er nicht verstand, warum er als österreichischer Katholik auf italienische Katholiken schießen musste. Sein Entschluss sollte 1939 mit Ausbruch des 2. Weltkrieges auf die Probe gestellt werden. Inzwischen war Gregor ein Bibelforscher, wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden, was auch der Gestapo nicht entging. Er wurde verhaftet und kurze Zeit später in Berlin-Plötzensee enthauptet. Für die Familie Wohlfahrt sollte es noch schlimmer kommen. Insgesamt sieben der 22 Familienmitglieder starben aufgrund ihrer Überzeugung. Wie alle Zeugen Jehovas wollten sie das NS-Regime nicht unterstützen und lehnten die Arbeit in der Rüstungsindustrie, den Wehrdienst und den Hitlergruß ab.

Franz Wohlfahrt und der Versuch, ihn zu brechen

Auch Franz Wohlfahrt, der Onkel von Peter Stocker, dachte nicht daran, Hitler als Führer anzuerkennen. Auch er wurde verhaftet und in den Reichsarbeitsdienst eingezogen. Als er den Dienst mit der Waffe verweigert, kommt er 33 Tage lang in einen feuchten Bunker voller Ungeziefer. Diese Dunkelhaft, ohne Bett und völlig allein, sollte ihn mürbe machen. Doch selbst dieses „Drecksloch“, wie er es nannte, konnte ihn nicht brechen.

Einmalige Chance

Am Ende der 33 Tage hatte Franz die einmalige Gelegenheit, sofort freizukommen. Er bräuchte lediglich eine Erklärung zu unterschreiben und seinen Glauben abzuschwören. Als auch dieser Versuch der Gestapo misslingt, wird er für über 4 Jahre in das Strafgefangenenlager Rollwald in Deutschland überstellt.

Erzählungen über den Lageralltag berühren

Peter Stocker muss sich jedes Mal überwinden, wenn er vom Lageralltag seines Onkels erzählt. Auch die SchülerInnen sind sichtlich gerührt und wollen nicht glauben, wozu der Mensch fähig ist. Stocker schickt voraus, dass die Baracken in der Absicht konzipiert wurden, das Leben der jeweils 100 Insassen so schwer wie möglich zu machen. Sie wurden so gebaut, dass der eisige Wind ständig durchzog. Eiszapfen hingen von der Decke und der kleine Kohleofen in der Mitte des Raums bot kaum Abhilfe. Es gab keine Matratzen oder Decken und die Gefangenen schliefen auf dem nackten Holzboden. Hygiene war ein Fremdwort und die Massentoiletten raubten die letzte Menschenwürde. Bei jedem Wetter ging es nach draußen zur Arbeit.
Die „Schuhe“ waren Pantoffeln aus Holz, die meist zu klein oder zu groß waren. Bald waren die Füße wund und es ging zum gefürchteten Lagerarzt. Der rieb die wunden Stellen mit einem Schmirgelpapier glatt und goss Benzin darüber. Nach dieser Prozedur ging es zurück an die Arbeit.

Nur zwei Optionen

Franz Wohlfahrt rechnete nicht damit, diese Hölle zu überleben. Doch er hatte Glück. Ein neuer Kommandant hatte mit dem abgemagerten Franz Mitleid und rettete ihn zwischen 1943 und 1945 dreimal vor der Hinrichtung. Wieder zu Hause gab es für ihn nur zwei Optionen, mit dem Erlebten umzugehen – entweder ein Leben voller Hass- und Rachegefühle zu leben oder inneren Frieden zu finden. In einem bewegenden Gedicht formulierte er seinen Entschluss, der lautete: „Ich bleibe fest.“ Das blieb er bis zu seinem Tod mit 89 Jahren. Dieses Statement kam an.

Stimmen einiger Schüler:

Sanny: „Die Geschichte war echt brutal. Ich möchte mich in Zukunft mehr für Menschenrechte einsetzen und dafür, dass es meiner Familie, meinen Kollegen und meinen Freunden gut geht.“

Muhammed: „Es hat mich erschüttert, wie unmenschlich das NS-Regime war. Besonders geärgert hat es mich, dass den Häftlingen sofort der Name gestrichen wurde und stattdessen eine Nummer bekamen. Das geht doch nicht! Jeder Mensch braucht einen Namen, um sich wohl zu fühlen. Ich möchte jeden Menschen respektvoll und fair behandeln und niemanden ausschließen.“

Mario: „Dieses Zeitzeugengespräch war ganz anders als die Exkursion nach Mauthausen. Durch diese Familiengeschichte bekam das Leid ein Gesicht. Die detaillierten Informationen haben mich wirklich zum Nachdenken gebracht.“

Maximilian: „Es war so erschreckend, die brutalen Einzelheiten aus 1. Hand zu erfahren. Ich habe jetzt viel mehr Verständnis für die Opfergruppe und größten Respekt vor denen, die sich dem Regime nicht beugten.“

Raphael: „Ich bewundere Hrn. Peter Stocker, wie er es geschafft hat, diese emotionale Geschichte ohne Anzuklagen, zu vermitteln. Ich möchte mit meinen Großeltern reden, was sie von dieser Zeit noch wissen. Franz Wohlfahrt erinnert mich an meinen Opa, der oft von der Goldenen Regel spricht: „Behandelt andere deshalb immer so, wie ihr von ihnen behandelt werden möchtet.“ (Matthäus 7:12, Bergpredigt, Anm.)

Die SchülerInnen hatten nach dem Vortrag die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Frau Esther Dürnberger, Referentin des Vereins Lila Winkel, schloss die Präsentation mit den Worten: „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.“ Die Antwort fiel einstimmig aus: „Dann ist Frieden.“

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

4:00

Wassermann – Glückskind des Monats
So wird das Horoskop im April

Alle zwölf Sternzeichen sind schon gespannt, was Astrologe Wilfried Weilandt zu berichten hat. Wie der April wird, wollt ihr wissen? Werft einfach einen Blick ins aktuelle Horoskop! ÖSTERREICH. Der April macht, was er will, das sagt uns schon der Volksmund. Damit es aber nicht ganz so turbulent wird, schauen Astrologe Wilfried Weilandt und Moderatorin Sandra Schütz wieder in die Sterne. Und so viel sei vorweg verraten: Der Wassermann ist das Glückskind des Monats, tapfer müssen hingegen die...

Hier findest du die billigsten Tankstellen in Niederösterreich.
4

Benzin- und Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen in Niederösterreich

Hier erfährst du täglich, wo die billigsten Tankstellen in Niederösterreich sind, wie man günstig tankt und auch, wie man am Besten Sprit sparen kann. NÖ. In ganz Österreich ist es am günstigsten Vormittags zu tanken, da die Tankstellen nur einmal täglich, um 12 Uhr, die Spritpreise erhöhen dürfen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit und in unbegrenztem Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen in Niederösterreich täglich mit den aktuell gültigen Preisen. Die...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Niederösterreich auf MeinBezirk.at/Niederösterreich

Neuigkeiten aus Niederösterreich als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Niederösterreich

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Niederösterreich und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.